piwik no script img

Cameron macht Druck auf SteueroasenTatsächlich ein Erfolg?

Vor dem Treffen der G-8 in Nordirland verstärkt David Cameron den Druck auf britische Überseegebiete. Auch die Bermuda-Inseln beugen sich.

Vielleicht trocknen die Steueroasen ja aus. Bild: dpa

DUBLIN taz | Wenn am Dienstagabend zum Abschluss des G-8-Gipfels in Nordirland das Familienfoto geschossen wird, wird der britische Premierminister David Cameron einen Erfolg verkünden wollen. Weil sein Plan einer Friedenskonferenz für Syrien angesichts der jüngst angekündigten US-Waffenlieferungen nicht leichter geworden ist, richten sich die Blicke nun auf das zweite große Thema des Gipfels, den Kampf gegen die Steuerflucht.

Hoch problematisch auch für Großbritannien: Während die Profitabilität der Konzerne dort seit 2003 um 65 Prozent gestiegen ist, sanken die Staatseinnahmen aus der Körperschaftsteuer im selben Zeitraum um 5 Milliarden Pfund. „Regierungen locken Investoren mit niedrigen Steuern und komplexen Steuererleichterungen“, sagt Wirtschaftsminister Vince Cable von den Liberalen Demokraten.

Und: Die Multis befolgten lediglich die Regeln, die von Politikern aufgestellt werden. Cameron als G-8-Vorsitzender habe nun die Gelegenheit, Führungsqualitäten zu zeigen und das dysfunktionale internationale Steuersystem zu reformieren.

Will er das wirklich? Die Entwicklungsorganisation Oxfam wies darauf hin, dass 40 Prozent der vorenthaltenen Steuern auf die Kappe der Steueroasen in G-8-Ländern gehen – immerhin 66 Milliarden Dollar im Jahr. Zu Großbritannien gehört ein Fünftel aller Steueroasen weltweit: Überseeterritorien und Kronkolonien, die zwar unabhängig sind und eigene Regierungen haben, aber auch einen von London bestellten Gouverneur. Bisher haben die Briten beide Augen zugedrückt, weil die Offshore-Paradiese eng mit der Londoner Finanzbranche kooperieren und dieser Kapital beschaffen.

Ein Eigentümerregister wird es nicht geben

Um seinen guten Willen zu zeigen, beorderte Cameron die Regierungschefs der zehn britischen Steueroasen am Samstag nach London. Hier überredete er sie, ein OECD-Abkommen zu unterzeichnen, in dem sie sich verpflichten, Informationen über Firmeneigentümer herauszugeben. Auch die Bermudainseln, die lange bockig waren, unterzeichneten schließlich.

Ein öffentlich einsehbares Eigentümerregister wird es aber nicht geben. Das lehnen die USA, Kanada, Russland und auch Deutschland ab. Obama will lediglich den Steuerbehörden Zugang zu dem Register gewähren. Oxfam fordert, dass auch Entwicklungsländer in den Genuss der Einsichtsrechte kommen sollen. Die britischen Steueroasen müssen laut der Übereinkunft Informationen aber nur auf konkrete Anfragen herausgeben.

Oft wissen arme Staaten jedoch nicht, wohin das Geld geschafft wird, das ihnen vorenthalten wird – und können deshalb auch nicht nachfragen. Die Länder des Südens verlieren laut Oxfam durch Steuerflucht dreimal so viel Geld, wie sie an Entwicklungshilfe bekommen.

Menschen sterben an eigentlich harmlosen Krankheiten, weil das Geld für ein anständiges Gesundheitssystem fehlt. Doch mit moralischen Argumenten hat man es in dieser Diskussion schwer. Wenn es Cameron gelingt, bei dem Gipfel auf der abgelegenen Halbinsel im nordirischen Lough Erne gesetzliche Grundlagen für ein faires Steuersystem auf den Weg zu bringen, wäre das tatsächlich ein Erfolg.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • IN
    Ihr neuer Pappsi

    Was ist das für eine "Entwicklungshilfe", die die Dritte Welt bekommt?

     

    Das ist doch sicher irgendwo näher aufgeschlüsselt, aber wo? Und wieso finde ich kaum einen fundierten Artikel irgendwo?

     

    Da fällt mir Ruppert Neudeck mit seinem Filmchen ein: Rwanda: er baut (lässt bauen) eine Schule, will aber keinen Lehrer bezahlen (ca. 40 bis 80 € mtl.), wozu braucht man dann eine Schule, ohnehin könnte man zeitweise auch gut im Freien unterrichten.

     

    Selbst ARTE wühlt da mit manchem Beitrag einfach nur im Mist!

     

    Wohl müssen die Armen dann auch die Bonzengehälter der deutschen Verwaltung und EXperten mitbezahlen?

     

    Und dann müssen sie noch die freiwilligen Helfer aushalten, die die Welt retten wollen und gerne Leute pflegen wollen die sie nicht verstehen können und nicht verstehen wollen - aber in einem deutschen Altersheim kostenlos auszuhelfen kommt diesen allerdings nicht in den Sinn. Da fragt man sich, ob man denen, die diese "Idealisten" schröpfen, nicht vielleicht noch gratulieren muß.