Champagner-Laune bei den Rechten: Die EU pleite saufen
Rechtspopulisten im Europaparlament tranken 2016 ganze 234 Flaschen Champagner und aßen 400-Euro-Essen. Sie sollen die 420.000 Euro zurückzahlen.
Klingt nach einer guten Party, die die Rechtspopulisten im EU-Parlament laufen hatten: 234 Flaschen Champagner, dazu einige Mahlzeiten im Wert von 400 Euro pro Person und 110 Geschenke für jeweils 100 Euro hat die ENF-Fraktion im Laufe des Jahres 2016 aus EU-Mitteln springen lassen, heißt es in einem Schreiben des Haushaltskontrollausschuss im Europaparlament.
Doch der Kater folgt: Die Fraktion solle die unangemessenen Ausgaben von mehr als 420.000 Euro zurückzahlen, schlug der Ausschuss im März in dem Brief an den EU-Parlamentspräsidenten Antonio Tajani vor.
Die sieben Finanzberichte der anderen Fraktionen im EU-Parlament für das Jahr 2016 sind demnach genehmigt worden. Doch den Bericht der Rechtspopulisten hatten externe Rechnungsprüfer bemängelt. Der Ausschuss kritisiert auch die fehlenden Belege für die angegebenen Ausgaben.
Dabei sitzen gerade in der ENF-Fraktion Abgeordnete von Parteien wie dem französischen Front National (FN), der italienischen Lega Nord und der österreichischen FPÖ, die bekanntlich nur zu gerne gegen die EU keilen. Auch der Deutsche Ex-AfDler Marcus Pretzell, die belgische Vlaams Belang und die niederländische Partei für die Freiheit von Geert Wilders sind in der Fraktion.
Besondere Häme traf in Österreich den FPÖ-Politiker und Vizepräsidenten der ENF-Fraktion, Harald Vilimsky. Der hat in der Vergangenheit äußerst gerne gegen die ach so schlimme Geldverschwendung innerhalb der EU gewettert und gegen sogenannte „Spesenritter“ im Parlament.
Champagner? Nö.
Kein Wunder, dass ihm die fürstlichen Erfrischungskosten nun vorgehalten wurden. Vilimsky reagierte auf Twitter: Er habe noch nie Champagner getrunken, wer ihn kenne, wisse das. „FPÖ hat mit den Vorwürfen nichts zu tun, Causa ist rein französisch!“ Andere Twitter-Nutzer zweifelten an seiner Schaumwein-Enthaltsamkeit und posteten daraufhin Fotos, auf denen Vilimsky leutselig der FN-Chefin Marine Le Pen zuprostet.
Dabei bestätigte sein Kollege Nicolas Bay vom Front National der dpa zufolge sehr wohl, dass die Champagnerkosten auf die Kappe seiner Delegation gingen. Sie seien, den damaligen Regeln entsprechend und wie im EU-Parlament üblich, für Empfänge bestellt worden.
Fragt sich nur, ob das nicht doch eine perfide neue Strategie der Europakritiker ist: Die EU von innen zu zerschlagen, indem sie sie einfach pleite saufen?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz