Chinas Engagement in Griechenland: Frisches Geld aus Fernost
China kauft umfangreich in Hellas ein, darunter auch Staatsanleihen. Das freut nicht alle Griechen. Auch die EU-Kommission ist skeptisch.
ATHEN taz | Großer Bahnhof für Chinas starken Mann Li Keqiang: Direkt am Flughafen empfängt der griechische Premier Antonis Samaras seinen chinesischen Amtskollegen; gemeinsam erscheinen die beiden im Hafen von Piräus und auf der Akropolis.
So viel Gastfreundschaft hat ihren Grund: Hellas bietet sich als „Chinas Einfallstor nach Europa“ an und erhofft sich im Gegenzug frisches Geld. Peking geht darauf ein – unter Auflagen, die nicht jeden freuen. „Die Chinesen sind gekommen, um zu nehmen“ protestiert das konservative Blatt Demokratia. Dagegen lobt die Zeitung Kathimerini die „strategische Partnerschaft“ der beiden Länder.
In Anwesenheit von Samaras und Li wurden 17 Kooperationsabkommen in den Bereichen Seeverkehr, Energie, Landwirtschaft und Dienstleistungen, bei denen es um insgesamt 6 Milliarden Euro geht, unterzeichnet. Fast noch wichtiger: Chinas Regierungschef hat versprochen, dass sein Land in griechische Anleihen investiert. Im April kehrte Griechenland nach langer Abstinenz an die Märkte zurück, derzeit wird die Ausgabe einer weiteren Anleihe geplant.
Vom Engagement Chinas profitieren vorerst mächtige Reederfamilien, die im vergangenen Jahr 141 Schiffe in China bestellten und nun, auch das wurde in Athen vereinbart, mit frischen Milliarden chinesischer Staatsbanken belohnt werden – unter der Bedingung, neue Aufträge an China zu vergeben.
Was diese „strategische Partnerschaft“ sonst verspricht, sieht man in Piräus, Griechenlands größtem Hafen: 2009 leaste die Pekinger Staatsreederei Cosco einen Teil des Hafens, heute betreibt sie dort ihren größten Umschlagplatz außerhalb Asiens. Nun werden 67 Prozent des Hafens zum Kauf geboten. Li würde am liebsten sofort zuschlagen. Eine Direktvergabe ist jedoch laut EU-Recht verboten.
Nicht nur die EU-Kommission, auch die Gewerkschaften stehen Cosco skeptisch gegenüber. Sie beklagen niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen. Beistand bekommen sie von unerwarteter Seite, nämlich von Evangelos Marinakis, Reeder und Präsident des Fußballmeisters Olympiakos Piräus. Seitdem Jannis Moralis, ein Vertrauter von Marinakis, Bürgermeister von Piräus ist, wird der Schiffsmagnat als „griechischer Berlusconi“ apostrophiert. Seine erste Amtshandlung: In einem offenen Brief an Regierungschef Samaras äußert er Bedenken gegen die Privatisierung des Hafens.
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