piwik no script img

Chaled Maschal bleibt Hamas-ChefGemäßigt und ambitioniert

Versöhnung ist seine Mission: Der islamistische Exilpolitiker Chaled Maschal bleibt Chef des Politbüros der palästinensischen Hamas.

Kompromissbereit: Chaled Maschal. Bild: dpa

Chaled Maschal, der vor einem Jahr aus Damaskus nach Doha umsiedelte, ist zum dritten Mal in seinem Amt bestätigt worden. Ihm zur Seite stehen Ismail Hanijeh, Chef der Hamas im Gazastreifen, und Mussa Abu Marsuk, die Nummer zwei der Bewegung. Die Wahl wird von dem „Madschis al-Schura“, dem Rat der Hamas, entschieden, in dem Vertreter der Häftlinge sitzen sowie Hamas-Funktionäre aus Gaza, dem Westjordanland und dem Exil.

Maschals zentrale Mission ist die Versöhnung mit der Fatah. Hatte er einst den blutigen Zwist selbst mit vorangetrieben, als die Hamas auf sein Geheiß eine eigene Armee in den Palästinensergebieten gründete, so gab er sich jüngst deutlich kompromissbereiter. Einigen seiner ideologischen Verbündeten im Gazastreifen ging der 56-jährige studierte Physiker sogar zu weit bei den derzeitigen Verhandlungen mit der moderaten Fatah.

Seine innerhalb der Islamisten heute relativ gemäßigte Haltung dürfte auch Grund für die Rückendeckung aus Kairo und Doha gewesen sein. Katar und Ägypten drängten zur Wiederwahl des Politbüro-Chefs, der bis vor einigen Monaten noch sein Amt aufgeben wollte. Inzwischen spricht Maschal offen über Ambitionen auf den Chefstuhl der Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO). Bei den möglicherweise noch in diesem Jahr stattfindenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen will er hingegen nicht kandidieren.

Maschal übernahm die Führung der Hamas nach den israelischen Mordanschlägen auf seine Vorgänger Scheich Achmad Dschassin und Abdel Asis Rantisi. Er selbst war 1997 einem von Israels damaligem Regierungschef Benjamin Netanjahu in Auftrag gegebenen Tötungsversuch knapp entkommen. Netanjahu wird alles daransetzen, den internationalen Boykott gegen die palästinensischen Islamisten zu stärken.

Einen sicheren Fürsprecher gegen den Boykott weiß Maschal hingegen in Ankara. Recep Tayyip Erdogan kündigte für Mitte April seinen Besuch im Gazastreifen an, wo er allerdings nur mit Maschals Stellvertreter Hanijeh zusammenkommen wird.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • SD
    Stimme der Demokratie

    Wenn das Mantra "Gemäßigt" lange genug wiederholt wird, dann wird es auch geglaubt. Selbst wenn es sich um einen blutrünstigen Terroristenführer handelt.

  • G
    Gonzi

    Sollte es in den besetzten Gebieten nicht bald Kommunalwahlen geben?

     

    Und, Frau Knaul, was hat denn nun die neue Netanjahuregierung als Ziele in ihrem Regierungsprogramm aufgestellt?

  • C
    Carsten

    Vom Gasastreifen würden in den letzten 10 Jahren abertausende Raketen nach Israel gefeuert.

    Hat die Hamas dies eigentlich gefördert?

    Hat die Hamas jemals einen der Täter festgenommen geschweigedenn verurteilt?

    Wenn nein, wie kann sie dann gemäßigt und auf Versöhnung ausgerichtet sein?

  • U
    Ute

    “ambitioniert“

     

    Im Rundfunk konnte man heute von den ARD-Korrespondenten hören, die gestrigen Granatabschüsse aus dem Gazastreifen heraus, seien mit dem Tod eines weiteren palästinensischen Häftlings in israelischem Gewahrsam zu verstehen.

     

    Vielleicht gelingt es der Führung um Maschal, für solche Fälle andere, weniger mit Explosivstoffen handelnde Protestformen gegenüber Israel durchzusetzen.

     

    Luftballons mit schwarzen Schleifen und Rückenwind aus Süd-Ost hätten auch ein Signal sein können.

  • C
    Carsten

    Überall lese ich in den Medien, dass Herr Maschal erneut "gewählt" worden ist bzw mittels Wahl bestätigt worden ist. wer also nur die Überschriften in den Medien liest, der könnte also denken, Herr Maschal sei demokratisch gewählt worden, d.h. von seinem Volk und nicht nur von der obersten Führungsgruppe. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ein demokratischer Herrscher ist er also nicht. Die Frage ist, ob ein solcher undemokratischer Herrscher überhaupt gemäßigt sein kann.

  • R
    R.J

    Vielleicht hat auch die Fatah gelernt, dass die Hamas ein notwendiges Korrektiv dargestellt hat, mit dessen Konkurrenz auf der politischen Bühne die Wahlen in den besetzten Gebieten die für eine Demokratie notwendige Alternative gefunden hatten – dem Westen war dies leider ein Dorn im Auge.

