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Bundesfreiwilligendienst für ArbeitsloseKeiner weiß Bescheid

Eigentlich sollten Arbeitslose die neuen "Bufdis" verstärken. Doch die Arbeitsagentur weiß nicht, wie sie mit Arbeitslosen umgehen soll, die den Freiwilligendienst leisten wollen.

Gabriele Petersen (r.) aus Berlin war eine der ersten "Bufdis", 35.000 sollen es nach dem Willen der Bundesregierung pro Jahr werden. Bild: dpa

BERLIN taz | Der neue Bundesfreiwilligendienst (BFD) startet holprig. Seit dem 1. Juli ist die Wehrpflicht ausgesetzt - nun soll der BFD die Lücke füllen, die die bisherigen Ersatzdienstleistenden in sozialen Einrichtungen hinterlassen. Für den künftigen BFD werden mindestens 35.000 HelferInnen gebraucht. Doch bislang finden sich nur etwas mehr als 3.000. Das Familienministerium hatte auch Hoffnungen auf Hartz-IV-Empfänger gesetzt, die freiwillig arbeiten wollen. Doch im Moment ist unklar, ob die das überhaupt dürfen.

Dabei hatte die Bundesregierung das Gesetz für den Bundesfreiwilligendienst extra für Arbeitslose angepasst: "Mit der Regelung soll die Motivation von Personen, die Arbeitslosengeld II beziehen, gestärkt werden", heißt es im dem Gesetz. Für die Motivation müssen 60 Euro reichen - so viel dürfen die Arbeitssuchende von den üblichen 330 Euro Taschengeld behalten. Der Betrag wird nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Die Freiwilligen müssen dafür mindestens 20 Stunden pro Woche arbeiten, maximal sind 40 möglich. Darüber hinaus soll ein volljähriger Hartz-IV-Bezieher vom Einkommen in der Regel 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen oder zur Kfz-Haftpflichtversicherung vom Zuverdienst absetzen können.

14 Tage nach der Einführung des Bundesfreiwilligendienst herrscht bei der Bundesagentur für Arbeit aber immer noch Unklarheit darüber, ob auch ältere Arbeitslose für den Bundesfreiwilligendienst (BFD) eingesetzt werden können. Das wollte die Bundesregierung mit einem Gesetz zum BFD bewusst fördern. Laut Familienministerium soll es für Arbeitslose möglich sein, den BFD zu leisten. Eine Sprecherin der Bundesagentur konnte das aber nicht bestätigen. Sie konnte nicht abschließend klären, ob Arbeitslose den Anspruch auf das Arbeitslosengeld verlieren würden, da sie beim BFD mehr als 15 Stunden arbeiten würden. Bis jetzt gebe es noch keine Anweisungen an die Arbeitsagenturen.

"Regelungen, wie im Integrationsprozess mit dem Bundesfreiwilligendienst umgegangen wird, stimmen wir derzeit mit dem Gesetzgeber (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) ab", sagte die Sprecherin der taz. "Wenn ein Hartz IV-Bezieher sich also für den Bundesfreiwilligendienst mit einer Tätigkeit von mehr als 15 Stunden pro Woche interessiert, die Empfehlung, dies mit seinem persönlichen Ansprechpartner zu besprechen."

Offen blieb auch, ob Arbeitslose dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müssen, wenn die sich für den Bundesfreiwilligendienst verpflichten.

Unklar ist auch, ob es Anspruch auf Kindergeld gibt

"Es gibt für den Freiwilligendienst keine vernünftige gesetzliche Grundlage", sagte Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverband der taz. "Im Moment gibt es lediglich die politische Ansage", sagt der Erziehungswissensschaftler. "Wir können froh sein, dass sich in den ersten zwei Wochen erst so wenige gemeldet haben, sonst wären die Probleme noch größer", sagte er.

Denn Unklarheiten gibt es nicht nur bei den Arbeitslosen. Weiterhin offen ist auch, ob Freiwillige bis zum Alter von 25 Jahren einen Anspruch auf Kindergeld haben werden. Darüber wird der Bundestag erst im September abstimmen - bis dahin werden die meisten AbiturientInnen ihre Entscheidung längst gefällt haben. Das nächste Problem: Behinderte oder Frührentner, die nur 15 Stunden pro Woche arbeiten dürfen, können den Dienst gar nicht antreten, denn es müssen mindestens 20 Stunden gearbeitet werden. "Aber gerade diese Zielgruppe interessiert sich für den Freiwilligendienst", sagt Andreas Leopold vom Paritätischen Wohlfahrtsverband in Thüringen.

