Burger King St. Petersburg präsentiert: Hoden-Burger à la Pawlenski
Burger King in St. Petersburg bringt eine limitierte Sonderedition heraus. Inspiriert ausgerechnet von staatskritischer Performance-Kunst.
Der Zeitpunkt ist gut gewählt – der 32-jährige Pawlenski wurde im Juni in einem aufsehen erregenden Gerichtsprozess wegen „mutwilliger Beschädigung eines Kulturguts“ überraschend nur zu einer Geldstrafe verurteilt, nachdem er im November 2015 aus Protest gegen staatliche Willkür eine Tür der Zentrale des russischen Geheimdienstes FSB in Brand gesteckt hatte.
Sein Wunsch, wegen Terrorismus verurteilt zu werden – so wie es der russische Staat mit dem ukrainische Filmemacher Oleg Sentsow machte, der das Büro einer prorussischen Partei auf der annektierten Krim in Brand gesetzt hatte – wurde ihm nicht erfüllt. Publicity bekam er dennoch.
Bekannt wurde der Künstler vor allem wegen dieser Aktion: 2013 hatte er seine Hoden in Sichtweite des Kreml auf den Roten Platz genagelt – als Statement gegen „politische Apathie“ und korrupte Polizisten. Aus Protest gegen die Inhaftierung von Pussy Riot nähte er sich 2012 die Lippen zu, in Sankt Petersburg legte er sich nackt in eine Rolle Nato-Draht, und so weiter.
In „essbarem Stacheldraht“ serviert
Warum der Petersburger Burger King ausgerechnet diesen zweifelhaften Werbebotschafter entschieden hat? Weil er ein bekannter Sohn der Stadt sei, hieß es. Und wie kann man nun aus den komplexen und blutigen Performances Burger machen?
Nun, einer soll in „essbarem Stacheldraht“ serviert werden, erklärte Burger King gegenüber dem russischen Kommersant, einer mit verkohlter Unterseite, einer „teilweise zugenäht“ und einer – tata! -, auf dem ein Ei mit einem Plastiknagel aufgespießt ist.
Pjotr Pawlenski bekam zuletzt sehr viel internationale Unterstützung. Diesen für Russland eher ungewöhnlichen Fame machte sich nun Burger King zu Nutze – die Kette verkündete, mithilfe der Pawlenski-Burger solle die „Kultur zu den Massen“ gebracht werden – eine klare Anspielung auf die Sowjetzeit.
Für die Kette mag das ein Marketinggag sein, für den Kreml aber ist es eine unschöne Geschichte: Er fürchtet Pawlenskis Popularität genauso wie seine Geschmacklosigkeit.
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