     

    Es wäre z. Z. interessant zu erfahren, ob es der Hamas mit Maschal gelingt, trotz des Druckes israelischer Kreise und den Feindseligkeiten westlicher Staaten, Liberalität und Demokratie im besonderen im Gazastreifen möglich werden zu lassen.

     

    Ein außenpolitisch von Pragmatismus gekennzeichnetes Vorgehen und Verhalten, dass nur akzeptable Übergangsverhältnisse hinzunehmen bereit ist und dem eigenen Volk weder seine Rechte nimmt, noch ihm seine Zukunft verbaut, scheint auch Maschal zu repräsentieren, aber es müssen die Verhältnisse des Alltags gestalten werden.

     

    Generell aber darf man feststellen, im Gegensatz zu den Aussagen des Zionismus, über Anrechte auf Teile oder ganz Palästina, gründen sich die von der Hamas hochgehaltenen Ansprüche auf moralisch, völkerrechtlich wie auch historisch nachvollziehbaren Gedanken und Rechten.

     

    Da ist es bemerkenswert, wenn die Hamas in Aussicht stellt, die Gründung eines Palästinenserstaates in den 1967 zusätzlich von Israel besetzten palästinensischen Gebieten mitzutragen, zumal jeder (außer den Zionisten natürlich) weiß, dass es einem in der UN aufgenommenen Staat untersagt ist, einen Angriffskrieg zu führen und die Grenzen seines Staates, als der er in der UN aufgenommen wurde, mit kriegerischen Mitteln zu erweitern.

  • P
    palestinenser

    loblied auf einen feigen hinterhältigen

    faschistischen mörder.

  • L
    Luetzgendorff

    Gemäßigt und versöhnlich - aha! Dann will er einen Friedensvertrag mit Israel und plant gar nicht mehr, alle Juden ins Meer zu treiben und das zionistische Gebilde zu vernichten? Oh, Susanne, Du bist die Beste Seit Pippi Langstrumpf sich die Welt machte, wie sie ihr gefiel.

  • I
    I.Q

    Ob Maschals Wiederwahl oder der Besuch Erdogans im Gazastreifen.

    Gegenwärtig gelingt der israelischen Propaganda nicht, die Hamas als Kriegstreiber, irrationalen Handlungsträger oder Dämonen darzustellen, die für den Palästinakonflikt verantwortlich sei.

     

    Grund dafür dürfte sein, dass die letzten israelischen Winkelzüge durch geschürte Konflikte von seinen Aufgaben und Verpflichtungen abzulenken, allzu durchsichtig waren.

     

    Hoffentlich können die Palästinenser diese Gelegenheit nutzen, erringen Einigkeit, lassen sich nicht auseinanderdividieren und erpressen.

     

    Obama und Kerry können Abbas nicht unendlich lange und folgenlos hinhalten, damit Netanjahu sein Spiel fortsetzen kann.

  • H
    Harald

    "Gemäßigt und ambitioniert. Versöhnung ist seine Mission."

     

    In schöner Erinnerung hat der deutsche Israelkritiker*in noch die Festlichkeiten zum 25. Hamas Jubiläum Anfang Dezember, als "Kompromissbereit: Chaled Maschal" aus einer gelungenen Attrappe einer Qassam M-75 stieg, um seine Rede zu halten.

     

    Dazu schrieb die Frankfurter Rundschau:

    http://www.fr-online.de/politik/hamas-feiert-gruendung-vor-25-jahren-hamas-chef--werden-israel-niemals-anerkennen-,1472596,21062824.html

     

    In einer Rede im Gazastreifen sprach Exilchef Chaled Maschaal Israel am Samstag das Existenzrecht ab und erteilte Zugeständnissen bei Verhandlungen über das Gebiet eines Palästinenserstaates eine Absage.

     

    Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) rief Maschaal zur Einheit auf. Der seit Jahrzehnten im Exil lebende Meschaal, der 2004 die Führung der Hamas übernahm, machte zugleich deutlich, dass seine Organisation Israel niemals anerkennen werde.

     

    „Palästina ist vom Mittelmeer bis zum Jordan und vom Norden bis zum Süden unser Land und unsere Nation“, sagte Maschaal in Gaza-Stadt vor rund 100.000 Anhängern. „Wir können keinen Zollbreit und keinen Teil davon abgeben“, fuhr er fort. „Wir können außerdem weder die Legitimität der Besetzung Palästinas noch Israel selbst anerkennen.“

  • G
    Gemäßigter

    Das Wort "gemäßigt" nimmt man in der taz doch selbst nicht mehr ernst. Demnach ist die NPD im Vergleich zur NSDAP "demokratisch-liberal" und bemüht sich um eine Aussöhnung mit den Piusbrüdern. Man muß schon ein sehr dickes Ideologiebrett vor dem Kopf haben um solchen Blödsinn wie im Artikel suggeriert aus der Realität herauszulesen. Was ist das Nächste? Gemäßigte Steinigungen? In der taz ist alles möglich, außer Umdenken.