Bundesweiter Wohnungsneubau: Ampelkoalition verfehlt Ziel
Noch immer wird zu wenig Wohnraum geschaffen in Deutschland. Die Zahl der neugebauten Wohnungen ist nur minimal gestiegen.
Daher sei der leichte Anstieg „kein Grund zum Jubeln“, kommentierte der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, die Entwicklung. „Die Zielverfehlung ist umso tragischer, als dass die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in den kommenden Jahren abnehmen dürfte, vor allem aufgrund der zuletzt massiv gestiegenen Zinsen.“ Gleichzeitig habe sich der Bedarf durch die Aufnahme ukrainischer Kriegsgeflüchteter noch einmal erhöht. Wolle die Bundesregierung die Wohnungsnot in Ballungsgebieten ernsthaft angehen, müsse sie jetzt massiv mehr Mittel bereitstellen – insbesondere für den öffentlichen Wohnungsbau.
Verzögerungen in der Baubranche
Der leichte Anstieg zeige, „dass viele Bauherrinnen und Bauherren ihre Vorhaben trotz Lieferengpässen und Fachkräftemangel sowie deutlichen Preissteigerungen abschließen konnten“, so das Statistikamt. „Allerdings hat sich der Abschluss teilweise verzögert.“ So hat sich die Zeit von der Genehmigungserteilung bis zur Fertigstellung seit der Störung globaler Lieferketten durch Ausbruch der Coronapandemie um etwa zwei auf 22 Monate verlängert.
Die Baugenehmigungen für Wohnungen gingen spürbar zurück: Deren Zahl sank im vergangenen Jahr um 7,0 Prozent auf 354.200. Sie lag damit aber weiter über den Baufertigstellungen. Dies führte zu einem Überhang von genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen von insgesamt 884.800 – ein Plus von 38.400 im Vergleich zu 2021. Der seit 2008 anhaltende Anstieg des Bauüberhangs setzte sich damit „etwas abgeschwächt fort“, hieß es. 2021 lag das Plus noch bei 67.000 Wohnungen.
„Der verlangsamte Zuwachs des Bauüberhangs dürfte zum Teil an der gestiegenen Zahl erloschener Baugenehmigungen liegen, bei denen in der Regel die mehrjährige Gültigkeitsdauer abgelaufen ist“, hieß es. Diese fließen in die Berechnung nicht mehr ein und haben im vergangenen Jahr mit 22.800 den höchsten Stand seit 2006 erreicht. Daher müsse sich auch ein Überhang in Form nicht abgearbeiteter Baugenehmigungen nicht zwingend tatsächlich in höherer Bauaktivität niederschlage, sagte Ökonom Dullien.
Die Zahl der neuen Einfamilienhäuser sank im vergangenen Jahr um 1,5 Prozent auf 77.100. Bei Zweifamilienhäusern gab es dagegen einen Anstieg von 14,1 Prozent auf 23.000 Wohnungen, bei Mehrfamilienhäusern wurde eine Zunahme von 1,5 Prozent auf 150.200 gemeldet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern