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Bund will weniger für Flüchtlinge zahlen„Ein Schlag ins Gesicht“

Bundesfinanzminister Scholz (SPD) plant im Haushalt weniger Geld für die Integration von Flüchtlingen ein. Für die Länder ist das „nicht akzeptabel“.

Spricht für alle 16 Länder: Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD, mitte) Foto: dpa

Berlin taz | So unterschiedlich die Regierungskoalitionen in den 16 Bundesländern auch sein mögen; an diesem Donnerstag waren sie sich in einem Punkt voll und ganz einig: in ihrem Groll gegen Finanzminister Olaf Scholz (SPD). „Nicht akzeptabel“ sei für sämtliche Länder der Vorschlag des Bundes, die Flüchtlingsunterstützung wie angekündigt abzusenken, sagte Scholz’ Parteikollege und Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher in Berlin nach einer Konferenz der Mi­nisterpräsident*innen.

Scholz will die Ausgaben des Bundes für die Versorgung und Integration von Geflüchteten deutlich kürzen. Statt wie zuletzt 4,7 Milliarden Euro soll der Haushalt für diesen Bereich nur 1,3 Milliarden Euro pro Jahr vorsehen. Die Bundesregierung bestelle sich einen „Aufstand der Bürgermeister und Landräte“, hatte Tschentscher zu Beginn der Woche gedroht.

Nun bekräftigte er: Sollte eine Einigung mit dem Bundesfinanzministerium nicht gelingen, wolle man sich „sehr bald“ für eine Ministerpräsidentenkonferenz gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel einsetzen, bei der es speziell um das Thema gehen solle.

Auch das Urteil von Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) fiel vernichtend aus: Wenn man sich die Eckpunkte vor Augen führe, sagte Hans in Berlin, dann werde es zum Jahreswechsel 2019/20 „zu einem Bruch kommen“, was die Finanzierung der Integrationskosten angehe. Das sei „ein Schlag ins Gesicht“ der Menschen, die sich in den Kommunen, Dörfern und Städten für die Integration eingesetzt hätten.

„Wir lassen nicht locker“

Die Länder hätten eine „erhebliche Leistung“ erbracht, ebenso die Kommunen und Ehrenamtliche – das müsse der Bund würdigen. „Wir wollen uns nicht bereichern am Bund“, erklärte Hans. Vielmehr gehe es darum, real entstehende Kosten auszugleichen. „Das ist unsere Erwartungshaltung, und an dieser Stelle lassen wir auf gar keinen Fall locker.“ Welche Summe die Länder vom Bund künftig fordern, führten Tschen­tscher und Hans nicht aus.

2016 hatte sich der Bund angesichts der hohen Zahlen neu ankommender Asylsuchender verpflichtet, die Länder bis 2018 finanziell an den Kosten für Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten zu beteiligen. Außerdem stellte er den Ländern eine Integrationspauschale von 2 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung. Diese Regelungen laufen 2019 aus.

Mit Verweis auf die sinkenden Zahlen neu ankommender Geflüchteter plant Scholz nun eine Pauschale von 16.000 pro Person für die Dauer der ersten fünf Jahre nach der Ankunft. Diese sei nicht hoch genug und werde sich negativ auf die Integration auswirken, kritisieren Mi­nisterpräsident*innen quer durch die Parteienlandschaft.

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4 Kommentare

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  • Der Neo-Liberalismus zeigt hier wieder seine kalte Fratze. Anstatt die Kommunen stärker in Aufbaumaßnahmen einzubinden, werden hier mit dem Rasenmäher Leistungen gekürzt, die den Schwächsten schaden.

  • Aus “ Wir schaffen das!“ wird nun “ Ihr schafft das schon!“.



    Wie unerwartet!

  • Es geht in der Sache allein um den pauschalen Finanzausgleich Bund-Länder, keineswegs um irgendwelche konkreten Hilfen für Flüchtlinge.

    Den sattsam bekannten Streit um den Bund-Länder Finanzausgleich diesmal am Thema Flüchtlinge festzumachen, ist allerdings gleichermaßen schäbig von Schulz und von den Ländern.

  • Wer wäre so naiv, von der SPD zu erwarten, jetzt Scholz zu bremsen und sehr laut in die Schranken zu weisen?



    Ich.