Civil-20-Treffen in Hamburg: Merkel umwirbt Zivilgesellschaft
Die Kanzlerin soll beim G-20-Gipfel für Klimaschutz und fairen Handel streiten, sagen Organisationen. Die sieht das eher als Unterstützung an.
Doch plötzlich ziehen einige autonome G-20-Gegner nicht nur die Aufmerksamkeit auf sich, sondern transportieren mit der Zerstörung von Infrastruktur der Bahn auch inhaltlich eine Botschaft, die die Forderungen der Nichtregierungsorganisationen nach mehr Investitionen in klimafreundliche Infrastruktur verhöhnen. Eine offizielle Stellungnahme dazu gibt es beim Gipfel am Montag nicht. „Wir setzen auf Dialog und friedlichen Protest“, sagt Heike Spielmans vom entwicklungspolitischen Dachverband Venro nur.
Deutlicher wird Jürgen Maier, der als Geschäftsführer des NGO-Dachverbands Forum Umwelt und Entwicklung das internationale Treffen in Hamburg mit organisiert hat: „Ich hoffe, dass die sich für einen solchen Schwachsinn wenigstens von der Autoindustrie bezahlen lassen“, sagt er der taz.
Auch Merkel ging in Hamburg indirekt auf die Anschläge ein. „Ich finde es gut, dass es Kritiker gibt“, sagte sie. „Aber es versteht sich von selbst, dass solche Kritik friedlich sein muss.“ Ansonsten bemühte sie sich um einen Schulterschluss mit den G-20-kritischen Organisationen: „Ich bin dankbar, dass wir eine starke Zivilgesellschaft hinter uns haben, und manchmal auch konstruktiv gegen uns.“
Merkel zwischen Lob und Kritik
Die NGO-Vertreter revanchierten sich für die freundlichen Worte. Zwar kritisierten sie einzelne Politikfelder, etwa die von Merkel unterstützten Freihandelsverträge Ceta und TTIP oder ihren Fokus auf Wirtschaftswachstum. Doch insgesamt bekam die Kanzlerin viel Applaus. Die G-20-Gastgeberin genieße bei vielen Teilnehmern des Civil-20-Treffens ein hohes Ansehen, berichtete Heike Spielmans. „Im Vergleich zu den Regierungschefs anderer Länder erscheint sie als Lichtgestalt.“
Die deutschen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen sehen die deutsche Position hingegen kritischer. Auch hierzulande gebe es große Differenzen zwischen Ankündigungen und tatsächlicher Politik der Bundesregierung, etwa beim Klimaschutz sagte Ernst-Christoph Stolter vom Forum Umwelt und Entwicklung.
Auch Konservative aus China und Saudi-Arabien dabei
Im Positionspapier, das die NGO-VertreterInnen am Montag mit wenigen Gegenstimmen verabschiedeten, fordern sie „von allen Regierungen“, die sich am 7. und 8. Juli in Hamburg treffen, „mutige Aktionen“, um Armut zu stoppen, die Finanzmärkte zu regulieren und den Klimawandel aufzuhalten. Dabei dürften sie sich nicht vom US-Präsidenten Donald Trump aufhalten lassen, der angekündigt hat, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Die übrigen 19 der G-20-Staaten müssten ihr „uneingeschränktes Engagement“ zur Umsetzung der Pariser Ziele bestätigen, heißt es im Papier.
Bei der Erarbeitung bekamen übrigens auch die Vertreter der Zivilgesellschaft einen Eindruck davon, wie schwer es sein kann, sich im internationalen Kontext auf gemeinsame Ziele zu einigen. Denn vertreten waren neben vielen kritischen Organisationen auch eine große Zahl regierungsnaher Verbände etwa aus China oder eine NGO zur Verringerung der Scheidungsrate aus Saudi-Arabien.
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