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Bundesamt verbietet Pestizid-VerstärkerGefährliche Pflanzenschutzmittel

Nach jahrelanger Kritik von Umweltschützern werden sechs Zusatzstoffe in Pestiziden verboten. Warum fertige Pestizide davon nicht betroffen sind, ist ein Rätsel.

Reicht denn Gülle nicht aus? Bild: imago

BERLIN taz | Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat nach jahrelanger Kritik von Umweltschützern sechs Zusatzstoffe in Pestiziden verboten. Es lasse sich "nicht mit der nötigen Sicherheit feststellen", dass die Substanzen aus der chemischen Gruppe der POE-Tallowamine "für Mensch und Umwelt sicher sind", teilte das Amt auf seiner Internetseite mit.

Fertige Pestizide sind von dem Verbot aber nicht betroffen, wie ein Sprecher der Bundesbehörde der taz sagte - damit auch nicht Monsantos Unkrautvernichter Roundup, gegen dessen Wirkstoff Glyphosat viele gentechnisch veränderte Pflanzen widerstandsfähig sind. Die Tallowamine dürfen aber nicht mehr einzeln an Bauern verkauft werden, damit diese selbst die Chemikalien mit einem Pestizid mischen. Das tut manch Landwirt zum Beispiel, damit das Pestizid besser an den Pflanzen haftet.

"Die Unterscheidung ist ein Skandal", erklärte Nordrhein-Westfalens Agrarminister Johannes Remmel (Grüne) der taz. Der Bund müsse Mensch und Umwelt vor gefährlichen Stoffen schützen. "Wenn Tallowamine als schädlich eingestuft werden, warum dürfen sie dann trotzdem in Verkehr gebracht werden?"

Diese Frage ließ das Bundesamt bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Auf seiner Internetseite hieß es aber weiter, Tallowamine könnten die Giftigkeit der Pestizide erhöhen. "Veröffentlichungen der letzten Zeit" zu diesem Thema seien der Anlass gewesen, die Zusatzstoffe noch einmal zu überprüfen.

2009 veröffentlichte der Wissenschaftler Gilles-Eric Séralini von der nordfranzösischen Universität Caen eine Studie, wonach Roundup mit Tallowaminen schon in sehr geringen Konzentrationen etwa Zellen aus menschlichen Nabelschnurvenen in der Petrischale binnen 24 Stunden tötet.

Umstritten blieb aber stets, ob sich solche Ergebnisse aus Laborversuchen auf den Menschen oder Tiere im richtigen Leben übertragen lassen. Das Bundesamt ist skeptisch und bat die Pestizidhersteller 2008 nur unverbindlich, auf Tallowamine zu verzichten. Manche folgten, Monsanto nicht.

Organisationen wie dem Pestizid-Aktionsnetzwerk oder den Grünen war das nie genug. Sie befürchten, dass Tallowamin-haltige Pestizide Tieren und Menschen schaden. Zudem benutzen sie das Thema auch gegen die Gentechnik, denn wenn Glyphosat etwa in der EU verboten werden sollte, wären damit de facto auch die meisten Gentech-Pflanzen nutzlos.

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12 Kommentare

 / 
  • O
    otto

    @ Jörg

     

    Ich würde dir empfehlen dich unter deinem hoffentlich "Pestizid" frei erzeugten Weihnachtsbaum mit zwei sicher nicht von Monsanto und co. gesponserten Publikationen zu befassen: Vergleich von Lebensmitteln verschiedener Produktionsverfahren sowie Die Qualtät Biologisch erzeugter Lebensmittel.

    Vieleicht erweitert das deinen Horizont ein wenig.

    Frohes Fest!

  • M
    Matz

    Genial. Mit der Änderung der Bildunterschrift habt Ihr euch jetzt vollends zum Tor des Monats gemacht. Schade, was war die TAZ früher mal eine gute Zeitung....

    http://www.landtreff.de/humor-ist-wenn-man-trotzdem-lacht-t67591.html

  • A
    Anton

    Sie könnten den Zellen auch Cola,Mineralwasser,Salz, oder schlichtweg einfach an der freien Luft lassen,Die Wirkung wäre in jedem Fall tödlich für die Zellen.

     

    traurig was für ein Hetze in Öffentlichen Medien wieder möglich ist :-(

  • J
    Jörg

    Mich würde ja mal interessieren ...

     

    ... wie viel Geld besagter „Otto“ von seinem Auftraggeber für diesen Kommentar erhält. Fakt ist, dass etliche Nachweise dafür erbracht wurden, sogar schon bei Konzentrationen weit unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte.

     

    Sie finden diese Nachweise, wenn Sie sich mal die Referenzen in den einschlägigen Wikipedia-Artikeln, die Sie immer so gerne löschen und vandalisieren, anschauen würden. Etliche unabhängige Forschungsgruppen (A) haben wissenschaftlich klar und methodisch wasserdicht nachgewiesen, dass hier eine immense Gesundheitsgefährdung vorliegt.

     

    Natürlich geben etliche Wissenschaftler (B) auch vor, dass sie in ihren Studien keinerlei gesundheitsbeeinträchtigende Wirkungen gefunden haben und dass die Studien der anderen (A) ganz gravierende methodische Fehler enthalten würden. Problematisch hierbei ist nur, dass deren (B) Forschungsarbeiten bzw. Lehrstühle bislang allesamt von Monsanto, Syngenta & Co. finanziert wurden.

     

    Im Obst- und Gemüseanbau sind solche Stoffe nach EG-Öko-Verordnung im Übrigen überhaupt nicht zugelassen, was auch permanent kontrolliert und überwacht wird. Es gab bisher im Bioanbau (außer wenn irgendwo im Einzelfall illegal umdeklarierte konventionelle Produkte in den Handel gekommen sind) keine einzige Höchstmengenüberschreitung bei den genannten Substanzen.

