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China entlässt Außenminister Qin GangEine dilettantische Säuberung

Chinas Regierung hat mit der Entlassung des Außenministers scheinbar Macht demonstriert. Aber tatsächlich zeigt sie damit Instabilität und Schwäche.

Chinas Ex-Außenminister Qin Gang bei einer Pressekonferenz im April Foto: Suo Takekuma/Pool/ap

Eigentlich darf man sich nicht wundern, wenn ein bekanntermaßen diktatorisches Regime wie Chinas KP-Machtapparat sich entsprechend diktatorisch verhält. Jüngstes Beispiel ist die Entlassung von Außenminister Qin Gang am Dienstag durch den ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses, des KP-hörigen Scheinparlaments, ohne Angabe von Gründen.

Niemand wird von diesem Regime ernsthaft ein faires und transparentes Verfahren bei der Entlassung eines hohen Kaders erwarten, der warum auch immer aus Sicht der Führung dringend entmachtet gehört. Fairness, Transparenz und rechtsstaatliche Regeln sind in Einparteienregimen, die rein machtpolitisch agieren und dabei auf Einschüchterung in gewaltsamer wie juristischer Form setzen, nicht vorgesehen.

Doch auch Diktaturen haben Interessen, die sie in solchen Fällen möglichst gesichtswahrend und diplomatisch agieren lassen, und die somit zu gewisser Berechenbarkeit führen. Dazu gehören Notlügen wie – zu Beginn seines Verschwindens –, dass Qin angeblich krank sei. Das kann zwar bis heute nicht ausgeschlossen werden, ist aber unwahrscheinlich.

Wenn ausgerechnet der Außenminister so brachial geschasst wird, betrifft dies zwangsläufig die internationale Glaubwürdigkeit des Landes. Wohl auch deshalb ist Qings Nachfolger jetzt sein langjähriger Vorgänger Wang Yi. Er soll Kontinuität verkörpern in einer Situation, in der das Regime mit der Art der Entlassung Qings handwerklichen Dilettantismus und politische Schwäche gezeigt hat.

Die Möchtegernsupermacht lässt mit der nicht begründeten Entlassung Qings nicht nur die Bevölkerung im Dunkeln, sondern auch die internationale Öffentlichkeit. Beiden wird zwar vorgeführt, dass die KP mächtig ist, weil sie sich dieses Vorgehen sogar gegenüber einem ihrer höchsten Repräsentanten leisten kann. Doch zugleich zeigt die politische Notbremsung eine eklatante Schwäche. Denn offenbar zittert das Regime vor etwas so sehr, dass es in Kauf nimmt, sich international schlecht zu präsentieren. Keine Frage: Diese Säuberung hat das Regime nicht stabiler gemacht, sondern allen seine Instabilität und Schwäche gezeigt.

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2 Kommentare

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  • ES sind auch für China schwietige Zeiten, wie die gegenseitigen Besuche zwischen China und den USA zeigen, bei denen es nicht zuletzt auch um Verabredungen in der Klimakatstrophe geht, die insbesondere von Joe Biden ausgehen. Eine Chance für den Rest der Welt ? Eher das Problem, dem von der Globalisierung ausgehenden Zwang zum Wachstum zu entgehen, der -bitte zuhören!- insbesondere von deutschen Unternehmen wie BASF, Siemens oder VW betrieben wird von einem 'Wirtschaftsminister' (Umwelt spielt bei dem Zwitter nur die zweite Geige), dem das ökonomische Klima wichtiger ist als es Ökologie und Erderwärmung sind.

  • Nicht dass ich irgendeine Sympathie für das Regime empfinde - aber ich stimme absolut nicht damit überein, dass die Despoten der Regierung mit der Art der Entlassung irgendeine Schwäche gezeigt hätten. Vielmehr zeigen sie durch ihre Rücksichtslosigkeit, dass sie nicht nur meinen fest in ihren Sätteln zu sitzen, sondern, dass dem auch so ist. Würden sie einen Angriff von irgendjemand fürchten, wären sie viel vorsichtiger vorgegangen. Die Chis und Co wollen doch demonstrieren, dass niemand außer ihnen etwas zu bestimmen hat.