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Burgerskandal in GroßbritannienGaul auf Pappe

In Großbritannien und Irland sind, obwohl anders gekennzeichnet, mit Pferdefleisch versetzte Hamburger verkauft worden. Auch Aldi und Lidl sind betroffen.

Irischer Fleischschlamassel: Rind stand drauf, Pferd und Schwein waren aber auch drin. Bild: kallejipp/photocase.com

DUBLIN taz | Nach dem Burgerskandal der Supermarkt-Kette Tesco sind Hamburger in Großbritannien und Irland vorerst vom Speiseplan gestrichen. Bis zu 29 Prozent Pferdefleisch fand die irische Lebensmittelaufsicht in den tiefgefrorenen Rindfleischklopsen, Schweinefleisch war auch darin.

In geringerem Maß kontaminierte Burger wurden auch bei Lidl, Aldi und Iceland in Großbritannien und Irland gefunden. Die vier Supermärkte haben nun sämtliche gefrorenen Rindfleischprodukte aus dem Verkehr gezogen. Andere Supermarktketten, die nicht betroffen waren, folgten dem Beispiel vorsichtshalber, um einen Fleischboykott wie zu Zeiten des Rinderwahns in den neunziger Jahren und des Dioxin-Schweinefleischs 2008 zu verhindern.

Die irische Behörde für Lebensmittelkontrolle erklärte, ihre Untersuchungs-ergebnisse seien in Labors in Deutschland verifiziert worden. Man habe Produkte zum ersten Mal auf Pferdefleisch untersucht, da es kein Gesundheitsrisiko darstelle. Vermutlich wurden die Pferdeburger also bereits seit Jahren in den Supermärkten verkauft.

Die Regierungen in London und Dublin haben eine europaweite Untersuchung eingeleitet, um herauszufinden, wo das Fleisch herkam. Die betroffenen Supermärkte müssen bis Freitag erklären, was ihrer Meinung nach schief gelaufen ist. Der konservative britische Premierminister David Cameron betonte schon mal, die Einzelhändler seien dafür verantwortlich, „was sie verkaufen und wo es herkommt“.

Fleischskandal in den 90ern

Die gefrorenen Burger stammten von der Firma Silvercrest Foods in Dublin und Dalepak Foods in Yorkshire. Der Direktor von Silvercrest Foods ist Larry Goodman, der in den neunziger Jahren in einen Fleischskandal verwickelt war, der den längsten und teuersten Prozess in der irischen Geschichte nach sich zog.

Goodman war damals der größte Fleischexporteur Europas, seine Umsätze machten fünf Prozent des irischen Bruttosozialprodukts aus. Weil er den konservativen Parteien finanziell kräftig unter die Arme griff, gewährte ihm die Regierung im Gegensatz zu seinen Konkurrenten staatliche Exportkredit-versicherungen im Wert von mehreren hundert Millionen Euro. Am Ende mussten die irischen Steuerzahler dafür geradestehen, und Goodman bekam den Spitznamen „Dirty Larry“.

Im Pferdefleischskandal weist Goodmans Firma jede Schuld von sich: Das angebliche Rindfleisch stamme aus Spanien und den Niederlanden. Tesco hat sich in einer Reihe von britischen Zeitungen auf ganzseitigen Anzeigen bei den Konsumenten entschuldigt und ihnen versprochen, den Kaufpreis zu erstatten.

Drittgrößte Kette der Welt

Tesco ist nach Walmart und Carrefour die drittgrößte Supermarktkette der Welt mit Niederlassungen in Osteuropa, Frankreich, Asien, den USA und vor allem in Irland und Großbritannien. Jedes achte Pfund, das in Großbritannien ausgegeben wird, fließt in die Kassen von Tesco. Das Unternehmen macht jede Stunde einen Umsatz von über 200.000 Pfund und seine 250.000 Angestellten erwirtschaften rund 2,6 Prozent des britischen Bruttosozialprodukts.

Längst beschränkt sich das Unternehmen nicht mehr auf Lebensmittel. Kleidung, Elektrogeräte und Benzin gehören ebenso zum Angebot wie eine Filmproduktion, ein Plattenlabel, eine Telefongesellschaft, eine Bank und eine Telefonauskunft. Seit Ende der neunziger Jahre hat Tesco Tausende kleiner Läden in den Vororten britischer Städte aufgekauft und so lokale Geschäfte verdrängt.

Update, 17.01.2013, 17.13 Uhr: Burger King hat am späten Donnerstag-nachmittag bekannt gegeben, dass es seine Burger von demselben Lieferanten (Silvercrest) bezieht, aber nicht von dem Skandal betroffen sei, wie Sivercrest ihnen versichert habe. (RASO)

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10 Kommentare

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  • P
    Pappschnecke

    Was ist eigentlich mit der Pappe im Burger ? Ist die wenigstens echt ?

  • E
    Elena

    Während der Gedanke ganz unerwartet in einen Pferdeburger zu beißen, die ganze Bevölkerung schockiert, frage ich mich wie viele Gedanken sich die Menschen um all die anderen Tiere, wie Schweine, Hühner oder Kühe, machen, die jeden Tag für Fleisch getötet werden.

    Menschen lehnen Pferdefleisch ab, weil sie Ponys liebeswert finden und sie ihnen sehr nahe stehen. Aber Lämmer, Schweine, Hühner und andere Tiere werden ohne Wimpernzucken und ohne ihren Qualen Beachtung zu schenken getötet.

