Clinton-Anhänger in der Wahlnacht: Ende der Hoffnungen
Traurige Unterstützer von Clinton versammeln sich in New York: „Heute Abend haben meine Eltern Donald Trump gewählt“.
Es wird vergeblich gewesen sein, das Warten. Alles. Und eigentlich wissen sie es hier auch schon.
Podesta, Clintons Mastermind in Chief, sieht erschöpft aus, er ist ernst, das wenige Haar, das er noch hat, grau geworden, sein Gesicht ganz spitz. „Noch kommen Ergebnisse herein“, sagt er seinen Demokraten, „heute Nacht werden wir nichts mehr zu sagen haben. Geht alle nun nach Hause und gönnt euch etwas Schlaf.“
Wie ein Lehrer schickt er seine Schüler vom Pausenhof. Es ist eine vom Schock gezeichnete Menge, die er da entlässt, hinaus in die dunkle Nacht am Hudson River.
Noch während Podesta spricht, kommt Bewegung in die Reihen. Ein junger Mann ganz vorne greift fast panisch sein Jackett. Die Ersten streben zum Ausgang, Tränen werden in den Gesichtern von Clinton-Helferinnen und -Helfern gesichtet. Über ihnen allen funkelt die New Yorker Nacht durch die Glasdecke des Kongresszentrums.
Die gläserne Decke
Hillary Rodham Clinton ist es nicht gelungen, die gläserne Decke zu durchstoßen. Auch 2017 wird keine Frau Präsidentin der Vereinigten Staaten. In den Stunden zuvor hieß es immer wieder, Clinton werde hier gegen 23 Uhr zu ihren Unterstützern zu sprechen.
Gegen 23 Uhr hatte sich vor vier Jahren Barack Obama schon längst seine Siegesrede zurechtgelegt. Stattdessen harrt Hillary Clinton jetzt in ihren Räumen im nahen Peninsula Hotel aus. Ihre Siegesrede braucht sie nicht mehr.
Wenige Minuten nachdem Podesta an ihrer statt das Ende aller Hoffnungen verkündet, meldet sich Clinton bei Donald Trump. Sie gratuliert ihm zu seinem Sieg. Trump ist schon auf dem Sprung zum Hilton Hotel an der 6th Avenue, ein gutes Stück nördlich vom Clinton-Camp. Dort hat sich zu der Zeit längst eine Menschenmenge versammelt. Keiner bekommt in dieser Nacht mehr Clintons Gesicht zu sehen.
Nur langsam füllt sich das Kongresszentrum an dem Abend, so quälend langsam wie die Wahllokale quer durchs Land. Etwas liegt in der Luft. Nach und nach treffen die Leute am Hudson River ein, noch mischen sich unerschütterliche Optimisten, Last-minute-Optimisten und ein paar wenige Last-minute-Pessismisten.
Im Laufe des Abends, während auf den Fernsehschirmen die Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten eintreffen, wird das Lager der Last-minute-Pessimisten größer, zunächst kaum merklich.
Die Blockparty
Vor dem Zentrum haben die Demokraten für diejenigen, die drinnen keinen Zutritt mehr bekommen haben, eine Blockparty organisiert. Am frühen Abend sprechen hier die Mütter der von Polizisten getöteten jungen Schwarzen.
Eine Gruppe von ihnen hatte sich im Wahlkampf hinter Hillary Clinton gestellt. „Hillary Clinton ist unsere Hoffnung“, ruft die Mutter von Eric Garner, dem Mann, der in einem Polizeigriff auf Staten Island gestorben ist, kämpferisch in die Menge. Hoffnung ist heute Abend ein wichtiges Wort.
Gegen 22 Uhr skandieren noch Tausende: „I believe that she will win.“ – Ich glaube, dass sie gewinnen wird. Schon da klingt der Slogan nach bitter nötiger Selbstvergewisserung.
Um 22.14 Uhr tritt Katy Perry auf die Bühne. „Das Wichtigste ist, wenn ihr in einem Staat lebt, in dem die Wahllokale noch geöffnet sind: Geht wählen!“, sagt sie ernst in die aufgebauten Kameras. „Heute Abend haben meine Eltern Donald Trump gewählt.“ Dann spielen sie hier „Fight Song“: „This is my fight song / Take back my life song / Prove I’m alright song / My power’s turned on“.
Aber es fühlt sich nicht so an, als würde noch wirklich jemand kämpfen.
Zur gleichen Zeit gibt „The Upshot“, der Wahlblog der New York Times, Donald Trump eine 80-Prozent-Siegeschance. Das Lager der Last-minute-Pessimisten schwillt an.
Es wird noch ein paar Stunden dauern, bis auch die letzte Hoffnung verloren ist.
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