Ciftlik-Prozess: E-Mail aus dem Off

Original oder Fälschung: Eine Mail aus dem Account seiner Ex-Geliebten könnte zum zentralen Beweisstück im Scheinehe-Verfahren um den SPD-Politiker werden.

Hat sie die Scheinehe gestanden oder fingiert? Nicole D. mit ihrem Verteidiger. Bild: dpa

Eine Mail aus dem Web-Account der Angeklagten Nicole D. sorgt im Scheinehe-Verfahren um den SPD-Politiker Bülent Ciftlik für Verwirrung. In ihrem Geständnis und auch vor Gericht am vorigen Freitag hatte die 33-Jährige behauptet, Ciftlik habe ihre eheliche Verbindung mit Kenan T., die von vornherein nur als Scheinehe geplant gewesen sei, quasi im Alleingang eingefädelt.

Die Mail - von der Nicole D. allerdings behauptet, sie nie geschrieben zu haben - hat es vor diesem Hintergrund in sich. In dem mit "Nicole" unterzeichneten Text heißt es über Bülent Ciftlik: "Natürlich hat er mich nicht zu meiner Heirat angestiftet, sondern mir davon abgeraten." Und zu Nicole D.s Geständnis heißt es in der Mail: "Meine Aussage, die ich mit meinem Anwalt abgegeben habe, steht. Sie ist in sich schlüssig und nur darauf kommt es an, sonst nichts. Ich habe auch an kleinste Details gedacht. Über Wahrheit oder nicht, brauche ich nicht aufgeklärt zu werden. Und die anderen müssen erst einmal das Gegenteil beweisen. Das wird ihnen nicht gelingen."

Klar ist: Wurde die an einen Mitarbeiter der türkischen Gemeinde - mit dem Nicole D. in einem Projekt für türkischstämmige Kinder zusammenarbeitet - adressierte Mail tatsächlich von Nicole D. verfasst, so ist die Glaubwürdigkeit der Angeklagten und ihres Ciftlik belastenden Geständnisses schwer erschüttert. Stammt sie aber nicht von Nicole D., dann wurde mit hoher krimineller Energie eine perfide Fälschung in den Umlauf gebracht, um den SPD-Politiker aus der Schusslinie zu bringen.

Abgegeben wurde ein Ausdruck der Mail am Morgen des 16. Aprils, ein Tag vor Prozessauftakt, an der Pförtnerloge der Staatsanwaltschaft im Gorch-Fock-Wall. Um herauszufinden ob die Mail tatsächlich von Nicole D. verfasst wurde, inspizierte die Staatsanwaltschaft noch am selben Tag den Mail-Account von Nicole D. auf deren Laptop, ohne auf die Mail zu stoßen. Danach verkündete Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers: "Eine plumpe Fälschung."

Diese Form der Beweissicherung aber reichte dem Vorsitzenden Richter Lutz Wegerich nicht aus. Er gab Provider-Anfragen in Auftrag, ließ die Hintergründe recherchieren. Inzwischen steht nach Informationen der taz fest: Um 1.38 Uhr loggte sich am 16. April jemand in den Mail-Account von Nicole D. ein. Diese Person muss über ihr Passwort, das eindeutig nicht geknackt wurde, verfügt haben. Die Mail, die aufgrund ihrer Länge bereits vorbereitet gewesen sein muss, wurde nur zwei Minuten später über O 2 - vermutlich per USB-Stick - verschickt.

Im Scheinehe-Verfahren stritt Nicole D. nicht nur ab, Verfasserin der Mail zu sein, sie legte auch Spuren zu ihren beiden Mitangeklagten, die nach wie vor beteuern, es sei nie um eine Scheinehe gegangen. So behauptete sie, ihr Ehemann Kenan T. habe oft mit einem O 2-Stick gesurft, Bülent Ciftlik im Dezember 2009 ihren Computer in seinem Besitz gehabt, um diesen von belastenden Unterlagen "zu säubern".

Allerdings antwortete die 33-Jährige auf Nachfrage des Gerichts, ihr Passwort habe sie wohl nur an ihre Schwester weitergegeben. Andere Personen hätten keinen Zugang gehabt.

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