Denn insbesondere in Ostdeutschland setzen die Verbände auf Arbeitslose und Ältere, hier wurden Zivildienst-Stellen schon in den vergangenen Jahren abgebaut. Auch Leopold beobachtet, dass in den Arbeitsagenturen oft unklar ist, wie sie mit dem Freiwilligendienst umgehen sollten. Die Bundesagentur für Arbeit hat bis zum Redaktionsschluss gegenüber der taz nicht Stellung genommen.

Die Grünen lehnen ab, Arbeitslose als "Bufdis" einzusetzen. Sie seien nicht "Lückenbüßer für die Hals-Über-Kopf-Reform" des Wehr- und Zivildienstes, erklärte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer.

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20 Kommentare

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  • A
    Anne

    ich verstehe die Leute gut, die sich aufregen, dass vermutlich nur billige Arbeitskräfte gesucht werden und man mit dem Freiwilligendienst umgeht, feste Stellen einzurichten.

     

    Bei dem Einbehalt von 60 Euro möchte ich aber doch ganz gerne mal zu bedenken geben, dass jeder, der Hartz IV bekommt, sowieso schon Geld bekommt. Vielleicht wäre es ein Beitrag für die Gesellschaft, diese 60 Euro zu akzeptieren, statt sich auf seinem Hartzgeld auszuruhen.

    Und natürlich stimmt es, ich wiederhole mich, feste Stellen geschaffen werden müssen, damit man sich aus eigener Tasche finanzieren kann und somit nicht mehr auf HartzIV angewiesen ist.

     

    Und ich möchte auch mal darauf hinweisen, dass die Freiwilligenstelle vielleicht auch den Eintritt zurück ins Berufsleben befördern kann und somit von jedem wahrgenommen werden sollte!

  • D
    diplom_hartzi

    Na, da wär ich ja schön blöd, wenn ich meine 8 Std./Woche im Ingenieurbüro für 100 € gegen 20 Std. Pfelgehilfskraft für 60 € eintauschen würde.

  • E
    exi

    Anstatt sofort wieder in Hartz-Bashing zu verfallen, sollten sich die Parteien darauf besinnen wer denn diesen 'freiwilligen Dienst' haben will... eben: die politischen Parteien!

    Es gäbe keine Lücken und Ausfälle, wenn sich die Damen und Herren mit Parteibüchern von CDU, CSU, SPD, FDP und GAL bequemen würden ihren eigenen Vorschlag selbst umzusetzen. Und Merkel, Gabriel, Seehofer und Müntefering sollten mit gutem Beispiel vorangehen: Für 60€ ihre 20 Stunden je Woche über 9 Monate ableisten. 'Großkopfete' spielen können sie dann in ihrer Freizeit!

  • D
    diplom_hartzi

    Na, da wär ich ja schön blöd, wenn ich meine 8 Std./Woche im Ingenieurbüro für 100 € gegen 20 Std. Pfelgehilfskraft für 60 € eintauschen würde.

  • E
    exi

    Anstatt sofort wieder in Hartz-Bashing zu verfallen, sollten sich die Parteien darauf besinnen wer denn diesen 'freiwilligen Dienst' haben will... eben: die politischen Parteien!

    Es gäbe keine Lücken und Ausfälle, wenn sich die Damen und Herren mit Parteibüchern von CDU, CSU, SPD, FDP und GAL bequemen würden ihren eigenen Vorschlag selbst umzusetzen. Und Merkel, Gabriel, Seehofer und Müntefering sollten mit gutem Beispiel vorangehen: Für 60€ ihre 20 Stunden je Woche über 9 Monate ableisten. 'Großkopfete' spielen können sie dann in ihrer Freizeit!

  • N
    Nabiki

    Eigentlich hatte ich den BFD als Chance angesehen, im Rahmen meiner Langzeitarbeitslosigkeit, prakisch arbeiten zu können und so meine Chancen zu verbessern.

     

    Wenn ich jetzt aber lese, dass ich nur 60€ verdiene und das für Vollzeitarbeit, vergesse ich diese Sache ganz schnell wieder und lasse mich lieber in eine Arbeitsgelegenheit vom JC vermitteln.

     

    In einen Ein Euro Job bekomme fast 200€ pro Monat ohne Anrechnung auf Hartz IV dazu, davon kann man sich auch mal einen schönen Tag machen.

     

    Die 60 Kröten würden noch nicht mal reichen um einen Tagesausflug im Vergnügungspark zu verbringen.

