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Bußgeld in Dieselaffäre„Champagnerstrafe“ für Audi

Der Autobauer muss in der Dieselaffäre 800 Millionen Euro Bußgeld zahlen. Das lässt bei Audi Korken knallen, sagt der Chef der Deutschen Umwelthilfe.

Wirklich sauber? Dieselwagen von Audi in Waschanlage Foto: dpa

BERLIN taz | Die Staatsanwaltschaft München hat gegen den Autobauer Audi wegen betrügerischer Abgasmanipulation bei Diesel-Fahrzeugen ein Bußgeld von 800 Millionen Euro verhängt. Diese Summe hält der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, für zu niedrig. „Das ist eine Champagnerstrafe, die in den Vorstandsetagen die Korken knallen lässt“, sagte er. Die DUH hatte den Skandal um den Betrug bei der Abgasmessung mit aufgedeckt.

Audi habe gegen den Bußgeldbescheid keine Rechtsmittel eingelegt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Sie begründet die Geldbuße mit einer Verletzung der Aufsichtspflicht. Das Bußgeld hat keine Auswirkungen auf die Ermittlungen gegen natürliche Personen. Audi-Chef Rupert Stadler bleibt in Haft. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt wegen der Diesel-Affäre bei Audi derzeit gegen 20 Beschuldigte wegen Betrug, strafbarer Werbung und mittelbarer Falschbeurkundung.

Das Bußgeld besteht aus 5 Millionen Euro für die Ahndung der Ordnungswidrigkeit, die gesetzliche Höchstgrenze. Hinzu kommen 795 Millionen Euro an Gewinnabschöpfung aus dem Betrug. Die Staatsanwaltschaft geht von Manipulationen an rund 5 Millionen Fahrzeugen aus. Das Geld geht an die bayrische Landeskasse. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, fordert, dass das Geld in die Verkehrswende fließt. „Wir brauchen endlich eine ordentliche Finanzspritze für Bus und Bahn, einen Ausbau des Ladenetzes für Elektroautos und Rückenwind für den Radverkehr“, sagte er.

Das gegen Audi verhängte Bußgeld sei symbolisch, sagte DUH-Geschäftsführer Resch. „Das ist ein Geschenk, um das Thema abzuräumen.“ Audi gehöre zu den Pionieren des Abgasskandals. „Strafen sollen abschrecken und wehtun“, sagte er. Das sei nicht der Fall und gelte auch nicht für das Bußgeld in Höhe von 1 Milliarde Euro, das gegen VW verhängt wurde.

Bußgeld pro Auto gefordert

Das sieht die Linkspartei ähnlich. „Die verhängten Bußgelder in Höhe von 800 Millionen Euro kann Audi ohne Probleme aus seiner Portokasse bezahlen“, sagte die Bundestagsabgeordnete Ingrid Remmers. Es sei beschämend, dass sich die Bundesregierung weiterhin weigere, die fälligen Geldbußen wegen illegaler Abschalteinrichtungen zu verhängen.

Sie fordert wie Resch, dass das Kraftfahrtbundesamt von den Autoherstellern ein Bußgeld von 5.000 Euro für jedes betroffene Fahrzeug verlangt. Damit könnten auch die Nachrüstungen finanziert werden, die die Autoindustrie bislang verweigert. Das Bußgeld zu verhängen wäre nach Auffassung von Umweltrechtsexperten rechtlich möglich, weil durch die Abschalteinrichtungen gegen die Vorschriften der Genehmigungsbehörde verstoßen worden ist. Damit könnten auch ausländische Hersteller zur Kasse gebeten werden.

Das Bundesverkehrsministerium hatte sich bislang immer auf den Standpunkt gestellt, es sei rechtlich nicht möglich, dass das Kraftfahrtbundesamt diese Bußgelder verhängt. Laut einem Bericht der Rheinischen Post hat sich das allerdings geändert. Aus einem internen Vermerk des Referats für Straßenverkehrsrechts soll hervorgehen, dass Experten des Ministeriums die Bußgelder für rechtlich möglich halten. Das Ministerium antwortete auf eine Anfrage der taz ausweichend. Das Kraftfahrtbundesamt dürfe nicht tätig werden, wenn die Staatsanwaltschaften ermitteln. „Das gilt so lange, wie die Staatsanwaltschaften dem Bund das Ergebnis der Ermittlungen nicht übermittelt haben“, hieß es.

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7 Kommentare

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  • M. W. sind diese 800 Millionen nicht einmal sieben Prozent vom Gewinn…

  • Deutsche Umwelthilfe.



    Für mich eine neuer, erstarkender durchaus kritisch zu sehender "Player", der sich selbst als einziges schützenwertes Objekt sieht, denn die leben immer noch von Abmahnungen, von 300 Mitgliedern sicher nicht.

    Leider führt der Name m. E. total in die Irre und ist m. E. einfach nur ein Geschäftsmodell, das mehr oder weniger geschickt Gesetzeslücken|-texte ausnutzt. Traurig, dass das wieder nur ein "Mauschel"-Club sein dürfte, um die Interessen wieder der falschen zu stützen.



