CDU-Parteitag ohne Friedrich Merz: Nachfolger für den Lautsprecher gesucht
Friedrich Merz bleibt dem Parteitag fern. An die Spitze der Wirtschaftliberalen könnte Günther Oettinger treten.
HANNOVER taz Friedrich Merz ist gar nicht mehr gekommen. Aus Protest. Er sei verärgert über die Beschlüsse der großen Koalition zum Post-Mindestlohn, ließ der Exfraktionschef wissen und schwänzte zum ersten Mal seit zwanzig Jahren einen CDU-Parteitag. 2009 will er auch den Bundestag verlassen. Damit wird eine Stelle frei - die des Lautsprechers für den wirtschaftsliberalen Flügel. In Hannover haben sich einige Parteifreunde um die Nachfolge beworben.
Der prominenteste ist Günther Oettinger. Der Ministerpräsident aus Stuttgart hatte in diesem Jahr Probleme. Eines davon war seine Trauerrede nach dem Tod des früheren Ministerpräsidenten und noch früheren NS-Richters Hans Filbinger. Die Kanzlerin hat ihn dafür öffentlich gescholten, das hat Oettinger nicht vergessen. Er hält er sich nicht lang mit Höflichkeitsfloskeln auf. "Zusagen halten wir ein", sagt er über den Kompromiss beim Post-Mindestlohn. "Aber ein Unbehagen bleibt, sehr überzeugend ist das nicht."
9,80 Euro würden Postbedienstete jetzt bekommen, erläutert der Christdemokrat. "Ich frage mich, ob dieser Wert, dieser Betrag sachgerecht ist". Das Beispiel, warnt er, könne Schule machen. Im Bewachungsgewerbe. Oder, noch schlimmer - ein Mindestlohn auf Weinbergen? "Dann kommt der Wein aus Chile und nicht mehr aus Baden-Württemberg."
Auch wenn Oettinger noch ziemlich provinziell wirkt: Bei der Merz-Nachfolge hat er kaum Konkurrenten. Christian Wulff? Spielt lieber den gütigen Landesvater. Roland Koch? Möchte auch erst einmal seine Landtagswahl gewinnen. Die Union, sagt Koch, müsse aufpassen, nicht noch einmal, wie 2005, einen Wahlkampf zu führen, in dem der Eindruck aufkomme, sie lasse die Menschen allein. So bleibt es dem eher unbekannten Flügelmann Josef Schlarmann überlassen, als Einziger eine Rede komplett im Merz-Duktus zu halten. Der Chef der Mittelstandsvereinigung fordert, die Steuern "noch in dieser Legislaturperiode zu senken. Zur Begründung führt er eine interessante Definition der "Mitte" an: "Das sind alle diejenigen, die arbeiten, die Kinder erziehen und die Steuern zahlen." So klar würde sich Merkel nie ausdrücken.
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