    Man könnte sich fragen, wieso mache Tiere umsorgt und geschützt werden, die anderen jedoch ohne einen Gedanken zu verschwenden so schrecklich zu misshandeln und zu töten. Als Tierfreund schockiert mich das sehr und ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich dazu entschließen kein Fleisch mehr zu essen. Die Tierrechtsorganisation PETA bietet hierfür unter Veganstart.de eine tolle Einstiegshilfe und Hintergrundinformationen an.

  • E
    Elena

    Während der Gedanke ganz unerwartet in einen Pferdeburger zu beißen, die ganze Bevölkerung schockiert, frage ich mich wie viele Gedanken sich die Menschen um all die anderen Tiere, wie Schweine, Hühner oder Kühe, machen, die jeden Tag für Fleisch getötet werden.

    Menschen lehnen Pferdefleisch ab, weil sie Ponys liebeswert finden und sie ihnen sehr nahe stehen. Aber Lämmer, Schweine, Hühner und andere Tiere werden ohne Wimpernzucken und ohne ihren Qualen Beachtung zu schenken getötet.

    Man könnte sich fragen, wieso mache Tiere umsorgt und geschützt werden, die anderen jedoch ohne einen Gedanken zu verschwenden so schrecklich zu misshandeln und zu töten. Als Tierfreund schockiert mich das sehr und ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich dazu entschließen kein Fleisch mehr zu essen. Die Tierrechtsorganisation PETA bietet hierfür unter Veganstart.de eine tolle Einstiegshilfe und Hintergrundinformationen an.

  • F
    FMH

    Ist schon erstaunlich, wie ein solches Thema vielen Kommentatoren hier die gelegenheit zu bieten scheint, sich als etwas Besseres als ihre Mitmenschen zu fühlen.

     

    Meine Ansicht ist sowieso: Wer bei Nebenprodukten der Fleischverarbeitung von "Schlachtabfällen" spricht und sich (als nicht-Vegetarier) davor ekelt, sollte seine Ansicht noch einmal überdenken. Der Skandal hier ist, dass nicht drin war, was drin sein sollte, nicht mehr und nicht weniger.

  • Q
    quer-ulantin

    "Der Direktor von Silvercrest Foods ist Larry Goodman, der in den neunziger Jahren in einen Fleischskandal verwickelt war, der den längsten und teuersten Prozess in der irischen Geschichte nach sich zog."

     

    GOODMAN - klasse, dieser Name baut gleich einen Vertrauensvorschuss auf!

     

    Verbrechen scheinen sich wirklich zu lohnen - sie müssen nur groß genug sein in Verbindung mit den richtigen Parteien!

     

    Aber der good man hat sich bestimmt von Saulus zum Paulus gewandelt, wo er doch jetzt jede Schuld von sich weist ;-)

  • GF
    Geschmacksnerven flöttöten

    @ Andreas:

    "Als ob Fast-Food-Kunden da einen Unterschied schmecken würden ..."

     

    Ich behaupte:

    Fast-Food-Kunden haben gar keinen Essens-Geschmack.

    Mac Doof-Essen schmeckt immer gleich doof..

    Eben us-amerikanische Unkultur.

  • D
    Delikatesse

    @Andreas

    Der Skandal besteht darin, daß nicht das drin ist was drauf steht!

    Wenn ich Rindergehacktes kaufe, sollte Rind drin sein und weder Pferd, noch Esel oder Schwein!

  • D
    dudeneater

    In Zeiten des sms-getriebenen Freischrieb fehlt hier wohl …?

    Exportkredit-versicherungen

    Untersuchungs-ergebnisse

    Donnerstag-nachmittag

    Für Korrektursoftware zahl' ich gerne!

  • W
    Wasenmeister

    Alter Hut.

    Wer sich solch gehäckseltes Tier, dazu zählt alles, in den Mund nimmt, hat selbst schuld.

    Aufgrund der europaweiten Armut können Engländer ihre Pferde nicht mehr finanzieren. Sie werden häufig eingeschläfert oder einfach frei gelassen.

     

    Als England den BSE Skandal hatte, erhielten sie zig Milliarden aus der EU für die fachgerechte Vernichtung der BSE verseuchten Rinder.

    Real kamen diese verseuchten Rinder über dubiose Wege England-Holland-Belgien auf den deutschen und europäischen Teller.

     

    England und Lebensmittel... absolut ekelerregend deren industrielle Herstellung.

    Es hat sein Grund warum ein bestimmtes Getränk über England die Zulassung erhielt und europaweit verbreitet wurde.

    Engl. Nuss-Nougatcreme wie J. Bublath einmal Fernsehreif darstellte, aus Hühnerfeder-/Füße etc.

     

    Über den Gelatine Rohstoffe zur Herstellung dieser niedlich kleinen Bärchen die der Schleichwerbungsstar aus dem ZDF bewirbt.... mir wird spei übel.

    Wie können Eltern ihren Kindern so etwas antuen?

     

    Was meinen sie wo die ganzen Fleischabfälle der Wasenmeister enden wenn Föten in Schönheitscrems landen?

    Woraus besteht Katzenfutter?

  • A
    Andreas

    Ich verstehe die Aufregung nicht. Ob man nun eine Kuh tötet, durch den Fleischwolf dreht, daraus Buletten presst und diese verspeist, oder ein Pferd, macht doch kaum einen Unterschied. Als ob Fast-Food-Kunden da einen Unterschied schmecken würden …