Bundeswehr kooperiert mit Hochschule: Keine Soldaten in Bremer Hörsäle
Ein Gutachten stellt fest: Die Hochschule Bremen darf nicht mit der Bundeswehr kooperieren. Die Forschung dürfe nur friedlichen Zwecken dienen.
„Für mich ist es eindeutig, dass diese Zusammenarbeit einen Verstoß gegen bestehendes Recht bedeutet“, sagte der Kasseler Anwalt Bernd Hoppe, der das Gutachten verfasst hat. Zwar sei das Wort „zivil“ in seiner Wortbedeutung sehr offen. An der Entstehungsgeschichte der Zivilklausel könne man aber ableiten, dass der Begriff einer umfassenden Ablehnung militärischer Forschung gleichzusetzen sei. Zivilklauseln richteten sich, so Hoppe, gegen alles Militärische. „Damit ist jede Kooperation der Hochschule Bremen mit der Bundeswehr ausgeschlossen.“
Nicole Gohlke von der Linkspartei bezeichnete das neue Gutachten als „Meilenstein“. Es widerlege die „absurde Argumentation“ des Bremer Justizsenators. Der hatte im Mai in einem eigenen Gutachten die Kooperation als zulässig eingestuft, weil die Bundeswehr nach dem Grundgesetz eine „Friedensarmee“ sei. Da ihr Einsatz auch militärische Komponente hätte, könne man deshalb „militärisch“ nicht mit „unfriedlich“ gleich setzen.
Kurz zuvor, Anfang Mai, unterzeichnete die Hochschule Bremen einen Kooperationsvertrag, der der Bundeswehr ab dem aktuellen Wintersemester zehn Plätze für den dualen Frauenstudiengang Informatik garantiert. Aktuell studieren dort neun Soldatinnen. Die Hochschule Bremen kassiert dafür insgesamt bis zu 120.000 Euro. Bekannt wurde dies erst, als die Bundeswehr auf Anfrage den Vertrag offen legte. Die Hochschule hatte sich davor dazu geweigert.
AStA musste Banner einholen
„Es ist eine Schande, dass eine öffentlich finanzierte Hochschule Geheimverträge mit Dritten einrichtet“, sagte Gohlke. Transparenz sei der erste Schritt, um Zivilklauseln umsetzen zu können. Die rot-grüne Landesregierung nahm 2015 eine Zivilklausel in das Hochschulgesetz auf. Die Bremer Hochschule hatte sich schon 2012 freiwillig dazu verpflichtet.
Auf diesen Widerspruch macht der AStA seit Monaten aufmerksam. Zuletzt Anfang November protestierten Studierende mit einem Banner an dem Hochschulgebäude gegen die Kooperation. „Wir bilden zum Töten aus“, stand darauf. Als die Hochschulleitung verfügte, das Banner zu entfernen, hängten die Studierenden ein neues Banner zum Fenster hinaus: „Die Zivilklausel umsetzen, nicht das Hausrecht, liebes Rektorat!“
Der AStA hofft nun, dass das neue Gutachten die Hochschulleitung zum Umdenken bringt. Gegenüber der taz ließ Hochschulsprecher Ulrich Berlin jedoch keinen Zweifel daran, dass eine Rücknahme der Kooperation nicht zur Debatte steht: „Die Hochschule hat mit der Bundeswehr einen Vertrag geschlossen, den sie erfüllen wird.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“