Bundeswehr soll größer werden: Hubschrauber bleiben in Tegel
Die Bundeswehr stoppt die Umwandlung von Militärstandorten, auch am Ex-Flughafen Tegel will sie bleiben. Bauprojekte sollen aber nicht tangiert sein.
 
taz | Die Bundeswehr soll wieder wachsen, darum werden langjährige Pläne zur Umwandlung von militärisch genutzten Liegenschaften in eine zivile Nachnutzung (Konversion) bis auf Weiteres gestoppt. Auch die Übergabe eines Areals am ehemaligen Flughafen Tegel an Berlin verzögert sich nun um mindestens 20 Jahre.
"Die Bundeswehr hat aufgrund der Sicherheitslage und des notwendigen Aufwuchses der Streitkräfte das Land Berlin informiert, dass aus heutiger Sicht die Liegenschaft Tegel Nord noch bis in die 2040er Jahre teilweise vom Militär genutzt werden muss", sagte Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Senstadt), am Dienstag der taz. Die großen Bauvorhaben an verschiedenen Stellen des Geländes sind davon aber nicht tangiert.
Das Bundesverteidigungsministerium hatte am Montagabend erklärt, dass es die Umwandlung von bundesweit 187 militärisch genutzten Liegenschaften für zivile Zwecke aussetzt. Betroffen sind zudem 13 weitere Objekte, die die Bundeswehr derzeit betreibt - wozu auch Teile des Flughafens Tegel gehören. All diese Orte würde der „strategischen Liegenschaftsreserve der Bundeswehr“ zugeführt, weil sie "aufgrund militärischer Eignung von der Bundeswehr in den kommenden Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit genutzt werden können", heißt es in der Mitteilung.
Auf dem sogenannten Areal Tegel Nord, nach Angaben der Finanzverwaltung etwa 60 Hektar groß, ist seit den 90er Jahren die Hubschrauber-Staffel der Bundeswehr stationiert. Ursprünglich sollte sie bis 2029 in Tegel bleiben und dann zum BER umziehen, wo der überwiegende Teil der Flugbereitschaft der Bundeswehr, die Regierungsmitglieder und Abgeordnete durch die Welt fliegt, bereits seit 2020 stationiert ist.
Früherer Auszug hinfällig
Anfang diesen Jahres hatte der Senat erklärt, mit der Bundeswehr über einen früheren Auszug zu verhandeln, damit dort eine Flüchtlingsunterkunft für 2.000 bis 3.000 Menschen entstehen kann. Diese Pläne sind offenbar recht weit gediehen, die Bundeswehr hat schon mit dem Auszug aus Tegel begonnen, wie die Reinickendorfer Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wagner (CDU) vor etwa einem Monat auf Instagram schrieb.
 
Doch obwohl die Bundeswehr ihren Tegel-Standort nun weiter nutzen will, könne Berlin einen Teil des Areals "zeitnah übernehmen, etwa für Zwecke der Flüchtlingsunterbringung", sagte Pallgen. Auch die geplante Rettungsakademie der Berliner Feuerwehr sei nicht betroffen, stellte er klar.
Insbesondere Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) dürfte damit ein mittelgroßer Stein vom Herzen fallen, denn die geplante Gemeinschaftsunterkunft wird dringend gebraucht. Baubeginn soll im ersten Quartal 2026 sein. Ob sich dieser knappe Zeitplan nun einhalten lässt, ist allerdings offen. Eine entsprechende Nachfrage bei der Senstadt wurde bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.
Die geplante Flüchtlingsunterkunft hat nichts zu tun mit Deutschlands größter und umstrittenster Notunterkunft in zeltartigen Leichtbauhallen neben dem früheren Terminal C. Diese wird bis Jahresende geschlossen, an ihrer Stelle soll ein kleineres Ankunftszentrum für Asylbewerber in Containerbauweise entstehen.
Senatsprojekte nicht gefährdet
Auch auf das geplante Schumacher-Quartier mit mehreren tausend Wohnungen sowie die "Urban Tech Republic", ein Großprojekt für Forschung und Technologie, das bis zu 20.000 Arbeitsplätze bringen soll, hätten die Bundeswehr-Pläne keine Auswirkungen, erklärte Alexander Möller, Sprecher der Tegel Projekt GmbH, am Dienstag auf taz-Anfrage. Der Grund und Boden, auf dem diese Vorhaben entstehen sollen, gehört zu 100 Prozent der Tegel Projekt, die wiederum eine "Tochter" des Landes Berlin ist. Der Sprecher von Senstadt bestätigte dies und erwähnte auch die Berliner Hochschule für Technik (BHT), die ebenfalls nicht betroffen sei.
Für Berlin scheint also die Vergrößerung der Bundeswehr keine unmittelbaren Konsequenzen zu haben - andernorts mag dies sehr wohl der Fall sein. „Wir sind uns der Tragweite der Entscheidung sehr bewusst und wissen, dass in vielen Fällen bereits Planungen bestehen, betroffene Flächen zivil zu nutzen“, sagte Nils Hilmer, Staatssekretär im Verteidigungsministerium. „Wo immer dies möglich ist, werden wir versuchen, auch bestehende zivile Planungen zu berücksichtigen.“
Die Umwandlung von Bundeswehrstandorten für zivile Zwecke hatte in den frühen 1990er Jahren nach Ende des Kalten Kriegs begonnen worden und wurde nach Aussetzung der Wehrpflicht in den 2010er Jahren fortgesetzt.
Wie es langfristig mit dem Bundeswehrstandort Tegel Nord weitergeht, "hängt von der Sicherheitslage und dem Bedarf der Streitkräfte ab", so Pallgen. Es sei verabredet, sich hierzu gegenseitig auf dem aktuellen Stand zu halten und "bis zum Ende der 2030er-Jahre Klarheit zu schaffen, ob und wann eine Übergabe an Berlin möglich ist". In der Zwischenzeit stimmten sich das Land Berlin und die Bundeswehr eng ab, etwa zu Fragen der infrastrukturellen Erschließung und Sanierung des Geländes.
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