     

    Glücklicherweise dürften sich die wenigsten taz-Leser von Ihren Behauptungen beeinflussen lassen, sondern in der Lage sein, selbst zu recherchieren, sofern sie nicht ohnehin schon kategorisch zu Bio-Produkten greifen, weil sie die verheerenden Machenschaften Ihres Arbeitgebers leid sind. Und auch Sie finden sicher einen besseren Job. ;)

  • V
    Vince

    Hier wird eine Skandalserie fortgesetzt, für die in erster Linie altbekannte Monopolisten der Agrarwirtschaft und deren Wasserträger in FDA und EFSA verantwortlich sind.

    Es geht bei dem Themenkomplex um Transparenz und Gerechtigkeit. Mit Panikmache hat sowas nix zu tun.

  • DB
    Dr. Bilwiz

    Eine internationale Jury hat in Indien sechs transnationale Firmen, nämlich BASF, Bayer, Syngenta, Monsanto, Dow Chemicals und Dupont als Verursacher von " "massive deaths, terrible harm to health, plunder of the environment and destruction of ecological balance and biodiversity" ausgewiesen Und die Länder, in der diese Firmen ihren Sitz haben, Deutschland, die USA und die Schweiz, aufgefordert, diesen Firmen den Export von allen krankmachenden Mitteln zu reduzieren oder wenigstens die in ihren eigenen Ländern gültigen Gesetze für diese "Mittel" anzuwenden.

    http://www.downtoearth.org.in/content/international-peoples-tribunal-indicts-monsanto-dow-chemical-and-others-pesticide-deaths-inj

  • G
    Gast

    @otto: Die Risikoprävention sieht vor dass der Beweis erbracht werden muss, dass von der erlaubten Rückstandsmenge keine Gefahr ausgeht, nicht anderherum. Hat mit Panikmache also nichts zu tun (geht aber auch aus dem Artikel hervor, wenn man ihn gelesen hat).

    In dem Artikel geht es darum dass ein Zusatz für Pflanzenschutzmittel verboten wird, aber nur in Reinform und nicht wenn er schon im Werk in das Mittel integriert wurde. Das ist absolut unlogisch und kann eigentlich nur mit fehlendem Menschenverstand oder Lobbyeinfluss erklärt werden. Zudem werden Rückstandshöchstmengen in mg/l und nicht in % angegeben was auch keinerlei Sinn macht, genausowenig wie hier gegen Bioanbau argumentieren zu wollen.

    ERST lesen, denken, DANN kritisieren!

    P.S.: Bin vom Fach und verärgert über die Fehlinformationen die von ihnen hier gestreut werden.

    @waage: Pflanzenschutzmittel und Pestizid sind völlig korrekte Termini, wie sie auch in Wissenschaft und Praxis verwendet werden. Die von ihnen genannten Begriffe treffen es sicher genauer, würden aber viele Laien verwirren.

  • JM
    Jost Maurin

    zu "Waage": Pestizide ist der korrekte Begriff. Herbizide, Fungizide und Insektizide sind bestimmte Arten von Pestiziden.

  • S
    spiritofbee

    falls erlaubt hier noch ein ganz aktuelles Statement zum Thema:

    http://www.pan-germany.org/deu/~news-1143.html

  • S
    spiritofbee

    Die Grenzwerte für die tägliche Aufnahme werden seit Jahrzehnten immer wieder nach oben angepasst, immer für Einzelstoffe.

    Für manche liegen die Grenzen im mehrfachen von 100 höher als noch vor 10-20 Jahren.

     

    Logisch das dann die Überschreitungen der Höchstwerte paralell dazu zurückgehen. Journalisten sollen schließlich auch mal was positives zum Thema berichten

     

    Berücksichtigt werden dabei im Übrigen nur ca. 1/4 der in der EU zugeassenen Stoffe, von Ländern außerhalb der EU ganz zu schweigen.

     

    Hier und dort wird geschmiert und gefälscht was das Zeug hält.

    Forschungsinstitute als unabhängig darzustellen, geht an allen Realitäten vorbei.

    Eine Hand wäscht die andere.

    Seriöse Untersuchungen von NGOs bestätigen diese Fakten.

    Was unser Stoffwechsel, die Pflanzen und die Böden etc. mit dem Coktail macht , wird kein Wissenschaftler schlüssig erklären.

    Sie sind schlicht und einfach nicht in der Lage dazu.

    Es gehört schon eine gute Portion Naivität ( oder etwa bewußter Vorsatz?) dazu, dies heutzutage noch zu leugnen.

  • W
    Waage

    Pflanzenschutzmittel!?! - Pestizide!?!

     

    Wie wäre es denn mit den korrekten Bezeichnungen:

    Herbizide, Fungizide und Insektizide. Das richtige Wort an der richtigen Stelle hätte den Infowert des Artikels erheblich gesteigert!

     

    Jost Maurin - ich bin enttäuscht!

  • O
    otto

    ist der taz bekannt das bis heute kein nachweis dafür erbracht wurde das PSM Rückstände solange sie unterhalb der Gesetzlichen Höchstwerte liegen für den Menschen schädlich sind?

     

    PS: Die Höchstmengenüberschreitungen gehen seit Jahren zurrück und liegen bei Obst und Gemüse im bereich von 2-3 %.

    Aber auch Bio Produkte überschreiten wenn auch auf deutlich geringerem niveau gelegentlich die Höchstwerte.

     

    Also mal wieder alles nur Panikmache !!