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Captchas auf WebseitenWenn Technik entscheidet, wer ein Mensch ist

Sie sind eine der nervenstrapazierendsten Erfindungen seit des das Internet gibt: Captchas. Dabei haben die kleinen Hürden einen großen Haken.

Tippen, bis die Ampeln weg sind – auf dem Smartphone genauso nervig wie am Computer Foto: imago

H in und wieder muss ich mich in eine Datenbank einloggen. Das mag langweilig klingen, ist aber tatsächlich immer wieder spannend. Denn jedes Mal wieder frage ich mich: Werde ich es schaffen, das Captcha zu knacken? Also die Aufgabe, mit der ich der Maschine beweisen soll, dass ich ein Mensch bin?

Ich markiere Bilder mit Hydranten, mit Autos, Bussen, Brücken und Ampeln. Ich rätsel darüber, wie viel Fitzel einer Ampel auf einem Bild drauf sein müssen, um als Bild mit Ampel zu gelten, das von den Bildern ohne Ampel auszusortieren ist. Ich frage mich, ob die 150.000 Stunden, die Internet-Nutzer:innen laut einer gut zehn Jahre alten Studie täglich mit dem Lösen von Captchas verbrachten, nicht mittlerweile auf eine Größenordnung von 1,5 Millionen Stunden gestiegen sein müssten. Oder ob es eine Art Captcha-Ungerechtigkeit gibt: Während manche Nut­ze­r:in­nen ständig vor Captcha-Hürden stehen, surfen andere beschwingt Captcha-frei durchs Netz. Noch jemand in der ersten Gruppe?

Kürzlich – und ich wollte wirklich nur ganz schnell etwas nachschauen – begann es mal wieder mit Ampeln. Verrauschte, unscharfe Bilder. Ist das noch Street View oder schon Impressionismus? Wobei, der war irgendwie bunter. Ampeln, mehr Ampeln, noch mehr Ampeln. Vielleicht war die rot-gelb-grüne Koalition von Anfang an zum Scheitern verurteilt, weil schon ihr Name bei zu vielen Menschen Captcha-Traumata reaktiviert. Dann kamen irgendwann Motorräder. Dann Busse. Mittlerweile war ich gleichermaßen genervt wie neugierig: Würde das irgendwann mal aufhören? Und wenn ja, was würde dann passieren?

Das verrückte ist: Als Nachweis des Menschseins taugen diese Captchas nicht einmal. For­sche­r:in­nen haben mittlerweile herausgefunden, dass Maschinen viel bessere Menschen sind – also, wenn es um das Lösen von Captchas geht. In einer Studie kamen Bots auf eine Lösungsquote von 85 bis 100 Prozent. Die menschlichen Stu­di­en­teil­neh­me­r:in­nen schafften nur 50 bis 85 Prozent. Dabei finden die Bots wahrscheinlich genau den sweet spot, der sie als menschlich durchgehen lässt, weil sie eben meistens richtig liegen, aber nicht zu perfekt sind.

Und warum müssen Seitenbetreiber, die trotzdem auf Captchas stehen, ausgerechnet die Bildervariante dafür nutzen? Es gibt schließlich Alternativen, bei denen man Buchstaben erkennen oder Erstklässler:innen-Rechenaufgaben lösen muss. Oder, mein Favorit: einfach nur länger auf einen Button klicken.

Bei meiner Captcha-Odyssee dagegen kamen immer neue Suchbilder. Wenn es ein Test war, wie geduldig unterschiedliche Nut­ze­r:in­nen sind, bin ich vermutlich recht weit gekommen. Aber irgendwann war auch meine Geduld am Ende. Ich habe mich ausgeloggt, wieder eingeloggt – und der Spuk war vorbei. Mit Glück für länger: Seitdem bin ich Captcha-frei unterwegs.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

1 Kommentar

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  • Ich würde vorschlagen den Mist einfach nicht mitzumachen.



    Was soll das Gejammere wenn man dann doch alles über sich ergehen lässt?



    Egal bei welchem Thema (Handy und Erreichbarkeit, Payback und ausspioniert werden, Überstunden und Krankheit....): Wenn NIEMAND etwas tut, dann wird man immer weiter ausgebeutet oder verarscht.



    Also: Warum? Man kann sich auch menschlich und solidarisch benehmen!