Bundeskanzlerin zu Besuch in Spanien: Merkel begrüßt Rücknahme-Deal
Bei ihrem Spanien-Besuch würdigt Kanzlerin Merkel die seit Samstag geltende Vereinbarung zur Rücknahme Geflüchteter. Dublin erklärt sie erneut als mangelhaft.
Im Gegensatz zu dem bilateralen Abkommen, bezeichnete die Bundeskanzlerin die derzeit existierende andere europäische Lösung, das Dublin-System, auf Nachfrage erneut als „nicht funktionsfähig“. Denn danach dürfe nach der Theorie nie ein Flüchtling in Deutschland ankommen. Diese Äußerung Merkels ist nicht neu: Schon 2013 sagte Merkel bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem damaligen französischen Staatschef François Hollande im EU-Parlament, das Dublin-Abkommen sei zwar gut gemeint gewesen, habe sich aber als nicht tragfähig erwiesen.
Zeitgleich zu ihrem Credo „Wir schaffen das“, das sie in ihrer Sommerpressekonferenz 2015 verkündete, äußerte Merkel im Hinblick auf die Länder an den EU-Außengrenzen auch, dass das Dublin-Abkommen in der bestehenden Form so „nicht mehr funktioniert.“ Die Situationen hätten sich verändert. 2015 stieg laut UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR die Zahl der weltweit Geflüchten erstmals nach 1992 auf über 20 Millionen. Auch in Europa kamen über eine Million Flüchtlinge an.
Die von Bundeskanzlerin Merkel geäußerte Kritik heißt aber nicht, dass in Deutschland keine Dublin-Regeln angewendet werden. Wie die Süddeutsche Zeitung vorab über eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion vom Juni 2018 berichtet, schiebt Deutschland derzeit sogar wieder vermehrt nach den Möglichkeiten, die Dublin bietet, ab.
„Im Geist der Partnerschaft“
Das Dublin-System sieht vor, dass in der Regel jener Staat für einen Migranten zuständig ist, in dem er zuerst den Boden der EU betritt. In Spanien sagte Merkel dazu, dass Migranten ein Problem aller EU-Staaten seien und nicht nur eins der Ankunftsländer am Mittelmeer. Es gelte, ein faires Verteilsystem zu finden, mit den Herkunftsländern zu sprechen, Schleppern und Schleusern das Handwerk zu legen sowie Abkommen über Rückführungen schließen. Das Problem der Flüchtlingsverteilung in der EU sei „lösbar“, und sie wolle es „im Geist der Partnerschaft“ lösen.
Merkel sagte nach einem Gespräch mit Sanchez zum Auftakt ihres zweitägigen Besuchs, mit dem Abkommen könne man „mehr Ordnung in die Sekundärmigration“ bringen. Damit meint sie nicht nur Deutschland, das aufgrund seiner geografischen Lage in er Regel kein Erstaufnahmeland für Geflüchtete ist, sondern auch in Richtung Spanien. Deutschland werde seinerseits Spanien in den Verhandlungen mit Marokko unterstützen, bestätigte Merkel. Das Land ist gegenwärtig zu einem Hauptziel für Flüchtlinge geworden: Seit Jahresanfang kamen in Spanien nach UN-Angaben rund 23.740 Flüchtlinge und damit fast dreimal mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum an.
Das nun vereinbarte Rücknahmeabkommen wird voraussichtlich aber nur wenige Flüchtlinge betreffen. Seit Mitte Juni wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums bei der Einreise nach Deutschland lediglich acht Personen festgestellt, die in Spanien einen Asylantrag gestellt hatten. Davon sei aber keine einzige Person über die deutsch-österreichische Grenze gekommen, für die die Vereinbarung mit Spanien gilt.
Spanien gewinnt erheblich an Bedeutung
Erst seit Juni werde ausgewertet, in welchem EU-Land ein bei Grenzkontrollen überprüfter Migrant Asyl beantragt habe. Trotz dieser geringen Zahlen sei die Absprache mit Spanien ein „wichtiger Schritt zur Ordnung und Steuerung in der Migrationspolitik“, erklärte das Ministerium. Spanien gewinne für die illegale Migration an der Schengen-Außengrenze erheblich an Bedeutung.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) soll ähnliche bilaterale Vereinaberungen auch mit Griechenland und Italien aushandeln. Dies ist Teil eines Kompromisses in der großen Koalition, mit der ein wochenlanger Streit zwischen CDU und CSU über die Zurückweisung von Flüchtlingen direkt an der Grenze vorerst beendet worden war. Das Abkommen mit Spanien hatte Seehofers Ministerium am Mittwoch bekanntgemacht. Laut Ministerium haben Spanien und Italien aber Gegenforderungen erhoben.
Insgesamt wurden bei der Einreise an der deutsch-österreichischen Grenze nach Angaben des Innenministeriums seit Mitte Juni etwa 150 Personen festgestellt, die in einem anderen EU-Land Asyl beantragt hatten. Etwa die Hälfte davon sei auf Italien entfallen, etwa ein Fünftel auf Österreich.
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