Bürgermeister zur Liebigstraße 14: "Eine Räumung hätte Symbolwirkung"
Am Donnerstag trifft sich der runde Tisch zur Rettung der Liebigstraße 14 - allerdings wohl ohne die Eigentümer, sagt Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) im taz-Interview.
taz: Herr Schulz, Sie nehmen am heutigen Donnerstag am runden Tisch zum bedrohten Hausprojekt in der Liebigstraße 14 teil. Die Hauseigentümer werden aber wohl nicht kommen, nur Vertreter aus der Politik, von Stadtteilinitiativen und der Hausgemeinschaft. Was erwarten Sie von dem Treffen?
Franz Schulz: Erst einmal, dass wir uns gegenseitig auf den Stand bringen, was unsere unterschiedlichen Bemühungen zur Verhinderung einer Räumung erreicht haben.
Franz Schulz, 61, ist seit 2006 Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg und Mitglied der Grünen.
Und was wurde erreicht?
Es gibt nicht die eine frohe Botschaft. Es gab eine Anfrage beim Liegenschaftsfonds in Bezug auf mögliche Ersatzobjekte - die ist allerdings nicht positiv ausgefallen. Dort sieht man kein vergleichbares Haus im eigenen Portfolio. Von einer zweiten Anfrage habe ich noch keine Rückmeldung. Allerdings hat Edwin Thöne, einer der beiden Eigentümer der Liebigstraße 14, das Angebot gemacht, Kontakt zu dem anderen Eigentümer Suitbert Beulker herzustellen. In dieser Sache versuche ich weiter die Verbindung zu halten. Edwin Thöne hat sich bereit erklärt, quasi Postbote zu spielen.
Aber er wird nicht zu den Verhandlungen kommen?
So wie es aus meiner Korrespondenz mit ihm hervorging, nicht. Er hat sich aber bereit erklärt, Hilfestellung zu geben, wenn es ein seriöses, notariell beglaubigtes Kaufangebot gibt.
Im Fall Liebigstraße 14, in der die Mietverträge gekündigt wurden, sind alle rechtlichen Mittel ausgereizt - die Prozesse verloren. Welche Möglichkeiten hat die Bezirkspolitik hier?
Wenn man es ganz nüchtern sieht, gibt es die Möglichkeit, ideelle Unterstützung zu geben - wie wir es etwa mit einem offenen Brief getan haben. Die zweite Möglichkeit ist, Gespräche und Kaufverhandlungen anzustoßen - als Vermittler.
Das sind informelle Wege. Formell gibt es keine?
Nein. Es geht um ein Privathaus, das mit rein privaten Mitteln saniert werden soll.
Einige Bewohner hoffen, dass der Senat eine Räumung verhindern könnte…
Die Spielräume sind klein. Wenn der Eigentümer den Zwangsvollstrecker holt und der um Amtshilfe bei der Polizei bittet, gibt es auf Dauer gesehen keine Möglichkeit für Polizei und Senat, sich zu verweigern. Sie können vielleicht noch eine Verschiebung erreichen, aber ihre Argumentation wird umso schwieriger, wenn der Eigentümer nach einer Räumung die Fenster und den Eingang zumauern kann. Deshalb ist das Auslaufen der Schonfrist für den letzten legalen Mietvertrag Ende Januar so entscheidend. Ab dem Moment wird es gefährlich.
Warum wäre eine Räumung so schlimm?
Besonders für das Altbauquartier in Friedrichshain hätte das eine Symbolwirkung. Die Hausprojekte sind Teil der Friedrichshainer Geschichte. Es ist eine Geschichte von vielfältigen Wohn- und Lebensformen; sie haben auf eine sehr prägende Art und Weise das Gesicht von Friedrichshain mitgestaltet. Ich finde das wichtig, dass dieses Spektrum an alternativen Wohn- und Lebensformen erhalten bleibt.
Haben die Hausprojekte in Friedrichshain eine Zukunft?
Ja. Es gibt auch mehrere positive Beispiele in der letzten Zeit. Ein Projekt ist genossenschaftlich in Eigentum übergegangen, bei einem anderen haben wir einen langfristigen Nutzungsvertrag hinbekommen, eine ganze Reihe wurden mit Unterstützung öffentlicher Mittel saniert. Akut bedroht ist im Moment neben der Liebigstraße 14 nur die Rigaer Straße 94 mit gleichem Eigentümer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“