piwik no script img

Bundesweite Corona-Studie34.000 Antikörper-Tests geplant

Es ist die erste bundesweite Studie dieser Art: Forscher wollen herausfinden, wie viele Deutsche eine Corona-Infektion schon überstanden haben.

Blutproben in einem Labor für Infektionsforschung Foto: Marijan Murat/dpa

Berlin taz | Wie viele Menschen in Deutschland haben bereits eine Infektion mit dem Coronavirus durchgemacht? Wie hoch ist die Dunkelziffer, also die Zahl bislang unentdeckter Infektionen, und welche Bevölkerungsgruppen erkranken besonders häufig an Covid-19? Diesen Fragen gehen das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ab sofort gemeinsam nach: In einer groß angelegten, bundesweiten Studie namens „Leben in Deutschland – Corona-Monitoring“.

Die Studie, an der 34.000 Erwachsene teilnehmen sollen, starte Anfang Oktober und werde bis voraussichtlich Ende Dezember 2020 Proben und Forschungsdaten von Menschen in ganz Deutschland erheben, teilten das RKI und das DIW am Donnerstag mit. Erstmals, so das Ziel der Untersuchung, werden damit in einigen Monaten aussagekräftige Ergebnisse zum Antikörperstatus für ganz Deutschland vorliegen.

Bislang gibt es hierzu nur Daten aus einzelnen regionalen Studien, die das RKI in den vergangenen Monaten in mehreren so genannten Corona-Hotspot-Gemeinden durchgeführt hatte, etwa im baden-württembergischen Kupferzell. Unklar ist bisher auch, wie lange eine Immunität gegen das Virus nach der Bildung von Antikörpern anhält.

Grundlage für die neue Studie, so das RKI und das DIW, ist das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) am DIW. 34.000 Erwachsene würden demnächst angeschrieben, die Teilnahme sei freiwillig. Das Programm beinhaltet einen Mund-Nase-Abstrich, um eine etwaige aktuelle Infektion festzustellen, sowie die Entnahme einer kleinen Menge Blut aus dem Finger, um das Blut auf vorhandene Antikörper zu untersuchen. Die Teilnehmer erhielten entsprechende Testkits per Post. Außerdem sollen sie einen Fragebogen beantworten – unter anderem zu klinischen Symptomen, Vorerkrankungen und ihrem persönlichen Gesundheitsverhalten.

Abstriche und Blutproben würden sodann in den RKI-Laboren untersucht; im Fall einer aktuellen Infektion würden die Betroffenen umgehend informiert. Die übrigen Probanden sollen ihre Testergebnisse nach spätestens sechs Wochen mit der Post erhalten.

„Die Studie ermöglicht uns beispielsweise eine Einschätzung, wie soziale Lage und Lebensbedingungen der Menschen und das Sars-CoV-2-Infektionsrisiko zusammenhängen“, sagte der RKI-Präsident Lothar Wieler. Die Informationen aus dem Corona-Monitoring ließen sich zudem mit den regulären SOEP-Befragungsdaten verknüpfen, erklärte Stefan Liebig, Leiter des SOEP am DIW Berlin. So könnten auch die langfristigen Folgen der Corona-Infektionen in Deutschland beobachtet werden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Wo wir von Antikörperstudien reden:

    Streecks "Heinsberg-Studie" ist offenbar immer noch nicht auf Veröffentlichungsqualität gebracht. Ich finde weiterhin nur den Preprint auf medarxiv.

    Wäre der Mann Postdoc, hätte er längst seine Kündigung im Briefkasten und eine Untersuchungskommission am Hals.

    Stattdessen paradiert die CDU ihn durch die Presse, um zu verkünden, dass alles viel harmloser ist als der Rest der Welt meint.

    • @Ajuga:

      Es ist sogar alles viel harmloser als die Heinsberg-Studie suggeriert, da man mittlerweile weiß, dass etwa die Hälfte der Infizierten überhaupt keine Antikörper bildet, jede AK-Studie also die Lethalität von vornherein systematisch um einen Faktor 2 überschätzt:



      www.biorxiv.org/co...020.06.29.174888v1



      (gleiche Beobachtungen in Neustadt am Rennsteig durch Uni jena)

      Weiterhin war Heinsberg einer der ersten Ausbruchsherde in Deutschland und zu dieser Zeit das Virus für die behandelnden Ärzte noch eine Blackbox. Heute können viel mehr schwere Fälle gerettet werden als noch zu Anfang des Jahres.

      Eine deutschlandweite Antikörperstudie wurde seit April gefordert und immer mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass die Fehlerquote höher liege als die (unbekannte!) Zahl der Infizierten...

      Jetzt ein halbes Jahr später beginnt man aber eine solche Studie, obwohl alls darauf hindeutet, dass die Antikörperkonzentration im Blut innerhalb von Wochen oder Monaten wieder abnimmt und bei vielen Menschen bereits vorhandene Antikörper wohl nicht mehr detektierbar sind. Chapeau!

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Ich hoffe es wird Aufschlussreich und es werden dadurch mehr Lösungen gefunden.



    So langsam wird Corona echt nervig

    • @15833 (Profil gelöscht):

      siehe oben, aufschlussreich wäre eine solche Studie zeitnah nach der ersten Sars-CoV2-Welle gewesen, sinnvoll interpretierbare Ergebnisse sind vermutlich jetzt nicht mehr zu erwarten