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COP30 in BrasilienAk­ti­vis­t*in­nen stürmen Klimakonferenz

Das Gelände wurde temporär evakuiert. Am Mittwochmorgen soll es aber wieder öffnen, sodass die Verhandlungen weitergehen können.

Indigene Ak­ti­vis­t*in­nen stürmten zum Protest gegen die Zerstörung ihrer Heimat die Klimakonferenz in Belém Foto: Anderson Coelho

dpa/taz | Zahlreiche indigene Ak­ti­vis­t*in­nen und ihre Un­ter­stüt­ze­r*in­nen sind auf das hochgesicherte Gelände der Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém eingedrungen. Videos südamerikanischer Medien zeigen, wie sie am Dienstagabend (Ortszeit) gewaltsam eine Tür aufbrachen und sich ein Gerangel mit Sicherheitskräften lieferten.

Die Ak­ti­vis­t*in­nen wurden im Vorraum von Sicherheitsmenschen aufgehalten, nachdem sie die verschlossenen Türen des Eingangs aufgebrochen hatten. Die Türen waren danach komplett aus den Angeln gehoben und die Security hat nach Abzug der Protestierenden den offenen Eingang mit Tischen verbarrikadiert.

Die Protestierenden hatten teilweise Gasmasken auf und Schilder, die augenscheinlich aus aufgeschnittenen Plastiktonnen gemacht wurden.

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Einer der Aktivisten sagte der taz, er sei von der Studierendengruppe Coletivo Juntos, die der PSOL nahestehen, einer einer linken, sozialistischen Partei in Brasilien. Laut deren Instagram waren auch Indigene von anderen Gruppen dabei. „Wir müssen radikal sein, weil Lula versucht, sich als Klimaschützer darzustellen, aber im Amazonas nach Öl bohren lässt“, sagte der Aktivist in Bezug auf Brasiliens Präsidenten.

Auf Instagram-Videos mehrerer Aktivisten war zu sehen, wie eine große Menschentraube von Demonstranten auf den Fluren des Konferenzzentrums Fahnen schwenkte und protestierte. BBC-Reporter beobachteten nach eigenen Angaben, wie UN-Sicherheitspersonal noch anwesenden Delegierten zurief, sie sollten das Gelände verlassen.

Eine lokale Journalistin, die das Geschehen auf dem Gelände verfolgte und aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, sagte einer dpa-Reporterin vor Ort, eine solche Eskalation habe sich schon lange angekündigt. In Brasilien würden immer wieder Umweltschützer getötet, „es gibt diesen Schmerz schon seit langer Zeit“. Mit dem Eindringen hätten die Indigenen ein Zeichen setzen wollen.

Indigene auf dem Gipfel auch offiziell vertreten

Auf dem Klimagipfel im Amazonasgebiet sind auch Tausende Vertreter indigener Gemeinschaften vertreten. Sie setzen sich gegen die Zerstörung ihrer angestammten Heimat ein, etwa durch die Abholzung des Regenwalds. Zuvor hatte es einen Marsch durch die Stadt zu den gesundheitlichen Gefahren des Klimawandels mit rund 3.000 Teilnehmenden gegeben.

Deren Organisatoren grenzten sich ausdrücklich von den gewaltsamen Szenen nach Ende ihrer Demo ab. „Die Handlungen, die nach dem Marsch stattfanden, gehören nicht zur Organisation des Ereignisses“, erklärte die beteiligte Organisation 350.org. Dem brasilianischen Nachrichtenportal G1 zufolge sollen zwei Wachleute verletzt worden sein, auf einem Video ist zu sehen, wie ein Wachmann an der Stirn blutet.

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Verschärfte Sicherheitslage in Belém

Als die Sicherheitskräfte die Lage schließlich wieder im Griff hatten, wurde das Gelände vollständig evakuiert und abgeriegelt. Etliche Reinigungskräfte saßen am Abend draußen vor den Toren. Normalerweise ist die bewachte Zeltstadt, vor deren Zufahrt sogar ein großer Panzer aufgefahren ist, auch über Nacht geöffnet, da sich die Verhandlungen teils in die Länge ziehen und Jour­na­lis­t*in­nen aus allen Zeitzonen aus dem Pressezentrum berichten.

Am späten Abend (Ortszeit) hatte sich die Lage wieder beruhigt. Die Zugänge zum COP-Gelände blieben verschlossen, davor bauten sich maskierte Sol­da­t*in­nen und andere Sicherheitskräfte auf. Mehrere Polizeiwagen standen mit Blaulicht vor den Toren. Auf dem Gelände selbst liegt die Sicherheitsverantwortung bei der UN-Polizei.

Unangenehme Fragen für den Gastgeber

Für den Gastgeber Brasilien und die Vereinten Nationen stellen sich mit dem Zwischenfall, wenige Tage bevor aus aller Welt Ministerinnen und Minister für die finale Phase der Verhandlungen anreisen, unangenehme Fragen: Wie konnten die Ak­ti­vis­t*in­nen eindringen? Weshalb hatten sie überhaupt das Gefühl, sich auf diesem Wege Gehör verschaffen zu müssen? Dies dürfte die Konferenz weiter beschäftigen.

Die Konferenzleitung teilte am späten Abend mit, der Haupteingang werde nach den Ereignissen repariert und ab 7 Uhr morgens (Ortszeit, 11 Uhr MEZ) am Mittwoch wieder geöffnet.

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Erstmals seit Jahren findet die UN-Klimakonferenz wieder in einem demokratischen Rechtsstaat statt und nicht wie zuletzt in autoritär regierten Ländern wie Aserbaidschan, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten. Deren repressive Sicherheitsbehörden hatten Demonstrationen und Kundgebungen von Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen rigoros untersagt und nur auf dem abgeschotteten COP-Gelände selbst geduldet, das für die Zeit der Konferenz als UN-Territorium gilt.

Das ist nun in Brasilien anders: Proteste sind auch im Stadtgebiet möglich. Auch zur Halbzeit der Konferenz am Wochenende sind Proteste geplant, flankiert von weiteren „Klimastreiks“ rund um den Globus.

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