Cameron sagt zum Medienskandal aus: Fünf Stunden voller Erinnerungslücken
Der britische Premier David Cameron hat ausgesagt. Vor dem Untersuchungsauschuss zum Phonehacking-Skandal flüchtete er sich allerdings in Platitüden.
Irgendwann sagte David Cameron tatsächlich die Wahrheit: „Politiker wollen nicht das Ziel hartnäckiger Recherchen sein“, sagte Großbritanniens Premierminister am Donnerstag vor der Leveson Inquiry, die die Hintergründe des Phonehacking-Skandals aufklären und Vorschläge für die künftige Selbstregulierung der Presse präsentieren soll.
Und daher, so Cameron, suche auch die Politik den Kontakt zu Medienvertretern. Als Oppositionsführer habe er daher 10-mal Rupert Murdoch getroffen, 15-mal dessen Sohn und britischen Statthalter James und 19-mal die Sun-Chefredakteurin und spätere Verlagsmanagerin Rebekah Brooks.
Der Kontakt zu Brooks war noch deutlich enger: Ihr Mann ist ein Studienfreund Camerons, die Ehepaare sind Nachbarn – und am Abend der Parteikonferenz 2009 schickte ihm Rebekah Brooks eine unter Umständen verhängnisvolle SMS: „Yes, he Cam“, hieß es darin – und: „Beruflich ziehen wir das jetzt beide durch.“ Nach den Wahlen 2010 – bei denen Murdochs Blätter wieder die konservative Partei unterstützten – wurde Cameron Premierminister einer Koalitionsregierung mit den Liberalen.
In der fast fünfstündigen Aussage vor der Leveson Inquiry gab sich der Regierungschef anfangs recht forsch, doch schon bald hing die nachtblaue Krawatte auf Halbmast: Immer wieder musste sich Cameron in Erinnerungslücken oder Plattitüden flüchten. Die Kontakte zwischen Presse und Politik seien schon seit der Regierung Major (1990–1998) zu eng gewesen. Wichtige Mails zum Vorhaben der Murdochs, kurz nach seinem Wahlsieg den Pay-TV-Sender BSkyB über eine Sondergenehmigung der Regierung ganz zu übernehmen, will Cameron nicht erhalten haben.
Unklar bleibt auch, was zwischen dem Premier und seinem ehemaligen Kommunikationsdirektor Andy Coulson lief. Coulson war Chefredakteur der letzten Sommer eingestellten News of the World, musste wegen des Skandals 2007 gehen – und wurde prompt von Cameron eingestellt. Er habe Coulson beim Amtsantritt 2007 sowie 2009 zur Hacking-Affäre befragt und die Antwort erhalten, da sei nichts dran, so Cameron. Er wisse heute, dass Coulson ihn belogen habe.
Ob der Premierminister damit durchkommt, wird sich zeigen. Bereits in der Klemme steckt seine alte Freundin Rebekah Brooks: Seit Dienstag muss sie sich wegen Behinderung der Ermittlungen verantworten, der Prozess wurde gleich an das nächsthöhere Strafgericht, den Crown Court, überwiesen.
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