Castor mit Kurs auf Niedersachsen: Atommüll zurück aus England
Der Transport von hochradioaktiven Atommüll von Sellafield nach Biblis findet trotz Coronapandemie statt.
Die Ankunft des Schiffes im niedersächsischen Hafen Nordenham wird für Freitag oder Sonnabend erwartet. Von Nordenham aus soll der Atommüll per Zug in das Zwischenlager beim abgeschalteten AKW Biblis in Hessen weitertransportiert werden. Als wahrscheinlich gilt eine Bahnstrecke über Oldenburg, Bremen, Hannover und Göttingen.
Atomkraftgegner halten den Transport für unsinnig und kritisieren vor allem den Zeitpunkt. „Atommüll von einem ungeeigneten Ort an einen anderen ungeeigneten Ort zu verschieben, ist unabhängig von erklärten Pandemielagen nicht nur unnötig, sondern falsch“, sagt die Sprecherin des Aktionsbündnisses, Silke Westphal.
Annette Ramaswamy von der Göttinger Anti-Atom-Initiative ergänzt: „Wir wenden uns entschieden gegen jegliche Atommüllverschiebung, solange es noch kein geeignetes Endlager gibt und der Atommüll lediglich in ein Zwischenlager gebracht wird.“ Proteste sind unter anderem in Bremen, Oldenburg, Nienburg, Göttingen, Köln und Biblis geplant.
Auch die Gewerkschaft der Polizei und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatten bemängelt, dass der Transport während der sich verschärfenden Coronapandemie stattfinden soll. Der Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme als Gesamteinsatzleiter für Niedersachsen sagte der Nordwest-Zeitung, Pistorius’ Forderung nach einer Verschiebung des Transports sei auch bei den Beamten „auf viel Zustimmung gestoßen“. Innenminister Horst Seehofer (CSU) habe den Vorstoß aber abgelehnt.
Dabei war es Seehofer selbst, der den ursprünglich für Anfang April geplanten Transport am 12. März abgesagt hatte. Der Einsatz von 6.000 zum Schutz des Transportes eingesetzten Bundespolizisten sei wegen der Ausbreitung des Coronavirus nicht zu verantworten, hatte Seehofer damals erklärt.
Die Castoren wurden in den vergangenen Jahren in Sellafield befüllt, der extrem stark strahlende Atommüll besteht aus den in Glas eingeschmolzenen Resten abgebrannter Spaltelemente, die in deutschen AKW eingesetzt waren. In den nächsten Jahren sollen noch 25 Castoren nach Deutschland gebracht werden – 20 aus Sellafield und 5 aus dem französischen La Hague.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade