Bürgerschaftswahl in Bremen: Wer macht's rechter?
In Bremen zeigt sich die AfD eher rechtskonservativ als rechtsliberal. Mit der Wählervereinigung „Bürger in Wut“ streitet sie um den Platz rechts außen.
BREMEN taz | Gute Stimmung bei der AfD: Die Bürgerschaftswahl in Hamburg hat bewiesen, dass sie auch in westdeutsche Parlamente einziehen kann und die jüngsten Wahlumfragen sehen die AfD auch in Bremen bei fünf Prozent. Erst muss sie sich jedoch gegen die rechtspopulistische Wählervereinigung Bürger in Wut (BIW) behaupten.
Obwohl die BIW in den Umfragen landesweit schlechter dasteht, hat sie es dank einer Besonderheit des Bremer Wahlrechts bereits 2007 und 2011 in die Bürgerschaft geschafft: Nur in einer der beiden Städte Bremens braucht sie über fünf Prozent. In Bremerhaven schaffen die Wutbürger das wohl auch diesmal.
Da muss die AfD gegenhalten, und das tut sie mit einem weniger rechtsliberalen denn rechtskonservativen Wahlprogramm. Neben bekannt Rückwärtsgewandtem sind es hier vor allem Muslime, auf die eingedroschen wird. Die sind laut AfD an allem Schuld, auch an der Homophobie in Deutschland.
Der Historiker Alexander Tassis – Platz drei der Kandidatenliste der AfD – war zuletzt Bundessprecher der „Homosexuellen in der AfD“ und findet, Homophobie sei Resultat „der fortschreitenden Verbreitung islamistischen Gedankengutes“, während sich Homosexuelle angeblich einer „erfreulichen Toleranz des deutschen Volkes“ sicher sein könnten.
BIW will das Fach Islamkunde einführen
Die AfD fordert eine „Zurückdrängung des Einflusses ausländischer islamischer Organisationen“ und zählt dazu auch Ditib, einen Dachverband der türkisch-islamischen Moscheegemeinden in Deutschland. Mit deren Landesverband hat der Bremer Senat einen Staatsvertrag geschlossen, der die Freiheit der Religionsausübung für Muslime festschreibt.
Die „Bürger In Wut“ hingegen plädieren für die Einführung des Fachs „Islamkunde“ an Bremens Schulen, um den „in Deutschland integrierten Euro-Islam zu fördern“. Überhaupt stellen sich die Wutbürger persönlich anders dar als ihr Programm. Sie versprechen zwar knallharte Law-and-Order-Politik, versuchen aber den Anschein angebräunter Ideologien zu vermeiden. Der BIW-Vorsitzende Jan Timke, ehemals Polizist und ehemals Chef des Bremer Landesverbandes der Schill-Partei, hat da ein Häuflein um sich geschart, gegen das die AfD recht blass aussieht.
Ex-SPD-Mann Korol wetterte gegen Sinti, Roma und Frauen
Dazu gehört auch Martin Korol. Korol saß kurzzeitig als Nachrücker in der Bürgerschaftsfraktion der SPD, bis die taz auf seine öffentlichen Einlassungen über Sinti, Roma und Frauen aufmerksam machte: Korol flog daraufhin sowohl aus der Fraktion als auch aus der Partei.
Sinti und Roma, hatte der pensionierte Deutsch- und Geschichtslehrer auf seiner Homepage geschrieben, lebten „sozial und intellektuell“ noch „im Mittelalter.“ Die Männer hätten „keine Hemmungen, die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken und ihren Frauen die Zähne auszuschlagen“. Zur Geschlechtergleichheit teilte er mit, dass sich der „Wahn der sogenannten Selbstverwirklichung der Frau“ zeige „in der Lust an der Entfremdung auf dem fremdbestimmten Arbeitsplatz in einer Firma und im Massenmord der Abtreibungen“. Korol steht auf Platz eins der BIW-Kandidatenliste.
Auch die Kandidaten Fritjof Balz und Mark Runge haben in Bremen unangenehm auf sich aufmerksam gemacht, als Gründer und Mitglied einer Bürgerinitiative, die Stimmung gegen eine Jugendhilfeeinrichtung für straffällig gewordene, minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge in Bremen-Nord macht – dort hängt das BIW-Wahlplakat „Vollzug statt schöner Wohnen“.
Mit Christoph Seidl hat die AfD auf Platz vier der Landesliste nur einen Kandidaten dieser Liga zu bieten: Sein politisches Engagement begann in jener Bürgerinitiative, in deren Facebook-Auftritt er Kritikern empfahl: „Wem es hier zu deutsch ist, der möge woanders hinziehen.“
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