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Comeback von Mike TysonNeuer Tiefpunkt seiner Boxkarriere

Am Samstag steigt Mike Tyson gegen den Youtuber Jake Paul in Texas in den Ring. Es wird ein schriller Rummelkampf zwischen zwei Trump-Unterstützern.

„Wenn ich gewinne, werde ich unsterblich sein“, prophezeit Mike Tyson für seinen Kampf am Samstag Foto: Julio Cortez/ap

Berlin taz | Er war einmal „the baddest man on the planet“, der böseste Mann auf der Erde. Zumindest rief man das Mike Tyson, heute 58 Jahre alt, lange nach. In der Nacht auf den Samstag tritt dieser Tyson in Arlington/Texas noch einmal in den Ring. Jake Paul heißt sein Gegner, und der ist vor allem als Youtube-Influencer bekannt. Profiboxer ist er nur nebenbei und erst seit 2018. Ein Rummelkampf ist es also, zu dem Mike Tyson in den Ring tritt, und das Ballyhoo vor diesem Kampf ist noch unangenehmer und schriller, als es im Profiboxen ohnehin ist. „Wenn ich gewinne, werde ich unsterblich sein“, so der 58-Jährige.

Mike Tyson war schon viel in seinem Leben. Geboren in Brooklyn, beging er schon als Teenager bewaffnete Raubüberfälle. Als 13-Jähriger gelangte er zu dem Boxtrainer Cus D’Amato. Dieser wurde nach dem Tod von Tysons Mutter sogar dessen Erziehungsberechtigter, 1986 verhalf er dem 20-Jährigen zum jüngsten Schwergewichtsweltmeister der Boxgeschichte.

Er war ein Champ, der Angst verbreitete. Seit 1985 schlug er sich mit einer K.-o.-Serie durch die Profiringe, holte den Titel und hielt ihn bis 1990, als James „Buster“ Douglas vorführte, wie es gegen Tyson klappen kann: einfach keine Angst haben. Boxerisch noch mal so richtig berühmt wurde Tyson 1996 und 1997 in zwei Kämpfen gegen Evander Holyfield: Den ersten verlor er eindeutig nach Punkten, und als er im zweiten wieder zu verlieren drohte, biss er seinem Gegner ein Stück des Ohrs ab.

Alles, was für Tyson danach im Ring kam, waren Stationen des Niedergangs: 2005 trat er nach zwischenzeitlichem Comeback endlich ab. Weil er Geld brauchte, reiste er 2018 nach Russland, um einen Mixed-Martial-Arts zu bestreiten, 2020 trug er einen Showkampf gegen Roy Jones jr. aus. Ernst nahm ihn niemand mehr.

Mehrmals verurteilter Straftäter

„Mein ganzes Leben war eine Verschwendung“, sagte Tyson in einem Interview, „ich war ein Versager.“ Sein Image mag demontiert worden sein, doch außerhalb seines Sports präsentierte sich weiterhin als brutal und gefährlich: 1987 wurde er wegen sexueller Belästigung und Körperverletzung angeklagt; 1988 trennte sich seine Ehefrau, die Schauspielerin Robin Givens, von ihm wegen häuslicher Gewalt; 1992 wurde er zu sechs Jahren Haft verurteilt, weil er eine Kandidatin der „Miss Black America“-Wahl vergewaltigt hatte.

1995 kam Tyson vorzeitig frei und versuchte einen Imagewandel: Zum Islam war er konvertiert, hatte sich Che Guevara und Mao Zedong auf die Haut tätowiert und wollte nicht mehr als verurteilter Vergewaltiger, sondern als Rebell wahrgenommen werden. Doch auch wenn er sogar wieder Weltmeister wurde, nämlich des Verbandes WBC, gelang der Imagewechsel nicht. 1999 musste er wieder ins Gefängnis – wegen Körperverletzung.

Tyson versuchte dies und das, unter anderem baute er eine Cannabisfarm auf. Sein einstiges Vermögen von einer halben Milliarde Dollar war komplett futsch. Und so richtig kam Mike Tyson nicht mehr auf die Beine. Er unterstützte Donald Trump 2016 sowie bei der diesjährigen US-Wahl. Seine Affinität für Trump hat er auch mit seinem Gegner Jake Paul gemein. Der Youtuber wurde 1997 geboren, in dem Jahr, in dem nach dem Ohrenbiss Mike Tysons Abstieg eingeleitet wurde. Damals sprach Tyson davon, er habe gebissen, weil seine Kinder Respekt vor ihm haben sollten. Heute sagt er: „Meine Kinder sehen mich nicht wirklich als den bösesten Mann auf dem Planeten an.“ Aber, fügt er an, in der Nacht auf Samstag „werden sie eine andere Meinung von mir haben“. Tysons Show geht weiter.

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5 Kommentare

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  • Michaela Dudley , Autorin , Journalistin/Kabarettistin

    Manche sind ganz Ohr. Andere sind ganz ohne. Einige sind beides.

  • Vielleicht fühlt sich jemand im Anschluss einfach nur ... niedergeschlagen?

  • „Meine Kinder sehen mich nicht wirklich als den bösesten Mann auf dem Planeten an.“ Aber, fügt er an, in der Nacht auf Samstag „werden sie eine andere Meinung von mir haben“.



    Hab' ich ein Glück, dass meine Kinder Respekt vor mir haben, weil ich Zeit mit ihnen verbringe und mich um sie kümmere.



    Oder irre ich mich vielleicht? Vielleicht weiß ich gar nicht, was Respekt wirklich bedeutet und erlebe nur eine abgespeckte Version davon. Vielleicht sollte ich meinem Nachbarn mal ein Stück von seinem Ohr abbeißen und plötzlich erfahre ich familiäre Liebe in ihrem maximal möglichen Ausmaß.

  • Enttäuschend….

  • Traurig.