Bußgeld in Dieselaffäre: „Champagnerstrafe“ für Audi
Der Autobauer muss in der Dieselaffäre 800 Millionen Euro Bußgeld zahlen. Das lässt bei Audi Korken knallen, sagt der Chef der Deutschen Umwelthilfe.
Audi habe gegen den Bußgeldbescheid keine Rechtsmittel eingelegt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Sie begründet die Geldbuße mit einer Verletzung der Aufsichtspflicht. Das Bußgeld hat keine Auswirkungen auf die Ermittlungen gegen natürliche Personen. Audi-Chef Rupert Stadler bleibt in Haft. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt wegen der Diesel-Affäre bei Audi derzeit gegen 20 Beschuldigte wegen Betrug, strafbarer Werbung und mittelbarer Falschbeurkundung.
Das Bußgeld besteht aus 5 Millionen Euro für die Ahndung der Ordnungswidrigkeit, die gesetzliche Höchstgrenze. Hinzu kommen 795 Millionen Euro an Gewinnabschöpfung aus dem Betrug. Die Staatsanwaltschaft geht von Manipulationen an rund 5 Millionen Fahrzeugen aus. Das Geld geht an die bayrische Landeskasse. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, fordert, dass das Geld in die Verkehrswende fließt. „Wir brauchen endlich eine ordentliche Finanzspritze für Bus und Bahn, einen Ausbau des Ladenetzes für Elektroautos und Rückenwind für den Radverkehr“, sagte er.
Das gegen Audi verhängte Bußgeld sei symbolisch, sagte DUH-Geschäftsführer Resch. „Das ist ein Geschenk, um das Thema abzuräumen.“ Audi gehöre zu den Pionieren des Abgasskandals. „Strafen sollen abschrecken und wehtun“, sagte er. Das sei nicht der Fall und gelte auch nicht für das Bußgeld in Höhe von 1 Milliarde Euro, das gegen VW verhängt wurde.
Bußgeld pro Auto gefordert
Das sieht die Linkspartei ähnlich. „Die verhängten Bußgelder in Höhe von 800 Millionen Euro kann Audi ohne Probleme aus seiner Portokasse bezahlen“, sagte die Bundestagsabgeordnete Ingrid Remmers. Es sei beschämend, dass sich die Bundesregierung weiterhin weigere, die fälligen Geldbußen wegen illegaler Abschalteinrichtungen zu verhängen.
Sie fordert wie Resch, dass das Kraftfahrtbundesamt von den Autoherstellern ein Bußgeld von 5.000 Euro für jedes betroffene Fahrzeug verlangt. Damit könnten auch die Nachrüstungen finanziert werden, die die Autoindustrie bislang verweigert. Das Bußgeld zu verhängen wäre nach Auffassung von Umweltrechtsexperten rechtlich möglich, weil durch die Abschalteinrichtungen gegen die Vorschriften der Genehmigungsbehörde verstoßen worden ist. Damit könnten auch ausländische Hersteller zur Kasse gebeten werden.
Das Bundesverkehrsministerium hatte sich bislang immer auf den Standpunkt gestellt, es sei rechtlich nicht möglich, dass das Kraftfahrtbundesamt diese Bußgelder verhängt. Laut einem Bericht der Rheinischen Post hat sich das allerdings geändert. Aus einem internen Vermerk des Referats für Straßenverkehrsrechts soll hervorgehen, dass Experten des Ministeriums die Bußgelder für rechtlich möglich halten. Das Ministerium antwortete auf eine Anfrage der taz ausweichend. Das Kraftfahrtbundesamt dürfe nicht tätig werden, wenn die Staatsanwaltschaften ermitteln. „Das gilt so lange, wie die Staatsanwaltschaften dem Bund das Ergebnis der Ermittlungen nicht übermittelt haben“, hieß es.
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