Coffeshops: Kiffer brauchen langen Atem

Berlins Modellversuch für die kontrollierte Cannabis-Abgabe wurde kassiert. Darüber, was das für Hamburg und Bremen heißt, herrscht Uneinigkeit.

In Amsterdam stehen prachtvolle Coffeshops, in Norddeutschland noch lange nicht Foto: Oliver Berg, dpa

HAMBURG taz | Die Entscheidung kam wie erwartet: Als das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte am Montag den Antrag des Berliner Bezirks Kreuzberg-Friedrichshain ablehnte, dort legal Cannabis abzugeben, waren die zuständigen Gesundheits- und Drogenpolitiker in Hamburg und Bremen, wo ähnliche Modellversuche geplant sind, kaum verwundert. Denn schließlich untersteht das Bundesamt direkt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der ein entschiedener Gegner der Freigabe von Cannabis ist.

Doch die Schlüsse, die Rot-Grün aus dem Berliner Veto zieht, könnten unterschiedlicher kaum sein. Für Rico Schmidt, Sprecher der SPD-geführten Gesundheitsbehörde, war ein Hamburger Modellversuch zur Cannabis-Abgabe schon nach einer unlängst im Hamburger Rathaus durchgeführten Expertenanhörung „praktisch gestorben“. Die Berliner Ablehnung habe nun noch einmal gezeigt, dass es „extrem hohe Hürden gibt, so etwas zu machen“. Nur „faktisch ist die Abgabe noch nicht tot“, sagt Schmidt, rechnet aber damit, dass nach einer Befragung der zuständigen SenatorInnen im Gesundheitsausschuss endgültig der Deckel auf das Thema gemacht werden könnte.

Das will der Hamburger Justizsenator Till Steffen (Grüne) unbedingt verhindern – und deshalb über den Bundesrat eine Gesetzesinitiative auf den Weg bringen: „Durch die Absage an das Berliner Modellprojekt wird deutlich, dass sinnvolle Lösungen mit den bisherigen Gesetzen nicht möglich sind“, bewertet Steffen das Berliner Veto. „Ich plädiere dafür, jetzt zu prüfen, welchen Bedarf wir für Gesetzesänderungen auf Bundesebene sehen.“

Auch für seine Parteifreundin, die gesundheitspolitische Sprecherin der Hamburger Grünen Christiane Blömeke, ist die Diskussion um eine kontrollierte Cannabis-Freigabe in Hamburg „noch lange nicht am Ende“. Es gehe lediglich darum, „die Berliner Ablehnung in Ruhe auszuwerten und die Berliner Fehler zu vermeiden“.

So hätten die Kreuzberger Verantwortlichen etwa auf die wissenschaftliche Begleitung des geplanten Projekts verzichtet, was ihnen nun auf die Füße gefallen sei. Zudem gehe es bei dem Modellversuch um eine Diskussion über eine „zeitgemäße Drogenpolitik“ – und das sei ein langfristiges Thema. Langfristig sind auch Blömekes Zielvorgaben: „Wir wussten, dass uns in Berlin Widerstand erwartet“, doch das könne sich nach der Bundestagswahl 2017 ja ändern. Im Klartext: Nur bei einem roten oder grünen Bundesgesundheitsminister hat die Cannabis-Freigabe eine Chance.

So sieht das auch Blömekes Parteifreund Wilko Zicht, in Bremen drogenpolitischer Sprecher der grünen Bürgerschaftsfraktion: „Wir werden jetzt in der Koalition einen Entwurf erarbeiten, der die Berliner Fehler vermeidet“, geht Zicht aufs Gas, wo andere auf die Bremse drücken. Und sollte man „am in Berlin nicht vorhandenen politischen Willen scheitern“, bleibe noch der Weg über die Gerichte oder die Hoffnung auf eine neue Zusammensetzung der Bundesregierung nach 2017. „Durch die erwartbare Ablehnung des Berliner Modellversuchs hat sich für Bremen nichts verändert“, so Zicht.

Die CDU dagegen übt sich einträchtig und stadtübergreifend in Häme und Wortspielereien. Die „vernebelte Idee“ der Haschisch-Freigabe habe sich nun auch in Bremen in Luft aufgelöst, freut sich CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp. Und die gesundheitspolitische Sprecherin der Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion Birgit Stöver äzt: „Mit dieser Entscheidung hat sich die grüne Kifferromantik auch in Hamburg erledigt.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.