Bußgelder für ImpfschleicherInnen: Wohlige Straflust
Der Bußgeldvorschlag der GroKo ist reiner Populismus. Schöner wäre, wenn der Impfbetrieb jetzt tatsächlich auf Hochtouren anliefe.
B is zu 25.000 Euro Bußgeld für Impfschleicherinnen und Impfvordrängler: Als „saftig“ werden solche Strafen gern bezeichnet, wie sie die Koalitionsfraktionen nun offenbar ins Pandemiegesetz schreiben wollen. Das Gefühl von saftiger, wohliger Straflust also soll beim Publikum herausgekitzelt werden.
Aus gutem Grund: Da müssen dringend Emotionen umgelenkt werden. Schließlich haben wir uns dieser Tage damit auseinanderzusetzen, dass und warum die Bundesrepublik den Wettlauf gegen neue Virusmutationen zu verlieren droht. Denn beinahe alle staatlichen Ebenen scheinen bei der Beschaffung und Verteilung der Impfstoffe lieber zu zögern als zu handeln – Hauptsache, jemand anderes übernimmt die Verantwortung.
Kurz gesagt: 25.000 Euro Bußgeld sind Populismus. Natürlich waren die Geschichten hanebüchen, die etwa der Bürgermeister von Halle auftischte, wonach er und ein Trupp weiterer KommunalpolitikerInnen per „Zufallsgenerator“ ausgesucht worden seien, um übrig gebliebene Impfdosen zu verspritzen. Hat der Mann später dann auch zurückgenommen, dieses Erklärangebot. Und es glaubt doch auch niemand, dass die Kommunalfürsten, Bischöfe und sonstigen Honoratioren die Einzigen sind, die sich ihren Impfschuss abgezwackt haben – sie sind nur diejenigen, die verpetzt wurden.
Aus den Bundesländern kommen außerdem Nachrichten von BürgerInnen, die schummeln wollen: Bei der Online-Anmeldung klicken sie die „Berechtigung“ an, aber am Impfzentrum stellt sich heraus, dass sie gar nicht zur berechtigten Gruppe gehören. Das hält den Betrieb auf und kostet im Endeffekt Menschenleben, das sollte diesen Leuten klargemacht werden. Doch auch solche – erwartbaren – Mogeleien erklären nicht das logistische Desaster, das die Bundesländer maßgeblich mitverursacht haben.
Statt mit überhöhten Bußgeldern könnte die Bereitschaft, sich an Regeln zu halten, aber eher durch etwas anderes befördert werden: Man bekäme gern den Eindruck, dass der Impfbetrieb jetzt tatsächlich auf Hochtouren anliefe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Vorschläge für bessere Schulen
Mehr Führerschein wagen