Bürgschaft für Air Berlin?: Kaum Aussicht auf Staatsknete
Die hoch verschuldete Fluglinie Air Berlin will eine Landes-Bürgschaft. Der Senat prüft, aber Politiker der Koalition halten wenig von diesem Ansinnen.
Politiker von Linken und Grünen stehen einer vom Land mitgetragenen Bürgschaft für das angeschlagene Flugunternehmen Air Berlin skeptisch gegenüber. Gegenüber der taz sagten die verkehrspolitischen Sprecher Harald Wolf (Linke) und Harald Moritz (Grüne) am Freitag, angesichts des bisherigen Geschäftsgebarens der hoch verschuldeten Airline könnten sie sich kaum vorstellen, dass der Senat einem solchen Antrag stattgeben würde.
Am Donnerstag war publik geworden, dass die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft mit Sitz in Berlin die Möglichkeit eines Bürgschaftsantrags von der Senatsverwaltung für Wirtschaft prüfen lässt. Die Airline beschäftigt bundesweit rund 8.000 Menschen. Das Unternehmen, an dem die nationale Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate – Etihad – zu 30 Prozent beteiligt ist, fährt seit Jahren hohe Verluste ein und hat Schulden von über einer Milliarde Euro angehäuft. Nun war auch ein Sanierungsdeal geplatzt, bei dem Etihad die Air-Berlin-Tochter Niki herauslösen und in ein Joint Venture mit dem Ferienflieger Tuifly einbringen wollte. Offenbar hat Etihad den Plan als unrentabel verworfen.
Berlins grüne Wirtschaftssenatorin Ramona Pop sagte am Donnerstag dem RBB, man werde „im Rahmen unserer Möglichkeiten prüfen, inwieweit das Land Berlin eine zukunftsorientierte Strategie der Airline unterstützen kann“. Schließlich sei Air Berlin nicht nur ein Berliner Unternehmen, sondern es trage „den Namen unserer Stadt täglich in die Welt hinaus“. Die Fluggesellschaft müsse aber auch „ihre Hausaufgaben machen“ und den Flugbetrieb normalisieren, der unter der angespannten wirtschaftlichen Situation leidet: Immer wieder werden Flüge ab Berlin-Tegel kurzfristig gecancelt.
Nach Informationen der Berliner Morgenpost soll es um den Betrag von 120 Millionen Euro gehen. Offiziell bestätigt wurde am Freitag nur, dass neben Berlin und Nordrhein-Westfalen auch das Bundeswirtschaftsministerium eine Bund-Länder-Bürgschaft prüft.
„Der Name ist egal“
Dass eine solche Anfrage geprüft werde, sei ganz normal, sagte Harald Wolf (Linke), der unter Rot-Rot selbst Wirtschaftssenator war. Die Möglichkeit einer Bürgschaft bestehe aber nur, wenn das beantragende Unternehmen ein tragfähiges Sanierungskonzept vorlege. „Die bereits gescheiterten Sanierungsversuche, stimmen mich da hoch skeptisch“, so Wolf. Das gelte auch für die Tatsache, dass Air Berlin kein eigenes Fluggerät mehr besitze, sondern die Maschinen verkauft habe und zurücklease. Für „völlig nachgeordnet“ halte er jedenfalls, dass – wie Pop angedeutet hatte – die Fluglinie den Namen der Hauptstadt trage und mit ihrem Scheitern für einen Imageschaden sorgen könnte: „Der Name ist mir in dem Fall egal.“
Harald Moritz (Grüne) sagte der taz, er könne sich nicht vorstellen, dass eine Bürgschaft für Air Berlin nicht auch tatsächlich fällig würde. Was der Airline eher helfen könne, seien „neue Partner“. Für eine solche Lösung solle die Politik sich einsetzen, wenn es ihr darum gehe, Arbeitsplätze zu retten. Tatsächlich steht die Lufthansa AG bereit, Air Berlin zu übernehmen. Offen ist allerdings, ob dies von den Kartellbehörden genehmigt würde.
Ablehnung schlägt einer möglichen staatlichen Unterstützung auch seitens der Berliner FDP entgegen. Dabei würde eine Marktbereinigung bei den Airlines wohl das Wachstum der Flug- und Passagierzahlen bremsen – mit dem argumentieren die Liberalen für die Offenhaltung des Flughafens Tegel. Allerdings hat sich Christian Lindner, Landeschef von NRW, wo Air Berlin auch in Sachen Bürgschaft angeklopft hat, klar dagegen ausgesprochen.
Nachvollziehbar insofern, dass FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja zumindest die Berliner Flughafenpolitik für die Nöte von Air Berlin verantwortlich macht. „Das BER-Desaster ist der wesentliche Grund für die wirtschaftliche Schieflage von Air Berlin, weil das notwendige Wachstum durch den Großflughafen nie erreicht werden konnte“, so Czaja. Aber: „Steuergelder dürfen nicht für ins Straucheln geratene Unternehmen aufgewendet werden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich