Chinesen profitieren von Euro-Krise: Tausche Smog gegen Meer
Reiche Chinesen suchen in aller Welt nach Möglichkeiten ihr Geld zu investieren. Griechenland ist pleite, der Wechselkurs günstig - da lockt die Villa am Mittelmeer.
PEKING taz | Europa schwächelt, und Pekings Regierung macht sich Sorgen. Die Krise könnte auch die eigene Wirtschaft herunterziehen - etwa wenn Griechen, Spanier, Italiener und die anderen Europäer nicht mehr so viel aus China importieren können.
Doch in den Augen wohlhabender Chinesen haben die Probleme der Europäer ihre gute Seite: Der Umrechnungskurs des Yuan zum Euro ist günstiger. Schon tauschen sich im Internet chinesische Touristen über Preise für Luxuswaren zwischen Athen und Paris aus. Zeitungen zitieren Kunden wie Frau Liu, die nur wegen des niedrigen Euro nach Europa gereist sei, in der Tasche "eine lange Liste von Einkaufswünschen ihrer Freunde".
Reiche Chinesen suchen Investitionsmöglichkeiten in aller Welt - und das kränkelnde Europa erscheint plötzlich als lohnenswertes Ziel. Wenn Griechenland pleite ist, müssten dort doch die Immobilien billig sein. Darf es vielleicht eine Villa mit Blick auf das Mittelmeer sein?
Damit verhalten sich begüterte Chinesen nicht anders als jene Europäer, die zu Beginn der amerikanischen Finanzkrise 2008 eilig nach New York flogen, um dort die dank des niedrigen Dollarkurses besonders günstigen Preise zu nutzen.
Reichere Chinesen begnügen sich allerdings immer weniger mit Stippvisiten in Europa oder anderswo. Viele hegen den Plan, China für immer den Rücken zu kehren. Nach einer in dieser Woche veröffentlichten Befragung von 980 Chinesen, die über ein Mindestvermögen von 10 Millionen Yuan (rund 1,14 Millionen Euro) verfügen, wollte fast die Hälfte auswandern. 14 Prozent hatten bereits einen neuen Pass oder kümmerten sich gerade um die Emigration.
Europa wenig beliebt
Im Ausland locken bessere Schulen und Universitäten, zudem, gaben die Befragten an, sei die Rechtssicherheit größer als in der Heimat. Organisiert wurde die Umfrage von der Bank of China und der Hurun-Agentur, die alljährlich eine Liste der reichsten Chinesen veröffentlicht.
Wie viele Kinder hoher Parteipolitiker bereits ausländische Pässe besitzen, ist allerdings ein wohlgehütetes Geheimnis in Peking. Bekannt ist lediglich, dass viele Sprösslinge von Spitzenkadern im Ausland studieren.
Europa allerdings ist bei den Auswanderern wenig beliebt, nur 11 Prozent aller chinesischen Emigranten drängte es bislang dorthin. Und Griechenland? Die Häuser dort seien zwar billig, kommentierte ein Blogger auf der Immobilienwebsite Anjia.com. Aber es sei doch nicht ratsam, gerade in einer Krise dorthin zu ziehen, denn das soziale Umfeld werde sich wegen der maroden Finanzen sicher verschlechtern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern