Bundesjagdgesetz droht zu scheitern: Keine Mehrheit für Wald vor Wild
Klimakrise und Waldsterben erfordern eine Novelle des 44 Jahre alten Bundesjagdgesetzes. Doch SPD und Union werden sich nicht einig.
Umstritten ist vor allem die Idee „Wald vor Wild“, der Klöckners Entwurf Rechnung trägt. Angesichts von milliardenschweren Wiederaufforstungsprogrammen für die unter Dürren leidenden Wäldern sieht die Novelle vor, dass die Abschusspläne der Jäger künftig auf Basis sogenannter „Verbiss-Gutachten“ erstellt werden.
Das heißt, etwa ein Förster begutachtet die Schäden an Bäumen, die durch Rehe, Hirsche und Co. verursacht wurden; auf Basis dessen würde ermittelt, wieviele Tiere die Jäger:innen erlegen müssen. Dies würden, hoffen vor allem die Waldbesitzer:innen, deutlich mehr sein als bisher und den Tierbestand in den Wäldern senken.
Zweiter Streitpunkt der Gesetzesnovelle ist die Frage, ob „Waldverjüngung“ jeglicher Art ohne Schutzmaßnahmen wie Zäune überhaupt noch möglich sein soll. Das heißt, neu gepflanzte Setzlinge dürften dann nicht hungrigen Rehen oder Hirschen zum Opfer fallen. Schon in der vergangenen Legislaturperiode hatte die Bundesregierung den uralten Konflikt zwischen Waldbesitzern und Jägern nicht auflösen können, die Novelle des Bundesjagdgesetzes scheiterte. Das droht sich nun zu wiederholen, denn regelkonform kann die Reform nur noch im Bundesrat verabschiedet werden, wenn der Bundestag sie in der Woche nach Ostern verabschiedet, weil sich das Ende der Legislaturperiode nähert.
SPD fordert Einigung in der Unions-Fraktion
Der deutsche Jagdverband (DJV) drängt deshalb auf eine „kleine Lösung“. Das Thema „Waldschutz“ müsse aus der Novelle herausgenommen und weiterhin in den Landesgesetzen geregelt werden. Bundesweit gäbe es dann nur neue Vorschriften für eine einheitliche Ausbildung von Jäger:innen, für Schießübungsnachweise und für die umstrittene Bleimunition und ihren Ersatz.
Waldverjüngung ohne Schutzzäune sei „wirklichkeitsfremd“, begründet DJV-Sprecher Torsten Reinwald die Position der Jäger, „wir können doch kein Schild an den Wald hängen – ‚wegen Umbau geschlossen‘.“ Jahrzehntelang hätten die Forstverwaltungen Stellen abgebaut und die Forste so angelegt, dass sie möglichst günstig und effizient maschinell bewirtschaftet werden konnten. Sollen Wälder jetzt umgebaut werden und Buche, Ahorn, Walnuss und Douglasie eine Chance bekommen, müssten ihre Setzlinge eben geschützt werden.
Für die SPD-Fraktion im Bundestag ist eine „kleine Lösung“ aber keine Option. „Wir haben hier einen ausgewogenen Gesetzentwurf“, sagt die Wald-Expertin der SPD, Isabel Mackensen. Um klimastabile Mischwälder zu etablieren „ist es erforderlich, die Rehwildbestände auf ein waldverträgliches Maß anzupassen, um die Schadflächen wieder zu bewalden und den Waldumbau zu ermöglichen“, so Mackensen. Sie forderte die Unionsfraktion auf, sich auf den vorliegenden Entwurf zu einigen.
„Keine klare Schutzvorgabe für Nebenbaumarten“
Harald Ebner, waldpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, hält den Entwurf an sich allerdings schon jetzt für überarbeitungsreif. „Wenn Ministerin Klöckner und die Union es ernst mit dem Waldumbau meinen, müssen sie jetzt im Bundesjagdgesetz für wirksame Regelungen zur Naturverjüngung und gegen übermäßigen Wildverbiss sorgen“, sagt Ebner.
„Bislang fehlen im Gesetzentwurf eine klare Schutzvorgabe auch für Nebenbaumarten, damit die gewünschten Laubbaumarten auch hochkommen können“. Die Vorgaben zum Verjüngungsschutz dürften nicht weiter verwässert und der Gemeinnutzen klimastabiler Waldökosysteme mit hoher Baumartenvielfalt müssten klar in den Vordergrund gestellt werden, so Ebner.
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