CDU im Wahlkampfmodus: Nach A2 kommt A2.2
Die CDU-Spitzenkandidaten werden ungeduldig. Sie wollen in der Flüchtlingspolitik nicht länger auf die EU warten. Die Kanzlerin will schon.
Wie schnell sich Werte im Wahlkampf verändern können, ist bei Julia Klöckner zu lesen: Gefragt, was sie von Kontingenten halte, antwortete sie: „Wie wollen Sie denn Flüchtlinge quotieren, wenn doch der Fluchtgrund das Entscheidende ist?“ So steht es in ihrem Buch „Zutrauen!“, das sie im Oktober veröffentlicht hatte. Inzwischen klingt sie ganz anders.
In einer gemeinsamen Erklärung mit CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf aus Baden-Württemberg schreibt sie nun: „Es ist eine Frage des gesunden Menschenverstands: Wir werden den Zuzug nur regulieren und in den Griff bekommen können, wenn wir ein Steuerungssystem haben.“ Ihr Vorschlag: Kontingente. Weiter heißt es, ohne Asylgrund und Schutzstatus dürfe niemand einreisen. Klöckner und Wolf wollen nicht länger auf eine europäische Lösungen warten.
Das Papier ist ein Alleingang der Wahlkämpfer. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag: „Das sind parteiinterne Überlegungen, die in der Tat auch in der Partei zu diskutieren sind.“ Die Regierung greife den Vorschlag nicht auf. SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte Klöckner: Sie untergrabe die „deutsche Verhandlungsposition und schwächt die Autorität der Bundeskanzlerin“.
Die Forderungen sind ein Aufguss von Klöckners Plan „A2“, in dem sie vor Wochen Grenzzentren forderte. Dort sollen sich Geflüchtete registrieren, bevor sie, je nach Kapazität, verteilt werden. Je weiter weg von der deutschen Grenze sie sich melden, desto größer ist ihre Chance auf eine rasche Verteilung. Wer an den Zentren vorbei einreist, kann keinen Asylantrag stellen.
Die Autoren stellen sich hinter Bundeskanzlerin Merkel, es sei ein „Glücksfall“, „dass unser Land von der Christdemokratin Merkel regiert“ werde. Gegen die SPD schießen sie scharf, etwas milder gegen die Grünen. Diese, heißt es, forderten „Tempo, Entschlossenheit und Lösungen. Selbst liefern sie das Gegenteil.“ Sie verschleppten Entscheidungen.
Klöckner und Wolf geraten unter Druck. In aktuellen Insa-Umfragen, deren Ergebnisse immer auch mit Vorsicht zu genießen sind, verlieren beide an Zustimmung: Klöckner liegt mit 35 Prozent nur zwei Prozentpunkte vor der SPD. Wolf sogar einen halben Prozentpunkt hinter den Grünen, bei 30 Prozent.
Ein Name fehlt unter dem Papier: Reiner Haseloff. Der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident ist ebenfalls im Wahlkampf. Doch das Papier wollte er nicht unterschreiben. Sein Sprecher sagte der taz: „Er ist Ministerpräsident, die sind Oppositionspolitiker.“ Haseloff regiere mit der SPD in einer „guten Koalition“, da brauche man keine Schuldzuweisungen.
In ihrem Buch schrieb Klöckner, Kontingente seien „inhuman“. Heute, nur vier Monate später, schreibt sie mit Koautor Wolf, die Reduzierung von Flüchtlingszahlen führe zu schwierigen Entscheidungen „und auch Leid“. Der Wahlkampf macht direkt.
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