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Bundesparteitag der LinkenDie Zuversicht ist zurückgekehrt

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Es geschehen noch Wunder: Die schon totgesagte Linkspartei sendet Lebenszeichen. Das hat viel mit dem neuen Spitzenpersonal zu tun.

Neuer Optimismus: Linken-Chef Jan van Aken und Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek auf dem Parteitag Foto: Sebastian Christoph Gollnow / dpa

D ie Wüste lebt. Das dürfte die zentrale Botschaft gewesen sein, die die Linke auf ihrem Bundesparteitag am Samstag in Berlin vermitteln wollte. Und tatsächlich ist es der von vielen bereits totgesagten Partei gelungen, ein bemerkenswertes Lebenszeichen auszusenden. Die Aufbruchstimmung wirkte nicht gespielt. Noch ist sie nicht gerettet, aber zumindest scheint es so, dass die Partei wieder selbst an sich glaubt – was die Grundvoraussetzung dafür ist, dass das Vertrauen der Wäh­le­r:in­nen zurückkehrt, die Linke könnte eine wählbare Alternative sein.

In den Umfragen immer noch nur zwischen 3 und 4 Prozent liegend, hat die zurückgewonnene Zuversicht zwei Gründe. Da ist zum einen die „Mission Silberlocke“, durch die die Partei einen Weg gefunden hat zu vermitteln, dass eine Stimme für die Linke keine verschenkte ist, selbst wenn es zur Überwindung der Fünfprozenthürde nicht reichen sollte. Doch so wichtig das Engagement Gregor Gysis, Bodo Ramelows und Dietmar Bartschs auch für die Partei ist, es sind nicht mehr die Altvorderen, die das Bild der Linken bestimmen.

Denn zum anderen erlebt sie einen erstaunlichen personellen Zuwachs. Ende 2023 nur noch bei rund 50.000 Mitgliedern, sind es jetzt mehr als 60.000. Die Partei ist jünger und weiblicher geworden, was auch auf dem Parteitag seinen sichtbaren Niederschlag gefunden hat. Verkörpert wird dieser Wandel durch die Co-Vorsitzende Ines Schwerdtner und die Co-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek, beide gerade mal Mitte dreißig.

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Auf ihrem Parteitag präsentierte sich die Linke als eine Partei, die die Zeit des Mit-sich-selbst-Beschäftigens und der Selbstzerfleischung – zumindest vorerst – hinter sich gelassen hat. Das hat viel mit Schwerdtner und Reichinnek, aber auch mit ihrem Co-Vorsitzenden und Co-Spitzenkandidaten Jan van Aken zu tun. Nicht abstrakt, sondern möglichst konkret versucht das Trio zu vermitteln, dass es der Linken nicht mehr nur um sich selbst, sondern um die Verbesserung des Lebens aller geht, „die nicht mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurden“, wie es van Aken formuliert hat.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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16 Kommentare

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  • Die Linke würde mehr Stimmen bekommen, wenn sie - wie noch in manchen Ecken der neuen Bundesländer - Politik für Menschen machte, anstatt fürs Prinzip... und für Marx' und Engels' Gedenken.

    Wie auch die SPD davon profitieren würde, wenn sie die "kleinen Leute" und deren vitale Lebensinteressen, ihre Träume und Sehnsucht nach einem besseren Leben in Sicherheit und bescheidenem Wohlstand wieder für sich entdeckte.

    Stattdessen wird man für den Wunsch, vielleicht mal in den eigenen vier Wänden leben zu wollen, gescholten - sofern dieser Traum überhaupt noch erschwinglich scheint, ohne Erbschaft... (Pfui, dieses böse Wort mit "E").

    • @Metallkopf:

      Ein altes Problem linker Bewegungen ist, dass sie dem liberalen Impetus der privilegierten Teilhabe an den Privilegien einer Oberschicht nachgelaufen sind. Recht auf Wohlstand für deutsche Arbeiter und deutsche Arbeiterinnen zu fordern reicht für eine systemische Veränderung zum idealen Sozialismus nicht aus. Der Entwicklung der SPD ist dafür das Negativbeispiel:



      1. Statt Revolution der Gang durch die Institutionen.



      2. Kontinuität der bürgerlichen Republik mittels Schulterschluss mit Bürgerlichen, Liberalen und Nationalisten.



      3. Akzeptanz der Marktwirtchaft und Westbindung.



      4. Agenda 2010.



      Am Ende werden die Interessen der Arbeiterinnen und Arbeitslosen Variabel, die abhängig sind von der Wirtschaftskraft des Staates und vom wirtschaftlichen Erfolg der Vermögenden.



      5. Tod der sozialistischen Utopie.

    • @Metallkopf:

      Und wenn wir beides brauchen?



      Dass die reichsten 10 % mal den Hals voll bekommen, dass wieder gleicher und gerechter verteilt wird, dass jene wenigen nicht Flug um Flug, SUV um SUV, Finanzfonds um Finanzfonds Ressourcen verbraten, während andere hungern oder sich kein Studium leisten können. Das kurze Fenster einer Art Chancengleichheit, zumindest national, der 1970er lässt sich ja wieder anpeilen.

      Und dass wir alle nachhaltig denken, denn das gibt uns allen einschließlich der Ärmsten und der Mitte die beste Zukunft. Und Sie wissen es doch selbst: Straßen, Auto, großes Einfamilienhaus sind _nicht nachhaltig und verallgemeinerbar. Wir werden also klügere Lösungen suchen und finden.

  • Die Linken lassen sich besser nicht zu sehr von der eigentlichen Frage ablenken, der Klassenfrage, dem Konflikt zwischen denen, die haben, und denen, die arbeiten.



    Denn da haben sie inzwischen einen klaren Vorsprung gegenüber SPD, BSW und Grünen. Von rechten Knallerbsen-Ideen, den Bonzen sogar noch mehr zuzuschanzen, rede ich gar nicht.



    Für die kritischen Nachfragen zu Sozialem zumindest hätte ich sie schon gerne auch im Bundestag, wie auch immer.

  • Warum die Linke wählbar ist, in einer Satire:

    EILMELDUNG !



    Die demokratischen Parteien im Bundestag haben sich auf ein Wahlschutzgesetz geeinigt, um die Wahlen gegen Einmischung zu schützen, Ab sofort knobeln die Parteivorsitzenden die Sitzverteilung im Deutschen Bundestag aus. ARD und ZDF übertragen direkt vom Stammtisch hinterm Reichstag. Danach geht alles den gewohnten Gang. Die Abgeordneten machen unter sich aus, wer die Regierung bildet usw. Was sagen die Parteien dazu:



    Friedrich Merz: Der Bund spart so 100 Millionen, die direkt meinem Haushalt zur Verfügung stehen.



    Olaf Scholz: Wahlen? Kann ich mich jetzt schon nicht mehr daran erinnern.



    Robert Habeck: Knobeln? Kenn’ ich gar nicht. Kann das wachsen?



    Christian Lindner: Ich kenne da jemanden, der kennt jemanden, der hat gezinkte Würfel im Angebot.



    Alice Weidel: Das geht doch gegen die AfD. Die wollen verhindern, dass wir gewählt werden.



    Sarah Wagenknecht: Meine Abgeordneten suche ich mir immer noch persönlich aus.



    Jan van Aken: Wo bleibt denn da die Mitbestimmung?

    • @Stoersender:

      👍👍💯👏👏

  • Von den Silberlocken hat eigentlich nur Gysi reale Chancen. Aber man kann ja nicht nur dem Wähler, sondern auch sich selbst die Taschen vollhauen...

  • Leider auch hier in grossen Teilen ein Putinclub.

    • @Jelli:

      an as machen sie das fest? belege?

    • @Jelli:

      Und wie kommst du auf diese Aussage? Streng genommen sehe ich nichts davon, dass sie Putin unterstützen oder sonst irgendetwas in diese Richtung machen.

  • Äh, gabs auch inhaltlich irgendeinen konkreten nennenswerten Punkt?



    Sorry, die eigene Zuversicht in allen Ehren, aber das ist dann zu wenig. Die Punkte die ich von Herrn van Aken so zu hören bekomme sind bestenfalls emotional nett gemeint, aber inhaltlich wenig durchdacht bis unrealistisch.

    • @Tom Farmer:

      Liest und vergleicht man die Wahlprogramme der Parteien, so hat die Linke schon ihr Profil.



      www.tagesschau.de/...verdiener-100.html



      Und nachdem SPD und die Grünen/Bündnis 90 sich in der Ampel disqualifiziert haben (und doch beide auf weitere Regierungsbeteiligung unter Herrn Merz hoffen), wäre es schon ganz schön, im nächsten Bundestag eine linke Opposition zu haben.

    • @Tom Farmer:

      das haben Sie aber nett umschrieben, um was es sich bei dieser Fanpost handelt ...

  • "Aber zumindest scheint es so, dass die Partei wieder selbst an sich glaubt"

    Wann haben sie denn nicht an sich selbst geglaubt? Es sind doch schon immer nur die anderen Schuld. Dass man mit Identitätspolitik, Abwendung von Ostdeutschland und toxischem Personal die eigene Wählendenschaft verjagt hat, sieht bis heute niemand ein.

    • @Lulu Lama:

      es wäre sicher lohnenswert, sich etwas grundlegender mit dem programm und den initiativen der partei auseinanderzusetzen, anstatt krude erzählungen von rechts runterzuspulen...

      • @Pflasterstrand:

        Sie können mir glauben, dass ich mich mit dem Programm auskenne. Jede inhaltliche Kritik mit "du bist rechts" abzuschmettern ist das übliche Vorgehen in den letzten Jahren. Wirksam im Sinne eines Stimmezuwachses war es offensichtlich bisher nicht.