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Chinas Autobauer BYD in UngarnEinfallstor nach Europa

Chinas E-Auto-Riese BYD macht Ungarn zu seiner Schaltstelle und Produktionsstätte in der EU. Es ist nicht der einzige Konzern aus der Volksrepublik.

Will in Europa expandieren: BYD, hier bei einer Präsentation in Berlin Foto: rtr

Wien taz | Ungarn entwickelt sich zum strategischen Zentrum des chinesischen Konzerns BYD („Build Your Dreams“) in Europa. Der im ersten Quartal 2025 weltweit absatzstärkste Elektroautohersteller verfolgt eine ambitionierte Strategie: Während in der südungarischen Stadt Szeged derzeit eine vier Milliarden Euro teure Pkw-Fabrik entsteht, investiert das Unternehmen parallel 80 Millionen Euro in die Erweiterung seines bestehenden Bus- und Lkw-Werks in Komárom im Norden des Landes.

Das Prestigeprojekt in Szeged soll bereits zum Jahresende die Produktion aufnehmen soll. Auf einem 300 Hektar großen Gelände am Stadtrand entsteht BYDs erste Pkw-Fabrik in Europa, die schon Ende 2025 die Produktion aufnehmen soll. Produziert werden sollen zunächst die Modelle Dolphin und Atto 3, beide in der Golf-Klasse angesiedelt. Ein Angriff auf VW, aber keine der ultragünstigen Fahrzeuge, die BYD in China zum Marktführer gemacht haben.

Die Anlage soll mit einer Kapazität von 150.000 bis 200.000 Fahrzeugen pro Jahr zur größten Autofabrik Ungarns werden und rund 10.000 Arbeitsplätze schaffen. Damit würde BYD nicht nur Teslas Gigafactory in Brandenburg Konkurrenz machen, sondern auch eine Alternative zu den EU-Strafzöllen von 17 Prozent schaffen, die seit Oktober 2024 auf chinesische Elektroautoimporte erhoben werden.

Parallel zur Pkw-Expansion verstärkt BYD sein seit 2017 bestehendes Engagement in Komárom. Die Produktionskapazität für Elektrobusse und -Lkw wird erhöht, 620 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Geplant sind in Ungarn auch ein Verkaufs- und Service-Hub, Testeinrichtungen und die Entwicklung von auf Europa zugeschnittenen Fahrzeugversionen.

Will BYD noch mehr Werke in Europa?

Beobachter vermuten, dass das Werk Szeged auch als Blaupause für weitere Anlagen in Europa dienen soll. Schon jetzt betreibt BYD zwei Batterien-Montagewerke in Fót und in Páty im Speckgürtel von Budapest. Nun wird auch das EU-Hauptquartier in die Hauptstadt verlegt. Als Grund für seinen Ungarn-Fokus nennt das Staatsunternehmen, mit dem E-Bus-Werk bereits im Land vertreten zu sein. Eine taz-Anfrage zu den Hintergründen und den vielen Kritikpunkten ließ BYD unbeantwortet.

Dazu zählt etwa der Vorwurf, dass die Firma wettbewerbsverzerrende Subventionen des Staates erhält. Schon im vergangenen Oktober verhängte die EU-Kommission Ausgleichszölle gegen mehrere Hersteller aus der Volksrepublik. Im Raum steht nun, dass solche Subventionen auch für die Fabrik in Szeged flossen. Seit März läuft eine entsprechende Untersuchung der EU, wie zuerst die Financial Times berichtete.

Eine offizielle Bestätigung dafür steht noch aus. Die Europäische Kommission gab auf Anfrage keine Stellungnahme dazu. Ungarns Europaminister János Bóka sagte im März, eine solche Untersuchung würde ihn nicht überraschen, da die EU besonders kritisch auf Budapest blicke. Eine Anfrage dazu ließ die ungarische Regierung unbeantwortet.

Ein weiterer Kritikpunkt: Das ungarische Werk wird von chinesischen Arbeitskräften gebaut und verwendet hauptsächlich importierte Komponenten, was nur minimal zur wirtschaftlichen Wertschöpfung der EU beiträgt. Sicher ist hingegen die Umweltbelastung, die schon jetzt durch den Ausbau mehrerer Straßen, den künftig enormen Wasserverbrauch sowie Emissionen entsteht.

Ungarn beliebt bei chinesischen Investoren

Die BYD-Expansion ist Teil einer größeren Strategie der ungarischen Regierung unter dem Rechtskonservativen Viktor Orbán. Ungarn hat sich in den vergangenen Jahren als bevorzugtes Ziel chinesischer Investitionen in Europa etabliert – 2024 flossen etwa 40 Prozent aller chinesischen Kapitalzuflüsse in die EU nach Ungarn. Neben BYD baut auch der Batterie-Konzern CATL eine 7,6 Milliarden Euro teure Fabrik in Debrecen.

Der ungarische Außenminister Peter Szijjártó begründete diese Politik kürzlich mit den Worten: „Wir Ungarn betrachten die Ost-West-Kooperation nicht als Bedrohung, sondern als große Chance.“ Auch Orbán zeigt sich seit Jahren aufgeschlossen für die Kooperation mit China. Für BYD jedenfalls steht viel auf dem Spiel: Das Unternehmen sieht Europa als wichtigen Wachstumsmarkt, nachdem die USA den Zugang mit 100-prozentigen Strafzöllen praktisch verschlossen haben.

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5 Kommentare

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  • Den kritischen Blick der EU hat sich Orbastan hart erarbeitet.



    Aber hey, dann kommt BYD jetzt eben auch auf meine persönliche Boykottliste.

  • Diese kleinliche Hinhackerei auf alles, was in Ungarn wirtschaftlich getan oder nicht getan wird, ist doch langsam lächerlich.



    Zufahrtsstraßen zur Fabrik? Sollen die Arbeiter über Feldwege zur Arbeit gehen und die Zu- und Auslieferung mittels Traktoren und Anhängern erfolgen?



    Hat das bejubelte neue DaimlerTruck Ersatzteillager in Halberstadt keine asphaltierte Zufahrtsstraße? Werden die dort gelagerten 300.000 LkW-Ersatzteile mit dem Lastenfahrrad in 170 Länder abtransportiert?

  • Die deutschen Autobauer lassen auch nicht aus reinem Altruismus in Ungarn fertigen. Wir haben jetzt mal ein paar Autos angeschaut, u.a. auch BYD die geben sich viel Mühe mit der Ausstattung, aber immer findet sich dann noch ein Schalter aus dem Sortiment "China-Schrott", genau wie

  • Ohne den chinesischen Markt waeren die deutschen Autobauer schon laengst Geschichte, deshalb ist es vollkommen in Ordnung, wenn BYD nun in der EU produziert und verkauft. Konkurrenz belebt das Geschaeft. Und Batteriefabriken aus dem Land der Technologiefuehrerschaft in diesem Segment sind ebenso zu begruessen.

    Die Ungarn haben sich anscheinend unsere alte Ostpolitik bzw Ost-West-Schaukelpolitik abgeschaut. Kann man ihnen nicht wirklich vorwerfen. Ob sie standfest genug sind wird sich zeigen.



    Aber wenn die USA Kalifornien und Texas aushalten, dann die EU auch Deutschland und Ungarn.

  • Investitionen und Arbeitsplätze sind in Ordnung. Als Problem sehe ich hier chinesische Firmen.