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Chinas gescheiterte Olympia-StrategieGekränkte Weltmacht

Chinas Regierung möchte vom Ausland bewundert werden. Bei den Winterspielen zeigte sich das Scheitern der Propagandastrategie.

Leere Botschaften: Abschlussfeier der Olympischen Spiele im Nationalstadion von Peking Foto: David W Cerny/Reuters

Zu Beginn der Winterspiele in Peking scherte die internationale Presse in die belebten Fußgängerzonen der Stadt aus, um die offensichtliche Gretchenfrage zu stellen: was die Leute von der Sportveranstaltung und dem ganzen Olympia­trubel so halten. Für die chinesische Regierung wäre dies eine willkommene soft news-Story gewesen; endlich mal ein „menschelndes“ Thema abseits der politisch polarisierten Nachrichtenlage.

Doch viele Fernsehberichte endeten schlussendlich mit den üblichen Bildern erboster Sicherheitsbeamter, die mit vollem Körpereinsatz die Journalisten des Platzes verwiesen und mit ihren Händen die Kameraobjektive bedeckten.

Wie kontraproduktiv die Maßnahmen zur Kontrolle der Berichterstattung sind, geht aus einer am Montag publizierten Stellungnahme des Korrespondentenclubs in China (FCCC) hervor. „Der FCCC ist bestürzt, dass die Bedingungen für unabhängige Berichterstattung in China während der Winterspiele weiter hinter internationalen Standards zurückblieben“, heißt es darin.

Konkret bedeutet dies, dass Reporter während Live-Fernsehschalten von Sicherheitsbeamten belästigt wurden, bei Interviewanfragen keinen Zugang erhielten und bei simplen Umfragen von Aufpassern verfolgt wurden. Ein BBC-Kollege wurde zudem das Opfer einer abstrusen Online-Kampagne, die von den nationalistischen Parteimedien befeuert wurde. Im „Widerspruch zum olympischen Geist“ haben sich die Bedingungen für ausländische Medien laut Angaben des FCCC weiter verschärft.

Überselbstbewusster Staatschef

Viele Experten schlussfolgern daraus, dass sich die chinesische Regierung offensichtlich nicht mehr darum schere, wie sie vom Ausland wahrgenommen wird. Als Belege führen sie die aggressive Rhetorik der chinesischen „Wolfskrieger“-Diplomaten an sowie die über selbstbewussten Reden von Staatschef Xi Jinping, in denen der Aufstieg Chinas vom Niedergang des Westens begleitet wird.

Wenn schon nicht bewundert, möchte man zumindest respektiert werden

Natürlich ist da etwas dran. Xi befindet sich an einem hoch kritischen Zeitpunkt seiner politischen Laufbahn. Im Herbst wird er – als erster Staatschef seit Mao Tsetung – beim 20. Parteikongress seine dritte Amtszeit ausrufen und damit gegen die einst von der Kommunistischen Partei aufgestellten Regeln zur Machtbegrenzung verstoßen. Dementsprechend stimmt durchaus, dass der 69-Jährige derzeit vor allem sein heimisches Publikum befrieden muss.

Dennoch greift die Analyse zu kurz. Die nach außen demonstrierte, übertriebene Stärke Chinas ist vor allem das Resultat einer narzisstischen Kränkung: Insgeheim möchte die Regierung in Peking von der internationalen Staatengemeinschaft bewundert werden. Doch da bislang sämtliche Versuche, das Image des Landes aufzubessern, gescheitert sind, möchte man nun zumindest respektiert werden – und notfalls auch gefürchtet.

Überall potentielle Spione

Dieser dem System innewohnende Widerspruch wird auch am Beispiel Olympia deutlich: 2008 lud Peking die internationale Presse noch mit weitgehend offenen Armen zu den Sommerspielen ein. Mittlerweile jedoch hat sich die Attitüde gegenüber ausländischen Medien drastisch gewandelt: Sie werden als Störenfriede, ideologische China-Feinde und potenzielle Spione wahrgenommen.

Wenn Sicherheitsbeamte oder manchmal auch nur patriotische Bürger ausländische Journalisten bei ihrer Berichterstattung hindern, tun sie dies in der fälschlichen Annahme, die Interessen der Volksrepublik China zu vertreten. Tatsächlich jedoch führen sie das genaue Gegenteil herbei: Viele Berichte würden wohl deutlich ambivalenter und menschlicher ausfallen, wenn man die Journalisten nur frei arbeiten lassen würde.

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3 Kommentare

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  • Die Italiener werden 2026 in Cortina d’Ampezzo China zeigen wie man Olympische Spiele feiert.

    Technisch vielleicht nicht so pompös, dafür mit Esprit, Charme, Humor und ganz viel Spaß.

    Und natürlich Freiheit. Doch das ist selbstverständlich in Zentraleuropa.

  • Interessante Analyse: einiges spricht dafür. Die im Westen weit verbreitete (peinliche!) Arroganz ("billige Kopien aus China" [1], etc.) ist auch ein prachtvolles Gegenstück dazu.

    Dennoch hat sie einen Haken: sie projiziert menschliche Regungen auf eine Regierung. Die Analogie kann funktionieren, oder auch nicht.

    Ich möchte der Analyse eine andere zur Seite stellen, ohne, dass sie sich gegenseitig verdrängen.

    Chinas spektakuläres Wachstum geht zu ende. Nachdem beeindruckend viele Menschen dort aus der Armut "geholt" wurden und bereit waren, dafür einiges wegzustecken, stockt die Maschine. Sollbruchstellen hat diese Gesellschaft genug, die unter höherer Spannung einer Führung gefährlich werden können.

    Das macht der Führung Höllenangst.

    Was liegt näher, als nationalistische Gefühle zu schüren? Da kommt eine Kränkung, wie im Artikel dargestellt, wie gerufen. Zur Not muss man halt ein wenig nachhelfen. Auf dass jede*r Chines*in eine kleine Wolfskriegerin wird. Klappt schon mal ganz gut.

    So gesehen ist Olympia vielleicht ganz gut gelaufen (aus der Sicht der chinesischen Regierung, wohlgemerkt).

    Die Trottel des IOC spielen da natürlich immer gerne mit.

    [1] Neulich in einem techniklastigen Forum sagte wieder jemand was von "engrish". Den Typen hätte ich gerne Kantonesisch radebrechen hören :-D

  • Was...Wo? Ist grad Olympia? Oder schon wieder vorbei?