Bundeswehreinsatz in Mali: Berlin bläst zum Rückzug
Deutsche Soldat*innen sollen Mali verlassen. Vorerst. Das könnte massive Folgen für die ganze UN-Friedensmission Minusma haben.
Verschiedene Entscheidungen der Übergangsregierung von General Aissimi Goïta hatten die Arbeit der Bundeswehr zunehmend erschwert. 2020 hatte Goïta mit einer Gruppe Soldaten den mittlerweile verstorbenen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta abgesetzt; Wahlen sind erst für das Jahr 2024 geplant.
Entgegen anderer Zusagen waren die Überflugrechte verweigert worden, obwohl diese notwendig sind, um Personal turnusmäßig auszutauschen. „Auch ist der Sonderbereich des Flughafens, wo deutsche Soldat*innen untergebracht wurden, geschlossen worden“, so Klatt.
Es sei „eine frustrierende Mitteilung“, kommentierte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums die Entscheidung. Erst am Donnerstag hatte es ein Gespräch zwischen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und ihrem malischen Amtskollegen Sadio Camara gegeben. Anfang der Woche war eine Delegation des Auswärtigen Amts nach Bamako gereist.
Zuständig fürs Krankenhaus
Auch wenn damit die Mission nicht beendet ist, kann das gravierende Folgen haben. Deutschland ist mit bis zu 1400 Soldat*innen der größte Truppensteller der 2013 geschaffenen UN-Friedensmission Minusma. Die Bundeswehr ist zuständig für das Krankenhaus in Gao, dem Standort der Minusma. Ist sie nicht mehr da, könne das Auswirkungen auf die Funktionalität der gesamten Mission haben, so Klatt.
„Es geht nicht nur um die eigenen Soldat*innen, sondern um die Umsetzungsmöglichkeiten der Mission und die Verantwortung gegenüber den europäischen Partner*innen, der malischen Bevölkerung sowie anderen beteiligten Ländern.“
Kritiker*innen werfen der Minusma gern Erfolglosigkeit vor. Tatsächlich sind Städte wie Gao und Timbuktu aber wieder sicherer geworden. Das ändert sich jetzt jedoch wieder. Gerade sind in der Region Gao 42 malische Soldat*innen ums Leben gekommen. „Der Verfolgungsdruck durch die Franzosen ist weg“, sagt Ulf Laessing, Leiter des in Bamako ansässigen Regionalprogramms Sahel der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Das kann bedeuten, dass sich Terrorgruppen künftig leichter in Richtung Süden ausbreiten.
Die Militärmissionen haben jedoch auch einen großen sozialen Faktor: „Die UN-Operation im Norden ist ein riesiges Beschäftigungsprogramm“, sagt Laessing. Die Missionen würden Tausende Menschen direkt beschäftigen. Darin hingen auch westliche Entwicklungsorganisationen wie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Französische Entwicklungsagentur (AFD) – ebenfalls große Arbeitgeber.
In Mali ist eine andere Allianz Thema: Russische Wagner-Söldner sind seit Monaten im Land. Laut Medienberichten haben Goïta und Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert. Das Bündnis soll ausgebaut werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich