piwik no script img

Bundeshaushalt 2019Mehr Rente und mehr Panzer

Im Bundeshaushalt 2019 nehmen Soziales und Militär den größten Teil der Mehrausgaben in Anspruch. Auch das Innenministerium bekommt mehr Geld.

Rentner*innen bekommen mehr Geld Foto: dpa

Berlin taz | Selbst die absoluten Finanzfreaks unter den Bundestagsabgeordneten sind froh, wenn die kaum zu überblickende Arbeit hinter ihnen liegt – wie in dieser Woche. Der Bundeshaushalt für 2019 ist fertig. Das Parlament wird ihn am Freitag beschließen. Die Tausenden unterschiedlichen Einnahme- und Ausgabepositionen könnten dabei über die eigentliche Struktur des Bundesetats hinwegtäuschen – doch gut die Hälfte des Haushaltes fließt auch 2019 an nur zwei Ressorts: Soziales und Militär. Rund 145 Milliarden Euro bekommt im nächsten Jahr das Ministerium für Arbeit und Soziales von Hubertus Heil (SPD), knapp 43 Milliarden das Verteidigungsministerium von Ursula von der Leyen (CDU). Diese beiden Einzelhaushalte sind es auch, die den größten Teil der Mehrausgaben im Vergleich zu 2018 aufsaugen.

Während die Bundesregierung in diesem Jahr 2018 rund 344 Milliarden Euro ausgeben kann, sollen es 2019 schon 356 Milliarden sein. Neue Schulden muss Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) dafür nicht aufnehmen. Die Wirtschaft läuft so gut, dass er die höheren Ausgaben locker aus den Steuereinnahmen finanzieren und viele Interessen gleichzeitig bedienen kann.

Im Vergleich zu den 12 Milliarden Euro Mehrausgaben gegenüber 2018 wächst der Etat des Arbeits- und Sozialministeriums 2019 um 6 Milliarden Euro. Vier davon verwendet die große Koalition aus Union und SPD für den normalen und permanent steigenden Zuschuss an die Rentenkasse. Die etwa 20 Millionen Rentner*innen bekommen mehr Geld, weil die Beschäftigten höhere Löhne erwirtschaften. Außerdem erhalten die Jobcenter rund 900 Millionen Euro zusätzlich, um Arbeitslosen beispielsweise mehr Fortbildungen zu bezahlen. Diese Mittel sollen helfen, die Zeit der Arbeitslosigkeit zu verkürzen.

Neben dem großen Schwerpunkt bei Sozialausgaben legt die Regierung den Fokus auf das Militär. Verteidigungsministerin von der Leyen kann über 4,5 Milliarden Euro Mehrausgaben verfügen. Hier spiegelt sich die internationale Debatte – US-Präsident Donald Trump fordert höhere Verteidigungsausgaben – ebenso wie der Zustand der Bundeswehr. Damit Hubschrauber, Panzer und Schiffe nicht nur herumstehen und -liegen, sondern einsatz­fähig sind, steigen die Ausgaben für Reparatur und Beschaffung.

Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bekommt mehr – plus 1,7 Milliarden. Er verwendet das Geld unter anderem dafür, um mehr Polizisten bei der Bundespolizei und dem Bundeskriminalamt einzustellen – ein Resultat der Terrorangst. Auch 300 zusätzliche Millionen für das sogenannte Baukindergeld stecken in Seehofers Etat 2019. Die Regierung will Familien den Erwerb von Wohneigentum erleichtern. Hier profitieren vor allem wohlhabendere Bürger*innen, die das Eigenkapital für den Kauf selbst aufbringen können.

Einen ähnlichen Betrag – rund 1,8 Milliarden Euro – verwendet die Regierung unter anderem, um das Kindergeld und den Kinderfreibetrag zu erhöhen. Wer Kinder hat, zahlt dann weniger Steuern. Die allgemeine, leichte Absenkung des Steuertarifs führt dazu, dass alle Steuerzahler*innen, auch sehr reiche, weniger Abgaben entrichten.

Für Bildung und Forschung sind rund 700 Millionen Euro zusätzlich reserviert. Das Geld fließt zum Beispiel in Förderprogramme für Innovationen in der Kommunikations-, Fahrzeug- und Energietechnik. Ein kleiner Teilbetrag von rund 100 Millionen Euro dient der Erhöhung des Bafög, um Studierenden aus weniger wohl­habenden Familien die akademische Ausbildung zu erleichtern.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Die Überschrift ist irreführend.

    Das Mehr an Rente ist nur für Bezieher mittlerer und höherer Einkommen relevant.

    Für Armutsrentner unterhalb von Hartz IV-Niveau gilt das alte Taschenspielermotto: zur rechten Tasche rein, zur linken raus. Die Rentenerhöhung wird umgehend durch die entsprechende Kürzung bei der Grundsicherung weggenommen.

    Für die Betroffenen nenne ich das: Nullsummenspiel. Oder: Verarsche.

  • Bundeshaushalt 2019

    Taz: „Außerdem erhalten die Jobcenter rund 900 Millionen Euro zusätzlich, um Arbeitslosen beispielsweise mehr Fortbildungen zu bezahlen. Diese Mittel sollen helfen, die Zeit der Arbeitslosigkeit zu verkürzen.“

    Die Wahrheit ist wohl eher, dass die 900 Millionen Euro wieder in Weiterbildungsinstitute fließen, damit diese "Institute" für eine gewisse Zeit die Arbeitslosen aus der Arbeitslosenstatistik nehmen und die 'Bundesagentur für Arbeit' (BA) am Monatsanfang den naiven Bürgern wieder ihre geschönte Arbeitslosenstatistik präsentieren kann. Das Spiel soll also so weitergehen und auch die Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunkanstalten werden dieses Lügenmärchen mit den Arbeitslosenzahlen, weiterhin Monat für Monat den Bürgern als "Wahrheit" verkaufen.

  • „Die Wirtschaft läuft so gut, dass er die höheren Ausgaben locker aus den Steuereinnahmen finanzieren und viele Interessen gleichzeitig bedienen kann“



    Hat Olaf Scholz das wirklich so gesagt? Wenn ja, müsste ihm vorgeworfen werden, dass er den Kapitalismus nicht verstanden hat. Denn die Konjunktur im Kapitalismus verläuft wellenartig mit einer Periodendauer von reichlich einem Jahrzehnt. Sicherstes Indiz für einen allmählich beginnenden Abschwung sind die Weltuntergangspropheten, die erneut beginnen, das Ende, nicht nur der Konjunktur, sondern des kapitalistischen Systems insgesamt zu prophezeien. Wie all die Jahre zuvor. Wird aber wohl wieder nichts daraus werden, weil nach der Talsohle der nächste Aufschwung beginnt.



    Ich hoffe nur, dass Herr Scholz die Ausgaben mit Augenmaß geplant hat und die finanziellen Zusagen auch dann erfüllen kann, wenn die Steuereinnahmen, wie immer in Abschwungphasen, eben NICHT mehr sprudeln!

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Wo Zahlen offenbar wichtiger sind als menschliche Schicksale:

      Was als Kapitalismuserklärung zutreffen mag, zeugt von einem Defizit an Empathie gegenüber den betroffenen Armutsrentnern.

      Hauptsache, die Bilanz stimmt. Wer davon protifiert und wer in den Allerwertesten gekniffen ist, stört Sie offenbar nicht.

  • Klingt vernünftig.