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Bundestag schafft Praxisgebühr abSelten einstimmig

Mit den Stimmen von allen 548 anwesenden Abgeordneten hat der Bundestag die Praxisgebühr wieder abgeschafft. Die Gebühr hatte ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllt.

Nie wieder zehn Euro bezahlen! Bild: dapd

BERLIN afp | Der Bundestag hat mit einem klaren Votum das Ende der Praxisgebühr besiegelt. Das Parlament billigte am Freitag einstimmig ein Gesetz, mit dem die umstrittene Zahlung für Arztbesuche bereits zum Jahreswechsel entfallen wird. Alle 548 teilnehmenden Parlamentarier stimmten für den Wegfall der Gebühr ab dem 1. Januar 2013.

Auf die Abschaffung hatte sich Schwarz-Gelb beim Koalitionsausschuss am vergangenen Sonntag geeinigt. Auch die drei Oppositionsparteien SPD, Linke und Grüne stimmten dafür. Die Union machte aber deutlich, dass sie den Wegfall zwar mitträgt, die Gebühr grundsätzlich aber lieber beibehalten hätte. Die vor allem von der FDP geforderte Neuregelung muss noch den Bundesrat passieren, dort dürfte es aber keine Ablehnung geben.

Die 2004 eingeführte Praxisgebühr in Höhe von zehn Euro müssen die gesetzlich Versicherten bislang für Arztbesuche pro Quartal bezahlen. Sie gilt seit längerem als bürokratisch. Außerdem wurde das Ziel, mit der Eigenbeteiligung der Patienten die Arztbesuche zu reduzieren, verfehlt.

Die Praxisgebühr habe die gewünschte Steuerungsfunktion nicht erreicht, sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) in der Debatte des Bundestages. Mit der Abschaffung beweise die Koalition, „dass sie die Alltagssorgen der Menschen ernst nimmt“. Laut Umfragen ist die Praxisgebühr bei der Bevölkerung sehr unbeliebt.

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6 Kommentare

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  • V
    vic

    Thomas Ebert,

    Sind Sie einer von denen, die ihren Mitmenschen grundsätzlich Dummheit, Faulheit und Hinterlist unterstellen?

    Man könnte es meinen.

  • D
    Demokratie-Troll

    Der Versuch arme Leute dazu zu bewegen, ihren Arztbesuch aufzuschieben, wenn sie sich krank fühlen, dürfte damit vorerst ad acta gelegt worden sein. An anderer Stelle wird man es mit der Menschenverachtung sicher aufs Neue versuchen; die Ökonomisierung des Lebens ist damit ja nicht abgeschlossen, sondern es wird weiterhin in den Verwertungszusammenhang gestellt. Der Mitmensch wird auch zukünftig zum Mittel des Zwecks der eigenen Bereicherung degradiert. Diese permanente Entwürdigung bleibt uns ja erhalten - wenn auch nunmehr in einer weniger brutalen Form.

  • KH
    Karin Haertel

    Ab 2013 ist ja gut und schoen, aber der Geldberg existert scohn laengere Zeit und was will man den Kassenpatienten fuer 2012 erstatten?

  • C
    Celsus

    Die Praxisgebühr wurde ja unter einer rot-grünen Bundesregierung eingeführt. Das Gesetz war ähnlich wie bei Hartz IV für die Opposition so schön, dass CDU, CSU und FDP gleich zustimmten.

     

    Wer hatte das Gesetz auf SPD-Seite ausgeheckt? Unter anderm der heutige Kanzlerkandidat. Wie der sich aufführt, als sei er schon immer der entschiedenste Gegner gewesen! Vor der Wahl soll das Wahlvolk über die soziale Kälte der SPD und ihres Kandidaten mal wieder hinweggetäuscht werden. In welche Richtung der mann mit dem sogenannten wirtschaftlichen Sachverständ wohl austritt, wenn er seine Beinfreiheit nach den Wahlen nutzt?

  • PS
    Peter Silie

    "Die Gebühr hatte ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllt." Die von den Patienten geleisteten Beiträge werden am 1. Janauar zurüch gezahlt...

  • TE
    Thomas Ebert

    Auch wenn es sicher nicht mehrheitsfähig ist, ich plädiere für eine Praxisgebühr. Die jetzt abgeschaffte Gebühr hat ihre Steuerungswirkung nicht erzielt. Doch warum ist die Gebühr eingeführt worden? Weil es leider allzuviele Patienten gibt, die völlig unnötig die Artzpraxen aufsuchen und damit auch unnötige Kosten verursachen. Dieses einzudämmen war die Praxisgebühr geschaffen worden. Doch statt der erhoften Lenkungswirkung trat geradezu das Gegenteil ein. Am Ende des Quartals fiel vielen ein das sie ja schnell noch mal den Arzt aufsuchen müssten, schließlich hätten sie ja bezahlt. Anspruchsdenken statt Sparsamkeit.

    Doch statt jahrelang an der falschen Lösung festzuhalten, und jetzt mit der Abschaffung gar keine Lösung zu haben, hätte die Praxisgebühr reformiert werden müssen. 5 bis 10 € pro Artzbesuch hätten eine Lenkungswirkung erzielen können. Doch zu einer solchen Lösung hat unsere politische Kaste nicht den Mut.

    Die einstimmige Abstimmung im Bundestag zeigt wie einheitlich unsere Politiker im Mittelmaß versammelt sind.