Bundesrat zu sicheren Herkunftsstaaten: Abstimmung wird verschoben
Die Grünen äußern Bedenken gegen die Einstufung. Die Verfolgung von Homosexuellen in den Maghreb-Staaten werde mit dem Gesetz außer Acht gelassen.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff erklärte, in den nächsten Tagen solle die Suche nach einer Lösung fortgesetzt werden. Es gehe darum, für Personen mit einer schlechten Bleibeperspektive ein Signal zu setzen, nicht mehr herzukommen. „Wir wollten das zumindest morgen nicht drauf ankommen lassen“, sagte der CDU-Politiker.
Die Entscheidung soll nun auf die letzte Sitzung der Länderkammer vor der Sommerpause in drei Wochen vertagt werden. Die Grünen haben Bedenken gegen das Gesetz. Sie verweisen auf Menschenrechtsverletzungen in allen drei Maghreb-Staaten gegen bestimmte gesellschaftliche Gruppen, wie etwa Homosexuelle.
Mit dem vom Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD bereits verabschiedeten Gesetz sollen die Asylverfahren von Menschen aus den drei nordafrikanischen Ländern beschleunigt werden und abgelehnte Bewerber aus diesen Ländern schneller abgeschoben werden können. Ohne die Zustimmung von mindestens drei Regierungen mit Grünen-Beteiligung hat das Vorhaben in der Länderkammer keine Chance.
Merkel wirbt für das Gesetz
Diskutiert wird etwa über einen Vorschlag, bestimmte Gruppen aus verkürzten Verfahren herauszunehmen. Im Fall der Maghreb-Staaten könnten das etwa Homosexuelle sein. Als weitere Variante gilt, das Gesetz zu befristen. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat zudem als Kompromiss vorgeschlagen, generell die Asylverfahren für Menschen aus Ländern zu verkürzen, für die bisher nur eine geringe Anerkennungsquote galt.
Merkel hatte am Donnerstag nochmal massiv für das Gesetz geworben. Die Regelung bedeute nicht, dass Betroffenen kein individuelles Asylverfahren mehr bekommen sollten. Die Menschen in Deutschland erwarteten nach den Vorkommnissen in der Silvesternacht in Köln, dass es hier einen Beschluss gebe, betonte Merkel.
Damals war vor allem Migranten aus Nordafrika vorgeworfen worden, Frauen belästigt zu haben. Die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus den drei Staaten sei zudem extrem gering, sagte die Kanzlerin. Bei den Westbalkanstaaten haben der Status als sichere Herkunftsstaaten dazu geführt, dass die illegale Migration von dort erheblich abgenommen habe. „Dieses Signal sollten wir fortsetzen“, forderte die CDU-Vorsitzende.
Im Streit über die Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten für Asylbewerber hat das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg seine Zustimmung im Bundesrat zugesagt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) scherte damit am Freitag aus der Ablehnungsfront der Grünen in anderen Ländern aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag