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Bundestagsdebatte zu AbschiebungenDer große Rauswurf

De Maizière verteidigt seine Pläne als „freundlich und offen“. Die Linkspartei beklagt die „allgemeine Abschiebestimmung“ der Regierung.

„Freundlich und offen“ schiebt Deutschland Geflüchtete in eine ungewisse Zukunft ab Foto: dpa

Berlin taz | Bundesinnenminister Thomas de Maizière, CDU, hat im Bundestag für mehr und schnellere Abschiebungen geworben. „Wir sind und bleiben freundlich und offen“, behauptete er. Ob ein Asylantrag positiv oder negativ beschieden werde, das müsse am Ende aber auch einen Unterschied machen, verteidigte er am Donnerstag den Gesetzentwurf der Großen Koalition, mit dem die Zahl der Abschiebungen und „freiwilligen“ Ausreisen deutlich erhöht werden soll. Das sei erforderlich, „auch wenn es umstritten ist, auch wenn es wehtut“.

Bei der Opposition stoßen die Pläne auf scharfen Widerspruch. Die Linken-Politikerin Petra Pau sagte, der Entwurf bediene „eine allgemeine Abschiebestimmung“. Luise Amtsberg von den Grünen kritisierte, die Eile der Bundesregierung verhindere eine sorgfältige Prüfung ihrer Pläne. Und Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt warnte: „Das Gesetz perfektioniert eine Maschinerie, in der Schutzsuchende unter die Räder zu kommen drohen.“

Ob ein abgelehnter Asylbewerber Deutschland selbstständig verlässt oder abgeschoben wird, das hängt stark von seinem Wohnort ab. Darauf weist der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) in einer Studie hin, die er am Donnerstag vorstellte. In Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Thüringen setzt man stärker auf geförderte Ausreisen. Auch aus Bremen wurde kaum jemand abgeschoben. Hessen dagegen ist eines der wenigen Bundesländer, in denen die Zahl der Abschiebungen deutlich höher liegt als die Zahl der freiwilligen Ausreisen. „Übernimmt das Land die Abschiebungskosten, kann dies ein Anreiz für die Kommunen sein, rasch eine Abschiebung einzuleiten“, heißt es in der Studie. Vor allem Rheinland-Pfalz sehen die Autoren als Vorbild: Von Kommunen und Land würden dort finanzielle Mittel für entsprechende Beratungsangebote bereitgestellt.

Im vergangenen Jahr wurden 26.654 Menschen aus Deutschland abgeschoben. Dem stehen rund 54.000 selbstständige Ausreisen gegenüber, die vom Bund gefördert wurden – zum Teil mit EU-Mitteln. Wie viele abgelehnte Asylbewerber Deutschland auch so freiwillig verlassen, darüber gibt es keine verlässlichen Zahlen.

Je nach Bundesland wird abgeschoben oder die freiwillige Ausreise gefördert

Die Autoren verweisen darauf, dass abgelehnte Asylbewerber möglichst ohne Zwang ausreisen sollten, wenn es nach EU-Recht und nach dem deutschen Aufenthaltsgesetz geht. Sie fordern deshalb, eine flächendeckende Rückkehrberatung einzuführen und gesetzlich zu verankern. Außerdem sollten Asylbewerber schon während ihres Asylverfahrens darüber aufgeklärt werden, welche Fördermöglichkeiten es für eine selbstständige Ausreise gibt. Beispielhaft nennt die Studie das Kosovo-Rückkehrerprogramm. Es unterstützt die Rückkehrer auch bei der Reintegration in den Arbeitsmarkt in der alten Heimat.

In der nächsten Woche sind offenbar wieder Abschiebungen nach Afghanistan geplant. Diesmal soll der Flieger aus Hamburg starten, heißt es aus Helferkreisen.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Viele Asylbewerber haben nach der Ablehnung überhaupt keinen Grund, FRIWILLIG auszureißen. Warum sollten sie das tun?

    Die Rückkehrhilfen sind deshalb nur EIN mögliches Mittel, die Menschen zur "freiwilligen" Ausreise zu bewegen bzw. zu motivieren.

    Ansonsten muß der Rechtsstaat nun mal durchgesetzt werden.

    Denn GLEICHES RECHT für ALLE!

  • Das Verhältnis zwischen Abschiebung und freiwilliger Ausreise ist doch vollkommen unwichtig. Relevant ist das Verhältnis zwischen Ausreisepflichtigen und der Summe der ä,die das Land tatsächlich verlassen haben (egal ob durch Abschiebung oder freiwillige Ausreise). Da über die Duldung derzeit die Länder entscheiden und es dabei zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen kommen dürfte, sollte die Kompetenz zukünftig auf den Bund übertragen werden. Die im Artikel bemängelte Ungleichbehandlung wäre damit behoben.

  • Betrachten wir das doch einfach mal emotionsfrei:

     

    Jemand reist ohne die notwendigen Einreisepapiere nach Deutschland ein, zumeist über einen oder mehrere Staaten der EU, in denen nichts droht und ein Asylantrag möglich wäre.

     

    Er stellt einen Asylantrag und bekommt für die Dauer des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgestattung.

     

    Das BAMF entscheidet nach einer Anhörung über den Antrag.

     

    Wird dieser abgelehnt, kann dagegen vor dem Verwaltungsgericht geklagt werden. Weist dieses die Klage ab, stehen weitere rechtliche Möglichkeiten wie ein Antrag auf Zulassung der Berufung beim OVG/VGH, ggf. eine Revision beim BVerwG, eine Verfassungsbeschwerde, eine Beschwerde beim EGMR offen.

     

    Man kann auch beim BAMF einen oder mehrere Folge- oder Wiederaufnahmeanträge stellen mit erneuten Rechtsmittelmöglichkeiten.

     

    Für anwaltliche Beratung gibt es Beratungs- bzw. Prozesskostenhilfe.

     

    Bleibt alles erfolglos, wird die Ausreiseaufforderung vollziehbar. Für die freiwillige Ausreise gibt es finanzielle Rückkehrhilfen z. B. aus dem REAG- oder GARP-Programm, dem StarthilfePlus-Programm, dem ERIN-Programm und ggf. Programmen der Bundesländer.

     

    Erfolgt keine freiwillige Ausreise, wird der Verwaltungszwang in Form der Abschiebung erforderlich. Es ist dann die höchstpersönliche Entscheidung des Betroffenen gewesen, sich abschieben zu lassen.

     

    Das Asylverfahren ist eben kein Weg der dauerhaften Einreise zum Zwecke der Niederlassung aufgrund eigenen Wunsches des Asylbewerbers, sondern gewährt nur für die Dauer des Prüfverfahrens einen vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland.