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Chinas „Super-Bulle“ vor GerichtMachtkämpfe hinter den Kulissen

Um seinen Hals zu retten, hatte Polizeichef Wang Lijun ausgepackt. Seine Enthüllungen brachten den Politstar Bo Xilai zu Fall. Jetzt wird er selbst vor Gericht gestellt.

Der inzwischen abgesetzte Polizeichef Wang Lijun machte den Mordskandal öffentlich. Bild: dapd

PEKING dpa | Der frühere chinesische „Super-Bulle“ Wang Lijun, der den Skandal um den entmachteten Spitzenpolitiker Bo Xilai ins Rollen gebracht hatte, wird nächste Woche vor Gericht gestellt. Der Prozess beginnt am Dienstag vor dem Mittleren Volksgericht in Chengdu, wie ein Sprecher am Freitag in Peking berichtete.

Außer dem „öffentlichen" Teil des Prozesses werde auch hinter verschlossenen Türen verhandelt, weil Staatsgeheimnisse betroffen seien. Der Sprecher wollte sich aber nicht weiter dazu äußern.

Der ehemalige Polizeichef und Vizebürgermeister der südwestlichen Metropole Chongqing muss sich wegen Verrats und Flucht, Rechtsbeugung, Machtmissbrauchs und Bestechlichkeit verantworten.

Wang Lijun hatte die Affäre um den aufsteigenden Politstar Bo Xilai aufgedeckt, der daraufhin im März gestürzt wurde. Seine Frau Gu Kailai wurde im August wegen Mordes an dem befreundeten britischen Geschäftsmann Neil Heywood verurteilt. Sie erhielt eine Todesstrafe mit Aufschub, was in China in lebenslange Haft umgewandelt werden kann.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ex-Polizeichef auch vor, die prominente Politikergattin zunächst vor Strafverfolgung bewahrt zu haben.

Dass der Skandal ohne seine Enthüllungen wohl nicht ans Licht gekommen wäre, wurde nicht ausdrücklich gewürdigt. Wang Lijun war im Februar in das US-Generalkonsulat in Chengdu geflüchtet, wo er Diplomaten über die Vorfälle berichtet hatte.

In Haft genommen

Damit löste er eine diplomatische Krise zwischen China und den USA aus. Er verließ das Konsulat einen Tag später wieder und wurde in Haft genommen.

Mit dem peinlichen Zwischenfall begann die Aufdeckung der Machenschaften, die zum Ende der Karriere des Politstars Bo Xilai führten. Der damalige Parteichef von Chongqing gilt mit seiner Wiederbelebung revolutionärer Werte aber bis heute als Galionsfigur der Linken in der Partei.

Ihm wurden gute Aussichten auf einen Aufstieg in den Ständigen Ausschuss des Politbüros, des obersten Machtgremiums, nachgesagt. Heute wird wegen „schwerer Disziplinarverstöße“ gegen ihn ermittelt.

Machtkampf in China

Der Skandal erschütterte die Vorbereitungen für den im Herbst geplanten Generationswechsel. Beobachter sahen einen Machtkampf um die neue Führungsmannschaft.

Die Ungewissheit und Nervosität in der Partei hat sich diese Woche noch verschärft, weil der „Kronprinz“ Xi Jinping seit zwei Wochen ohne Erklärung aus dem politischen Alltag verschwunden ist. Er soll eigentlich das Ruder als künftiger Staats- und Parteichef von Hu Jintao übernehmen.

Seine ungewöhnliche Abwesenheit hat wilde Spekulationen über seinen Gesundheitszustand und Machtkämpfe in der Führung ausgelöst. Offiziell wird aber geschwiegen.

Der bekannte politische Kommentator Li Weidong berichtete der dpa am Donnerstag unter Berufung auf die Familie, der 59-Jährige habe ein gesundheitliches Problem. Er erhole sich langsam und sei in einem guten Zustand. Es sei nichts Ernstes, sagte der frühere Chefredakteur einer staatlichen Zeitung.

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