Nach Abschaffung der Praxisgebühr: Mehr Menschen beim Zahnarzt
Sie sollte Patienten vor unnötigen Gängen zum Arzt abhalten. Die Praxisgebühr wurde zum Jahresbeginn wieder abgeschafft. Der Effekt wird jetzt deutlich.
BERLIN dpa | Nach Wegfall der Praxisgebühr gehen die Deutschen wieder öfter zum Zahnarzt. Die Zahl der Behandlungsfälle stieg im 1. Quartal 2013 gegenüber dem Vorjahresquartal um 2,6 Prozent auf rund 20,7 Millionen. Im zweiten Quartal zählten die Zahnärzte sogar 21,8 Millionen Patienten – 5,8 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das geht aus Zahlen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegen.
Versicherte mussten zwischen 2004 und Ende 2012 die Zehn-Euro-Gebühr bei Arzt-, Zahnarzt- oder Psychotherapeutenbehandlungen einmalig für das jeweilige Quartal zahlen. Wegen der guten Finanzlage der Kassen kippte die schwarz-gelbe Koalition die Gebühr. Insgesamt gab es in den vergangenen Jahren im Schnitt etwa 85 Millionen Behandlungsfälle beim Zahnarzt jährlich, wobei mehrere Besuche eines Patienten in verschiedenen Quartalen mehrmals gezählt sind.
Der KZBV-Vorsitzende Jürgen Fedderwitz begrüßte den Anstieg der Fallzahlen. Weil die Patienten im Zahnarztbereich nie rasch von Arzt zu Arzt wechselten, sei die Gebühr hier von Anfang an überflüssig gewesen. „Sie war sogar schädlich, weil sie viele Patienten vom regelmäßigen vorsorgeorientierten Zahnarztbesuch abgehalten hat“, sagte Fedderwitz. Nach Einführung der Gebühr seien die Patientenzahlen um fast zehn Prozent eingebrochen. „Diese negative Steuerungswirkung ist jetzt zum Glück weg.“ Die Chancen auf lebenslange und lückenlose Prävention seien gestiegen.
In der Koalition war das Aus für die Gebühr zuerst eine Forderung der FDP, während die Union zunächst lieber daran festgehalten hätte, damit die Milliardenreserven der Krankenversicherung nicht bald wieder dahinschmelzen. Wie bei den aktuellen Koalitionsverhandlungen von Union und SPD bekannt wurde, soll die gesetzliche Krankenversicherung ab 2015 wieder ins Minus rutschen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Scholz zu Besuch bei Ford
Gas geben für den Wahlkampf