Bundestagsdebatte zu Abschiebungen: Der große Rauswurf
De Maizière verteidigt seine Pläne als „freundlich und offen“. Die Linkspartei beklagt die „allgemeine Abschiebestimmung“ der Regierung.
Bei der Opposition stoßen die Pläne auf scharfen Widerspruch. Die Linken-Politikerin Petra Pau sagte, der Entwurf bediene „eine allgemeine Abschiebestimmung“. Luise Amtsberg von den Grünen kritisierte, die Eile der Bundesregierung verhindere eine sorgfältige Prüfung ihrer Pläne. Und Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt warnte: „Das Gesetz perfektioniert eine Maschinerie, in der Schutzsuchende unter die Räder zu kommen drohen.“
Ob ein abgelehnter Asylbewerber Deutschland selbstständig verlässt oder abgeschoben wird, das hängt stark von seinem Wohnort ab. Darauf weist der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) in einer Studie hin, die er am Donnerstag vorstellte. In Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Thüringen setzt man stärker auf geförderte Ausreisen. Auch aus Bremen wurde kaum jemand abgeschoben. Hessen dagegen ist eines der wenigen Bundesländer, in denen die Zahl der Abschiebungen deutlich höher liegt als die Zahl der freiwilligen Ausreisen. „Übernimmt das Land die Abschiebungskosten, kann dies ein Anreiz für die Kommunen sein, rasch eine Abschiebung einzuleiten“, heißt es in der Studie. Vor allem Rheinland-Pfalz sehen die Autoren als Vorbild: Von Kommunen und Land würden dort finanzielle Mittel für entsprechende Beratungsangebote bereitgestellt.
Im vergangenen Jahr wurden 26.654 Menschen aus Deutschland abgeschoben. Dem stehen rund 54.000 selbstständige Ausreisen gegenüber, die vom Bund gefördert wurden – zum Teil mit EU-Mitteln. Wie viele abgelehnte Asylbewerber Deutschland auch so freiwillig verlassen, darüber gibt es keine verlässlichen Zahlen.
Die Autoren verweisen darauf, dass abgelehnte Asylbewerber möglichst ohne Zwang ausreisen sollten, wenn es nach EU-Recht und nach dem deutschen Aufenthaltsgesetz geht. Sie fordern deshalb, eine flächendeckende Rückkehrberatung einzuführen und gesetzlich zu verankern. Außerdem sollten Asylbewerber schon während ihres Asylverfahrens darüber aufgeklärt werden, welche Fördermöglichkeiten es für eine selbstständige Ausreise gibt. Beispielhaft nennt die Studie das Kosovo-Rückkehrerprogramm. Es unterstützt die Rückkehrer auch bei der Reintegration in den Arbeitsmarkt in der alten Heimat.
In der nächsten Woche sind offenbar wieder Abschiebungen nach Afghanistan geplant. Diesmal soll der Flieger aus Hamburg starten, heißt es aus Helferkreisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin