Stressfreier kiffen in Bremen: Weniger Verfolgung wagen

In Bremen unternimmt die rot-grüne Regierungskoalition einen Vorstoß für die kontrollierte Abgabe von Cannabis und weniger Repression für Kiffer.

Joint im Bau

Wer sein Haschisch auf dem Schwarzmarkt kauft, weiß nicht so genau, was drin ist. Foto: Ann-Kathrin Just

BREMEN taz | Bremen will zum Vorreiter einer liberalen Cannabis-Politik in Deutschland werden – auch wenn das Land selbst rechtlich wenig Möglichkeiten dazu hat. Dennoch haben die rot-grünen Parlamentsfraktionen am Montag einen entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht. Im April soll er von der Bürgerschaft beschlossen werden.

SPD und Grüne würden Cannabis gerne staatlich kontrolliert an Erwachsene in Bremen abgeben. Aber das Bundesrecht verhindert das – selbst wenn es im Rahmen eines wissenschaftlichen Modellversuches geschieht. Einen solchen hatten die Koalitionäre in ihrem Regierungsprogramm zwar verabredet. Aber er müsste vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) genehmigt werden. Daran war vergangenes Jahr ein ähnliches Vorhaben in Berlin gescheitert.

Das BfArM sei nicht gewillt, seinen „Ermessensspielraum“ zu nutzen, um derlei Modellversuche zu ermöglichen, sagte der Drogenpolitiker der Grünen, Wilko Zicht. „Und wir können sie gerichtlich auch nicht dazu zwingen.“ Deswegen wollen SPD und Grüne jetzt mit Hilfe einer Bundesratsinitiative eine entsprechende Novelle des Betäubungsmittelrechts anstoßen. Bis es soweit kommt, vielleicht nach der nächsten Bundestagswahl, soll der Senat aber schon mal das Konzept für ein Modellprojekt erarbeiten – das Bremen dann gleich aus der Schublade ziehen könnte.

Verfolgung teurer als Prävention

Dabei soll auch errechnet werden, welche Mehreinnahmen in Bremen durch eine kontrollierte Cannabis-Abgabe zu erwarten seien. Diese Geld soll dann für Präventionsmaßnahmen ausgegeben werden. Derzeit würden neun Mal mehr Mittel für die Strafverfolgung von Kiffern als für Suchtvermeidung und ‑bekämpfung ausgegeben, so die grüne Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther.

Gerade hier sieht Zicht noch „erhebliche Spielräume“ für eine liberale Drogenpolitik auf Landesebene. Etwa wenn es um die Frage geht, was als „geringe Menge“ für den Eigenbedarf noch straffrei bleiben kann. In Bremen seien das derzeit sechs Gramm Haschisch, in Nordrhein-Westfalen zehn und in Berlin sogar 15 Gramm, so Zicht.

Rot-Grün setzt hier aber entsprechend der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes auf eine länderübergreifende Vereinheitlichung. Zugleich soll auch der Anbau von Cannabis in geringen Mengen straffrei bleiben. Wer zu Hause „zwei, drei Pflanzen“ für den Eigenbedarf züchtet und von Minderjährigen fern hält, der solle „einigermaßen sicher sein“, so Zicht.

Polizei für Dringlicheres freistellen

In der Vergangenheit fiel die Bremer Polizei immer wieder durch Razzien in örtlichen Cannabisplantagen auf. Rot-Grün wolle Polizei und Justiz „für dringlichere Aufgaben“ freistellen, so Zicht. Und so solle auch die Führerscheinstelle „die Kiffer in Ruhe lassen“, so lange die nicht berauscht Auto fahren.

„Alle Möglichkeiten“ für eine liberalere Handhabung des Cannabiskonsums von Erwachsenen auf Landesebene sollen ausgeschöpft werden, heißt es in dem rot-grünen Antrag. Dazu gehört auch die Idee, dass KonsumentInnen Cannabis testen lassen können, „um sie vor gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen und Verunreinigungen zu schützen und aufzuklären“, wie es in dem Antrag heißt.

„Wir wollen Cannabis nicht verharmlosen“, so Zicht – aber ein Verbot halte die Menschen nicht vom Kiffen ab. „Es ist nicht wirksam“, so SPD-Gesundheitspolitikerin Stephanie Dehne und die postulierte generalpräventive Wirkung „gibt es nicht“. Dennoch hat sich auch die Bremer SPD lange schwer getan mit weniger repressiver Drogenpolitik. „Die SPD ist noch nicht so weit wie die Grünen“, so Dehne.

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