Chemiekalien im Spielzeug: Gefahr im Kindergarten
Die Belastung durch schädliche Weichmacher in Kitas ist höher als in Privathaushalten. Sie werden von Kunststoffprodukten wie Spielzeugen oder Turnmatten freigesetzt.
Immer mehr deutsche Kindergärten sind von giftigen Chemikalien in ihren Räumen betroffen. Dies teilte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) am Dienstag mit. Im März hatte er erste Ergebnisse einer Untersuchung vorgestellt, in der er Staub aus Kitas auf Schadstoffe getestet hatte. Das alarmierende Ergebnis: Die Belastung durch Weichmacher dort war dreimal so hoch wie in Privathaushalten.
Inzwischen haben 160 Kindergärten Staubanalysen eingeschickt und sie kostenlos in einem vom BUND beauftragten Labor untersuchen lassen. Auch diese zeigen Verunreinigungen.
Die gefundenen Chemikalien schädigen das Hormonsystem, insbesondere Kleinkinder sind gefährdet. "Weichmacher werden unter anderem mit verfrühter Pubertät, späteren Störungen in der Fruchtbarkeit und Missbildungen der Geschlechtsorgane in Verbindung gebracht", sagte BUND-Chemieexpertin Sarah Häuser.
Sie kommen beispielsweise in PVC-Böden, Turnmatten, Spielbällen, Kunstledersofas, Trinkbechern oder Spielzeugen aus weichen Kunststoffen vor. Über die Nahrungsaufnahme, direkten Hautkontakt mit entsprechenden Gegenständen oder das Einatmen von belastetem Hausstaub gelangen die Schadstoffe in den Körper.
Zwar sind einige Weichmacher durch die EU-Chemikalienverordnung "Reach" zulassungspflichtig, auch wurden drei besonderes giftige als Inhaltsstoffe in Spielzeugen oder Kinderartikeln verboten. Für Bodenbeläge, Matratzen oder Möbel gilt dies jedoch nicht. "Obwohl es bereits sichere Alternativen gibt, sind in vielen in Kitas eingesetzten PVC-Produkten immer noch Weichmacher enthalten", so Häuser. Sie fordert daher ein weitgehenderes Verbot.
Um die Belastung mit Schadstoffen gering zu halten, rät der BUND besorgten Eltern und Kitabetreibern, weiche PVC-Produkte möglichst zu meiden. Bei einer Renovierung solle man PVC-freie Materialien wählen, zum Beispiel Bodenbeläge aus Linoleum oder Kork. Holzmöbel sollten Vorrang vor Plastik haben. Auch bei Turnmatten und anderen Sportgeräten gebe es Produkte ohne Weichmacher, manche Hersteller verwenden etwa Baumwollsegeltuch. Für das Pausenbrot empfehlen sich Metalldosen oder Papiertüten, bei Spielzeugen gibt es spezielle Qualitätssiegel. Ein gutes Raumklima helfe, die Aufnahme von Weichmachern über die Atemwege zu verringern.
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