    Da bin ich ganz bei nzuli sana: Sammeltaxis und Fahrrad.



    Ich glaube ja, Menschen können sogar zu Fuß gehen!

    • @Frau Kirschgrün:

      "ein Geschäftsmodell, das [...] Gesetzeslücken [...] ausnutzt" ist die DUH sicherlich nicht. Im Gegenteil zwingt sie des Öfteren größere und mächtigere "Player" dazu, Gesetzestexte und Kleingedrucktes genau einzuhalten. Sie deckt damit Verstöße auf, die



      1) ... andere aufgrund von Kenntnismangel nicht erkennen,



      2) ... andere nicht beklagen können aufgrund von Finanzmittel-/Kompetenzmangel,



      3) ... in vielen Bereichen Ökosystem und Umwelt schädigen.

      Dass diese Organisation sich finanzieren muss, ist klar. Dass dies zu etwa 30 % durch die berechtigten Abmahnungen geschieht, gehört zum Geschäftsmodell dieses gemeinnützigen Vereins, ist aber dadurch m. E. nicht falsch. Kritisch muss sicherlich die Finanzierung durch Spenden von z. T. größeren Konzernen beobachtet werden. Wenn Sie jedoch in den letzten Jahren die Prozesse der DUH verfolgt haben, müssten Sie wissen, dass ein derartiger "Player" für Umwelt- und Verbraucherschutz immens wichtig ist.

      • @Mio TM:

        Nein, da bin ich nicht Ihrer Meinung.

        Der Zweck heiligt die Mittel m. E. keinesfalls.

        In dem Moment, in dem sich die m. E. "so genannte" Deutsche Umwelthilfe mit genau diesen "größeren Konzernen" anlegt, und für Gerechtigkeit bei den "Großen" sorgt, die Umweltschutzziele auch dort durchsetzt, und Steuer"Gestaltung" dieser "Großen" unterbindet, haben Sie meine Zustimmung. Aber erst dann.

        M. W. mahnt die oben genannte aber hauptsächlich mittlere und kleinere Unternehmen ab.

        In meinen Augen wird hier mit der Behauptung der notwendigen Bestrafung von "Tätern" ein sicheres Geldbeschaffungssystem betrieben, bei dem die wirklich großen Konzerne und Herrschenden nicht angegangen werden.



        Vielleicht, weil eine Krähe der anderen kein Auge aushackt?…



        Vielleicht weil von den "Großen" "Spenden" kommen?



        -----



        Honi soit qui mal y pense.

        Und zum Klagen gegen Umweltsünder oder sonstige (Klein)Kriminelle gibt es Staatsanwälte und echte Umweltorganisationen, die das auch tun und nicht von Abmahnungen als Geschäftsmodell leben (wollen).

  • Wann lassen sich Audi, VW und Co zur Wahl aufstellen. Dann weis man wenigstens von vorne herein was man für Arschlöcher wählt.

  • Sammeltaxis! Keine Autos mehr kaufen!

  • "Diese Summe hält der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, für zu niedrig. „Das ist eine Champagnerstrafe, die in den Vorstandsetagen die Korken knallen lässt“, sagte er."

    Da hat er sogar Recht. Und außerdem knallen im Augenblick auch die Korken in den Konzernzentralen von, hauptsächlich, Toyota.

    Haben sie doch die DUH, einen "Verein" mit kaum mehr als 300 Mitgliedern üppig gesponsort, damit dieser seine teuren Klagen gegen die Diesel Technologie führen kann.

    Toyota, und so manch anderen freuts: "Wir können zwar nicht mit der Dieseltechnik mitthalten, aber da diese Technik nun vom Markt verschwinden wird bleibt den Konsumenten nichts anderes übrig als unsere Antriebstechnologien zu kaufen."

    Zu kurz gedacht. Wenn es keine Hersteller von Diesel und, als nächster logischer Schritt, Benzinern mehr gibt wird das nächste Ziel der DUH jede andere Antriebstechnik sein. Egal ob Hybrid, wo Toyota gerade die Speerspitze des technisch möglichen markiert, aber auch nicht ohne Emissionen auskommt, oder reine E-Fahrzeuge, die aber teure, schwere, giftige und nicht mit einer vernünftigen CO2 Bilanz herzustellenden Batterien enthalten: die, sogenannte, "deutsche Umwelthilfe" wird zweifellos dagegen vorgehen - nur diesmal von anderen Interessenverbänden gesponsort.

    Man kann VW, Audi usw. zu Recht viel vorwerfen. Ihre Abgasmanipulationen gingen weit über ein "wir tricksen mal den Prüfstand aus" hinaus. Aber bei aller Unfähigkeit muss man ihnen doch eines zugestehen: Anders als ihre Konkurrenten haben sie ihre Henker nicht aus der eigenen Tasche bezahlt.