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Cash & Crash:Der gläserne Aktionär

Hamburg (taz) – Früher rümpften Börsianer ihre Nasen, wenn der Begriff fiel. Heute gibt es „sie“ bei Allianz und Lufthansa, DaimlerChrysler, Siemens und der Deutschen Bank. Am Montag schloss nun auch die Deutsche Telekom AG den Umstellungsprozess ab. Etwa 1,5 Millionen Depots wurden laut Firmenangaben von alten Inhaberaktien auf nagelneue Namensaktien umgestellt. Die vermutlichen Kosten von 20 Millionen Mark wollte ein Telekom-Sprecher nicht bestätigen.

Der Gag: „Sie“ lauten auf den Namen des Besitzers. Im Unterschied zu den anonymen und in Deutschland (noch) üblichen Inhaberaktien soll der Käufer eines Namenswertpapiers zudem Adresse und Beruf preisgeben. Diese Angaben werden in das Aktienbuch des Unternehmens eingetragen. Dabei geht es freilich vor allem ums Geld. „Wir können nun zügiger auf dem Kapitalmarkt agieren, etwa in den USA“, erklärt ein Telekom-Sprecher. Dort sind Namensaktien völlig normal. Mit dem gegenseitigen Tausch dieser Aktien ermöglichen Firmen ihre riesigen Fusionen. Indem sich nun auch deutsche Unternehmen dieser Sitte anpassen, können sie besser an dem weltweiten Fusionsreigen teilnehmen.

Daneben setzt die Deutsche Telekom auf einen besseren Kontakt zu ihren Aktionären. „Wir können nun direkt mit ihnen Kontakt aufnehmen.“ Bislang erreichte man diese nur indirekt über die Depotbanken. Ein weiterer Grund für die Namenseinführung dürfte der bessere Schutz vor feindlichen Übernahmen sein, da man nun die Eigentümer kennt.

Was hat nun ein Kleinaktionär davon? „Er erhält mehr und schnellere Informationen über das Unternehmen“, wirbt das Deutsche Aktieninstitut (DAI). Dagegen sieht Volker Pietsch eher weiteren Aufklärungsbedarf auf sich zukommen. „Die neuen Namensaktien werden viele erst einmal verunsichern“, sorgt sich der Berliner Verbraucherschützer. Problematisch ist das Aktienbuch. Da dieses für die jeweiligen Aktionäre öffentlich ist, steht es nun zum Schnüffeln bereit – für Adressenhändler etwa. Auch Deutschlands oberster Datenschützer, der Bundesbeauftragte Joachim Jacob, hält das Aktienbuch für den neuralgischen Punkt. „Namensaktien könnten den gläsernen Aktionär schaffen, wenn es nicht zu einer Änderung des Aktiengesetzes kommt“, befürchtet er.

Hermannus Pfeiffer

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