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■ Bundesbank fordert Schließung der SteuerschlupflöcherTietmeyer geht auf Oppositionskurs

Als Waigel an die Goldreserven griff, haute ihm Tietmeyer auf die Finger, nun wurde der Finanzminister erneut vom Bundesbank-Präsidenten abgemeiert. Mit drögen Worten zerpflückt der jüngste Bundesbank-Bericht die Steuerpolitik Waigels. Denn trotz der als Steuerentlastung verkauften Regeln hat sich die Lage der verdienenden Klasse in Deutschland nominal nicht verbessert. Im Gegenteil. Ihr drückte Waigel Jahr für Jahr höhere Steuern auf. Getreu der alten Devise, daß viele Bürger viel Geld bringen, zog er insbesondere die indirekten Steuern an. Die fallen schließlich bei jedem an.

Das kann die Bundesbank eigentlich auch kritiklos hinnehmen. Aber weder das den Bürgern aus dem schmalen Portemonnaie gezogene Geld noch die – zwar selten, aber dennoch – versteuerten Unternehmensgewinne reichten aus, den zerfressenen staatlichen Finanzsack annähernd zu flicken. Nach eingehender Analyse der Zahlen, Daten, Fakten kommt die Bundesbank zu dem Schluß, daß die Steuerbasis im Land erodiert. Denn wer irgend kann, und das können zu viele Unternehmen und Großkapitaleigner, schickt sein Geld über die Grenzen. Der Kapitalexport ist legal und wird innerhalb der EU auch nicht abgeschafft, da er doch in den profitierenden Ländern höchst willkommen ist.

Ein wirkliches Interesse an einer Abschaffung dieser berüchtigten Steuerschlupflöcher hat wohl auch die Bundesregierung nicht. Immerhin stellen sie ein Zuckerl für die ewig über zu hohe Steuern klagende Industrie dar. Hätte die Bundesregierung ein ernsthaftes Interesse daran, hätten die Verhandlungen für den Euro ihr genug Spielraum für eine einheitliche europäische Steuerpolitik geboten. Allein, man konnte sich nicht einigen.

Erstaunlich ist, daß die Kritik der Bundesbank sich direkt an die Kritik von Grünen und SPD anschließt. Auch diese bemängeln den Kapitalexport durch die unübersichtliche Steuergesetzgebung. Mit ihren noch nicht durchsetzbaren Steuerkonzepten wollen sie vor allem diese Mißstände beseitigen. In Zeiten der größten Krise hilft die Einteilung in politische Lager eben nicht mehr. Neue Bündnisse einzugehen, flexibel zu sein und politisches Kaderdenken über Bord zu werfen, ist jedoch bislang keine deutsche Tugend. Die Frage ist also, wie die reformwilligen Parteien die Kräfte aus den Kreisen, mit denen man bislang nicht on speaking terms war, umsetzen. Ulrike Fokken

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