     

    Ich bin sowieso empört darüber, das im Rahmen des BFD sowenig Geld gezahlt wird, wenn man mal bedenkt, was so ein Zivi verdient hat.

  • B
    bb1921

    Das ergibt bei einem Monat mit vier Wochen gerechnet á 20 Std. pro Woche und einem Selbstbehalt von 60 € einen Stundenlohn von 1,33€. Vom 1€-Job zum 1,33€-Job. Wir haben ja Fachkräftemangel. Diese verdammte Ausbeuterei muss endlich Aufhören!

  • VA
    Von ALG II in ALG I durch BFD

    Die finanziellen Vorteile für Hartz IV Bezieher sind beim BFD klar gegeben.

     

    Das Taschengeld bzw. das was davon übrig bleibt (60 EURO + 30 EURO) sind natürlich nicht als Anreiz zu sehen.

     

    Aber: Es werden (da SV Beiträge gezahlt werden) Ansprüche bzgl. Arbeitslosen- und Rentenversicherung erworben (Berechnungsgrundlage hierfür ist nicht das Tschengeld, sondern Durchschnittswerte auf Basis des Qualifikationsniveaus). Somit werden Persoen nach dem Dienst vom ALG II wieder ins ALG I übergehen (sollte sich jeder mal beim Job Center ausrechnen lassen, wie viel er dann bekommt). Wenn das kein Anreiz ist, dann weiß ich auch nicht.

  • I
    Ich

    Das Ganze ist eine ver**** vor allem für Hartz IV-Empfänger.

     

    Mein Kind möchte so etwas machen und wird finanziell eher bestraft als gefördert.

     

    Zitat:

    Bezieher von ALG II (Arbeitslosengeld II) können am Bundesfreiwilligendienst teilnehmen, jedenfalls vom Grundsatz her. Der Bezug von Hartz IV ist somit kein generelles Ausschlusskriterium. Die Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (ALG II-V) wird mit dem Gesetzes zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes angepasst.

     

    Der Neuentwurf von § 1 Absatz 1 Nummer 13 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (ALG II-V ) sieht vor, dass ein Teilnehmer am BFD von seinem Taschengeld 60 Euro als nicht auf die Hartz IV Leistung anrechenbaren Zuverdienst behalten darf. Entsprechendes gilt bereits aktuell für das FSJ bzw. FÖJ. Die 60 Euro werden also nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Damit will der Gesetzgeber die Motivation von ALG-II-Beziehern, an einem BFD teilzunehmen, stärken.

     

    Auf gut deutsch:

     

    Jeder 400€ Jobber darf 100€ Freibetrag + 20% vom Rest = 160 € behalten, während FSJler nur 60 € als Freibetrag behalten dürfen. Sie arbeiten wie eine Vollzeitkraft 8 Sth. pro Tag + 14tägig auch an den WEś und sind sozialversicherungspflichtig.

     

    Das nennen sie dann nett Motivation

  • M
    meineine

    Ist jawohhl schlicht unverschämt, dass Arbeitslose, die den Freiwilligendienst leisten wollen, dafür nur 60€ von den eigentlich 330€ kriegen sollen. Unverschämt, dass es überhaupt nur so wenig dafür gibt, da kann ja kein Mensch von sich über die Dauer des Dienstes finanzieren - ich meine, nicht, dass man auch als Freiwilligendienstleister_in möglicherweise wohnen und essen muss, richtig?

    Und vor allem ältere Menschen leben oft nicht mehr zu Hause bei Mutti...

    Da muss wohl jemand noch mal nachdenken...

  • S
    sophie

    Wieso sollte ich 100 € Zuverdienst im Ingenieur-Minijob für 8 Std./Woche gegen 60 € Pflegejob für 20 h/Woche eintauschen?

  • K
    Kopfschüttler

    Finanziell gesehen lohnt sich der Bundesfreiwilligendienst für HartzIV Empfänger keineswegs, wenn sie nur 60 Euro behalten dürfen. Da sind die Motivation für einen 1.- Euro Job oder einen 400.- Euro Job, von dem 160.- Euro behalten werden dürfen, größer.

     

    Generell wird man die Probleme im sozialen Bereich nur mit anständigen Löhnen und ebenso anständigen Arbeitsbedingungen in den Griff bekommen. Nicht mir Freiwilligen oder Zwangsverpflichteten Lückenfüllern, die zu kurz da sind, bei denen die Zeit fehlt, sie ordentlich einzuarbeiten.

