Bundestagswahl 2017: Linke sucht Spitzenteam
Am Wochenende soll entschieden werden, wer die Linkspartei in den Wahlkampf führt. Harmonisch geht es dabei nicht zu.
Die Entscheidung fällt unter Druck: Ende September hatten Bartsch und seine Kofraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht auf einem internen Treffen erklärt, nur als gemeinsames Duo, aber nicht für eine Viererlösung zur Verfügung zu stehen. Der Auftritt der beiden, die als VertreterInnen von Fundi- und Realoflügel gelten, wurde von Parteimitgliedern als „Erpressung“ und „Kampfansage“ an die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger verstanden.
Noch ist nicht ausgemacht, dass Wagenknecht und Bartsch alleinige SpitzenkandidatInnen werden – auch wenn sie gute Karten zu haben scheinen. Aber hinter den Kulissen wird nach wie vor kräftig gerungen. „Wir brauchen eine Lösung, die sichert, dass die Partei geschlossen in den Wahlkampf zieht“, sagte Bundesschatzmeister Thomas Nord der taz.
Setzen sich Wagenknecht und Bartsch auf der Sitzung am Wochenende ohne weiteres durch, steht die Parteispitze als Verliererin da. Aber auch die Fraktionschefs sind mit ihrer Aktion ein Risiko eingegangen: Schlägt der Vorstand unerwartet doch ein Viererteam vor, müssten sie entweder zurückrudern – oder den offenen Konflikt suchen.
Zwar ist die Kür des Teams bei der Linken nicht ganz so aufgeladen wie bei CDU oder SPD, weil die Frage nach der KanzlerInnenschaft nicht im Raum steht. Trotzdem ist damit klar, wer den Wahlkampf an vorderster Front führt und auch die inhaltliche Linie prägt.
Frauen im Clinch
Was etwa ein rot-rot-grünes Bündnis angeht, liegen die Positionen gerade der beiden Spitzenfrauen Wagenknecht und Kipping deutlich auseinander. Zudem steht die Fraktionschefin für ein traditionelleres, die Parteivorsitzende für ein mehr undogmatisch-emanzipatorisches linkes Politikverständnis.
Fraktionschef Dietmar Bartsch
Diskutiert werden soll am Wochenende auch ein neuer Strategieentwurf, der der taz vorliegt – nachdem der erste des Wahlkampfleiters Matthias Höhn im September vom Parteivorstand mehrheitlich abgelehnt worden war. Höhn hatte sich dafür ausgesprochen, die Partei mit einem klaren Bekenntnis zu Rot-Rot-Grün in den Wahlkampf 2017 zu führen. Dieser Fokus ist nun zugunsten eines eigenständigen Wahlkampfs getilgt.
„Wir werden keine abstrakten parteipolitischen Farbenspiele betreiben, die ohnehin wenig begeistern. Spannender (…) ist die Diskussion über Inhalte und konkrete Projekte eines Politikwechsels mit der Linken“, heißt es in dem Papier. Während im ersten Entwurf SPD und Grüne zudem nur als „Konkurrenten“, CDU, AfD und FDP aber als „Gegner“ bezeichnet wurden, werden die Parteien nun einfach jede für sich betrachtet. Immerhin: „Ohne eine Bündnisoption von SPD und Linke wird die Union nicht aus dem Kanzleramt zu verdrängen sein“, heißt es im Abschnitt über die SPD.
Der überarbeitete Entwurf kann nun flügelübergreifend auf Zustimmung hoffen. „Ich finde den Satz sehr klug: nur eine Stimme für die Linke ist eine verlässliche Stimme gegen Seehofer und Merkel“, sagte der stellvertretende Parteichef Tobias Pflüger, der zum linken Flügel gehört.
Anspruch auf Politikwechsel
Weiterhin aber, so Dominic Heilig, Mitglied des Parteivorstands und einer der Sprecher des Forums demokratischer Sozialismus, in dem sich pragmatisch orientierte Mitglieder treffen, enthalte der Entwurf „den Anspruch, einen Politikwechsel durchzusetzen“. Das bedeute „auch eine Verhinderung der Großen Koalition und eine Übernahme von Verantwortung, wenn die Bedingungen stimmen“.
Und schließlich geht es um den ersten Arbeitsentwurf des Wahlprogramms. Kipping und Riexinger haben bereits Themen vom Umgang mit RechtspopulistInnen über Armut bis hin zur Rente beschrieben, die zentral sein sollen. Seit September wird dafür auf Diskussionsforen quer durchs Land mit der Öffentlichkeit diskutiert. Bis Ende des Jahres soll der Entwurf stehen, nächstes Jahr in vier Regionalkonferenzen mit der Basis diskutiert und im April verabschiedet werden.
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