■ Cash & Crash: Deutsche Barings
Berlin (taz) – Wie konnte das bloß geschehen? Ein (relativ) junger Finanzjongleur, als Genie und Star der Branche hochgelobt, wird größenwahnsinnig, nimmt immer riskantere Investitionen vor und wendet einiges an Energie auf, um seine zu gewagten Transaktionen zu verschleiern – doch irgendwann kommt der finanzielle Crash.
Nun ist der 38jährige Peter Young nicht Nick Leeson, und die Deutsche Bank ist nicht Barings. Weit davon entfernt, durch einen ausgerasteten Fondsmanager in die Pleite getrieben zu werden, ist die größte deutsche Bank eingesprungen, als Anfang letzter Woche das Debakel bei den 1,4 Milliarden Pfund (über drei Milliarden Mark) schweren Investmentfonds ihrer Londoner Tochter Morgan Grenfell Asset Management losging. Für 180 Millionen Pfund (414 Millionen Mark) übernahm die Deutsche Bank erst mal die kritischen Papiere aus den drei Fonds, um die 90.000 Anleger vor Verlusten zu schützen.
Nicht nur, daß jedoch bis dahin schon die Kurse der Fonds abgestürzt waren. Überdies wurden „Unregelmäßigkeiten“ im Fonds-Management festgestellt: Young, der den größten der drei Fonds verwaltete, legte bis zu einem Drittel des Geldes der vertrauensvollen Anleger in Unternehmen an, die nicht mal an der Börse notiert sind, einige sind bloße Briefkastenfirmen. Dies ist regelwidrig, die britische Aufsichtsbehörde Imro nahm Ermittlungen auf, und der Handel mit Fondsanteilen mußte daraufhin für einige Tage ausgesetzt werden. Es gibt nun auch Hinweise, daß sich der mittlerweile suspendierte Young selbst bereichert hat. Am Donnerstag, sobald die Fonds wieder gehandelt wurden, wollten die Anleger ihre Anteile loswerden: allein am ersten Tag für 110 Millionen Pfund. Die Verkaufsbewegung hält, etwas verlangsamt, an.
Investmentfonds sind – bislang noch – bei den Anlegern sehr beliebt. Denn hier wissen sie, daß ein Team von Fachleuten, von seriösen Firmen überwacht, die Risiken breit streut. Weit gefehlt. Young hatte einseitig auf Technologieaktien und skandinavische Firmen gesetzt – ein höchst enger und daher riskanter Markt. Die Kontrollen versagten jedoch völlig.
Eigentlich müßten sich alle 13 Kollegen, die bei Morgan Grenfell internationale Fonds managen, austauschen und gegenseitig kontrollieren. Gegenüber den Vorgesetzten müßten ungewöhnliche Anlagestrategien begründet werden, und wenn die Regeln der Aufsichtsbehörde (etwa daß maximal 10 Prozent der Papiere nicht börsennotierte Aktien sein dürfen) verletzt werden, müßten eigentlich sofort die Alarmglocken klingeln. Aber offenbar hielt man von den Super-Finanzjongleuren der Morgan Grenfell Asset Management zuviel, als daß man ihnen auf die Finger geschaut hätte.
Die Deutsche Bank könnte die erneute Blamage noch teuer zu stehen kommen. Zu den bereits eingesetzten 414 Millionen Mark könnten eine Strafe an die Londoner Wertpapieraufsicht Imro sowie Schadenersatzzahlungen an die düpierten Anleger kommen, auch wenn die Deutsche Bank dementiert, daß Anleger geschädigt wurden. Inzwischen erwägt die Bankspitze, das Fondsmanagement wieder von Frankfurt aus zu leiten – nachdem 1995 das internationale Fondsgeschäft auf die Londoner Tochter konzentriert worden war. Bankchef Hilmar „Peanuts“ Kopper steht jedenfalls mal wieder ziemlich dumm da. Erst im Juli hatte er im Interview gesagt: „Unsere internen Kontrollen sind umfassend und sehr streng.“ Nicola Liebert
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