  • PM
    Prinzessin Manfred

    60 Euro im Monat für 20-40 Stunden pro Woche... herzlichen Glückwunsch, das ist sogar gegenüber 1-Euro-Jobs Lohndumping!

  • WR
    Weiße Rose

    An dieser Diskussion lässt sich einmal mehr ablesen, was Arbeit im sozialen Bereich Wert ist. Bestenfalls ein Freiwilligendienst mit einem Taschengeld als Entlohnung!?

    Dabei liegt das Geld für eine angemessenen Bezahlung auf der Strasse! Allein in Hamburg gibt es über 10.000 Einkommensmillionäre, die gar nicht mehr wissen, wohin mit all der Kohle...Jetzt kann auch denen geholfen werden!

  • AA
    Alfons Alias

    Wieder mal alles nur handwerkliche Fehler und keine Inkompetenz.

  • EW
    Eva Willig

    1. Erwerbslose dürfen 160 € behalten, bei 300€ Entgelt, dieses gibt es aber m. E. nur bei Vollzeit.

    2. Seit diesem Jahr werden für Verharzte keine Rentenbeiträge mehr abgeführt und vielen älteren Verharzten droht die Altersarmut. Für ältere Erwerbslose könnte der Dienst deshalb evt. interessant sein, weil Rentenbeiträge gezahlt werden. Bisher ist mir noch nicht gelungen, herauszubekommen in welcher Höhe, Rentenbeiträge abgeführt werden.

    3. Wenn die Grünen dagegen sind, wieso nutzen sie nicht ihre Möglichkeit der Normenkontrollklage, um die ganze Hartz IV-Deform zu kippen? Wie üblich vergießen sie Krokodilstränen, ohne was zu tun.

  • E
    Ernst

    Solange der Freiwilligen Dienst auch freiwillig bleibt, sollten auch Arbeitslose daran teilnehmen dürfen. Wird er aber zu einer Art Zwangsarbeit umgebaut, um auch die Gehälter von professionellen Helfern auf ein tiefes Niveau zu senken, dann bin ich dagegen.

     

    Ich als Rentner möchte nicht von einer Kolonne Zwangs-rekrutierte betreut und gepflegt werden. Nur freiwillige, hoch motivierte Menschen können Qualitätsarbeit leisten. Natürlich sollten Erwerbslose auch einen finanziellen Anreiz erhalten.

  • F
    Fabian

    Das ist das, was ich schon bei außer Kraft setzen der Wehrpflicht als Problem gesehen habe. Die Herrscharen an Freiwilligen, die für weniger als das Taschengeld in einen Freiwilligen Sozialen Jahr arbeiten (ich habe 350€ Netto gekriegt), gibt es einfach nicht.

    Letztlich ist es das gleiche Problem wie bei der Bundeswehr, die ja auch händeringend nach Leute sucht: Entweder man schafft ordentliche Arbeitsbedingungen zu gescheiten Löhnen oder es wird nichts.

  • HP
    Heinz Peter

    Der Großteil der Zivildienstleistenden wurde nicht gebraucht bzw. hat seine Zeit nur abgesessen und so sieht es auch mit dem Bundesfreiwilligendienst aus. Mal ehrlich, jeder hat doch schonmal einen oder mehrere Zivi´s "arbeiten" gesehen oder aus seinem Bekanntenkreis von jemanden erfahren, wie effektiv da zu Werke gegangen wird. Es mag ja Ausnahmen geben, aber die Mehrheit hat zuvor auch nur kleinere Nischenaufgaben erledigt. Und jetzt fehlt dieses "Arbeitspotenzial"? Soll ich lachen oder heulen? Welche Institution ist denn von so vielen Zivi´s abhängig gewesen, dass jetzt garnichts mehr funktionieren würde?

     

    Diese ganze Diskussion ist der größte Käse. Wenn wirklich auf einmal mehr Arbeit anfällt, dann kenne ich echt ne gute Lösung - einen neuen Arbeitnehmer fest einstellen! und nicht um eine kostenlose Arbeitskraft aller Hartz4 betteln, die dann die gleichen Aufgaben erledigen muss, wie die richtigen Angestellten. Aber so wie ich unsere Politiker kenne, werden sie auch hier wieder eine "Lösung" finden um den kleinen Hartzer noch ein wenig mehr zu knechten.

     

    Unglaubliche Diskussion. Es werden Arbeitnehmer gesucht und es sollen Hartz4-Empfänger einspringen. Schön!, aber nicht als bezahlte Angestellte, sondern als Billiglöhner ohne Perspektive... armes Deutschland.